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Oberst Redl ist an seinem Geliebten zerbrochen

Von Irene Gunnesch, 24. Mai 2013, 00:04 Uhr
Universum-Regisseur à la Hitchcock: »Staatsanwalt« G. Jelinek. Bild: ORF

„Universum History“ von Gerhard Jelinek und Fritz Kalteis zum 100-Jahr-Jubiläum des Spionage-Eklats

25. Mai 1913, Hotel Klomser, Herrengasse, Wien: Ein Schuss setzt den Schlusspunkt hinter einen der größten Spionagefälle der Geschichte. Alfred Redl, Oberst des Generalstabs und früherer Chef des k.u.k. Geheimdienstes tötet sich mit einer Browning. Jahrelang hatte er hochbrisante militärische Geheimnisse an Russland, Frankreich und Italien verkauft. Anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums gestalteten Fritz Kalteis und Gerhard Jelinek über den „König aller Vaterlandsverräter“ ein „Universum History“, das heute, 22.40 Uhr, auf ORF 2 Premiere hat. Jelinek im Interview mit den OÖNachrichten.

 

OÖNachrichten: Gab es für Sie – abgesehen vom 100-Jahr-Jubiläum – einen weiteren Impuls, sich mit der Thematik Oberst Redl auseinanderzusetzen?

Gerhard Jelinek: Die Idee, das Thema zu bearbeiten, hatte ich schon seit der Arbeit zu meinem Buch „Affären, die die Welt bewegten“. Darin habe ich auch die Affäre des Oberst Redl mit seinem Geliebten Stefan Horinka behandelt, und dabei ist mir aufgefallen, dass das demnächst hundert Jahre her ist. Das Ganze spielt ja in einer spannenden Zeit, nämlich buchstäblich am Vorabend des Ersten Weltkriegs, ist so quasi ein erster Blitz, ein unglaublicher Donner, der durch diese Szenerie gefahren ist. Die Ouvertüre zu dem, was dann an Katastrophen folgte.

Der Selbstmord des „Jahrhundertspions“ erschütterte damals wohl mehrfach die Monarchie...

Es hat an den Grundfesten gerüttelt, dass ein Geheimdienstchef, noch dazu ein Generalstabsoffizier, die ja alle eine besondere Arroganz hatten, A: homosexuell und B: ein Verräter ist. Die kaiserliche Armee war damals in diesem chaotischen Vielvölkerhaufen so etwas wie die einzig intakte Institution, die über den Dingen stand. Dass so ein hochrangiger Offizier für Geld die Aufmarschpläne gegen die Russen an die Russen verrät, war ungeheuerlich. Das ist ja eine sehr spannende Geschichte, in der alles drinnen ist: Verrat, Leidenschaft, Geldgier, Homosexualität. Spannend sind ja auch die unterschiedlichen Deutungen dieser Geschichte vor und nach dem Ersten Weltkrieg, inklusive aller Dolchstoßlegenden und Vertuschungen. Fritz Kalteis und ich haben deswegen in unserer Doku auch alle diese Filme drinnen, vom Stummfilm über Franz Antel bis herauf zu Szabo.

Was verursachte Ihrer Meinung nach den Bruch in der Person des k.u.k. Geheimdienstchefs?

Der Redl bleibt in seiner Persönlichkeit seltsam unbeleuchtet. Der war g’scheit, der war tüchtig, der war erfolgreich, er war ein Bürgerlicher – was damals eine Seltenheit war in einer Generalstabsfunktion –, noch dazu geboren am östlichsten Rand der Monarchie. Es ist aber damals alles verschleiert worden. Die gesamten deutschen Akten, die es geben muss – der deutsche Geheimdienst hatte schließlich das alles ins Rollen gebracht – sind verschwunden. Klar ist: Der Horinka, Redls Geliebter, der selber zwar nicht schwul war, aber das Geld brauchte, hat sich von ihm kaufen lassen. Redl hat ihm die Pferde finanziert, die Wohnung finanziert, die Autos und sogar die Abtreibungen von Horinkas Freundin. Das geht ja auch aus den vorhandenen Briefen genau hervor, dass es Horinka immer weniger getaugt hat. Und so hat Redl immer mehr den Einsatz erhöhen müssen.

Horinka hat Redl also über emotionale Abhängigkeit erpresst?

Ja. Sicher nicht wegen der Homosexualität, deswegen wär’ die Monarchie nicht tot umgefallen. Hat sich ja auch der Bruder von Franz Joseph, der berühmte Erzherzog „Luziwuzi“, in Wien megamäßig aufgeführt.

Hinter der Besetzung der Geheimdienstoffiziere mit Stermann/Grissemann könnte man auch einen satirischen Zugang vermuten...

Die Idee war so: Vieles hat sich ja damals über Zeitungen abgespielt, und wie bringt man das ins Fernsehen? Unsere Überlegung: Wo wurden Zeitungen gelesen? Im Kaffeehaus. Und das transportieren wir über die Kaffeehaus-Kommentare der beiden. Grissemann spielt den Max Ronge, der Redls Nachfolger wurde, und da die Deutschen den Skandal aufgedeckt haben , ist Stermann ein deutscher Geheimdienstoffizier. Vorgabe an Stermann/ Grissemann war, kein Kabarett daraus zu machen, und die beiden haben hochprofessionell gearbeitet. Die Zusammenarbeit war ein reines Vergnügen. Wie schnell die sich die Texte gemerkt haben! Stermann hat, glaub ich, vier Sachertorten dabei gegessen, denn die wurden für jede Klappe serviert. Übrigens: Ich hab auch selber mitgespielt, à la Hitchcock. Den Staatsanwalt.

Was würden Sie als Besonderheit Ihrer Herangehensweise an dieses Thema bezeichnen?

Fritz Kalteis und ich haben uns bemüht, historisch korrekt zu bleiben, da entspricht alles dem letzten Stand der Forschung. Deren Fazit: Der Redl hat einfach ungeheure Summen gebraucht, um den Horinka zu zahlen. Punkt.

 

Oberst Alfred Redl

Alfred Redl wurde am 14. März 1864 in Galizien geboren. Überdurchschnittlich gute Beurteilungen an einer Kadettenschule in Brünn, beim Lemberger Infanterieregiment und an der k.u.k Kriegsschule. Ab 1907 Geheimdienstchef, 1912 Generalstabschef des VIII. Korps in Prag. Später einer der wichtigsten Spione des russischen Geheimdienstes. Nach seiner Enttarnung Suizid am 25. Mai 1913.
 

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