Nova Rock: Lustvolle Hosen, hyperaktiver Gockel
„Wir haben Lust zu singen, zu spielen und zu schreien!“ Und genau das tat „Die Toten Hosen“-Sänger Campino dann auch.
Gemeinsam mit seinen Kollegen Kuddel, Breiti, Andi und Vom Richie spielte sich der Düsseldorfer Vorzeige-Punk zum Abschluss des zweiten Nova-Rock-Festival-Tages am Samstag durch ein perfekt austariertes Best-of-Programm, das den Ruf der Hosen als Generationen verbindende Konsensband unterstrich. 30 Jahre hat die frühere Chaostruppe mittlerweile auf dem Buckel. Ein stolzes Alter, welches das Gros der Festivalbesucher in Nickelsdorf längst noch nicht erreicht hat. Dementsprechend groß war die Klassiker-Dichte an diesem gatschig-verregneten Abend: „Hier kommt Alex“, „Wünsch dir was“ „Bonny & Clyde“, „Paradies“ und natürlich die unverwüstliche „Heite drah i mi ham“-Hymne „Alles aus Liebe“.
Das Kleine im Großen
Wie kaum einer anderen deutschsprachigen Band gelingt es den Toten Hosen, das Kleine im Großen und das Große im Kleinen zu zelebrieren. Sprich, die kleinen Freuden des Lebens (Fußball, Bier, Freunde) in große, hymnische Songs zu packen und gleichzeitig die wichtigen Themen (Tod, Liebe, Familie) in reduzierten, bisweilen gar intimen Stücken zu verarbeiten. So kam es, dass dann plötzlich Campinos „Draußen vor der Tür“, eine berührende Hommage an seinen Vater, gleichberechtigt neben einem brachialen Hirnlos-Sauflied wie „10 kleine Jägermeister“ stand. Feine Sache.
Auf der kleineren Red Stage beendeten Limp Bizkit den Abend. Stets im Mittelpunkt: Grölmaschine Fred Durst, der seine mit dem F-Wort gespickten Parolen wie ein kampfeslustiger, hyperaktiver Gockelhahn herauskrähte. Einen gewissen Unterhaltungswert konnte man diesem Musik gewordenen Imponiergehabe allerdings nicht absprechen. Vor allem da der Fokus auf den älteren Stücken lag und die Songs des aktuellen „Gold Cobra“-Albums dankenswerterweise nur spärlich eingestreut wurden. Ein Limp-Bizkit-Auftritt ist ein Vergnügen, bei dem das Großhirn für die Auftrittsdauer in den Standby-Modus herunterfahren darf.
Qualitätsmäßig durchwachsen präsentierte sich davor das Nachmittagsprogramm. Tief in das Leben der „kleinen Leute“, in die Welt der Lkw-Fahrer, Strizzis und Fabrikarbeiter, deren Jobs nach Neu-Delhi „outgesourced“ wurden, tauchte Everlast („What It’s Like“) in seinen gemütlichen, gut abgehangenen Folkrock-Bluesstücken ein. Ein sehr schöner Auftritt, der leider auf wenig Resonanz aus dem nach Mitschrei-Hymnen lechzenden Publikum stieß.
Euphorischer wurden da Sen Dog und B-Real alias „Cypress Hill“ gefeiert, die in den knochentrockenen Oldschool-HipHop-Stücken ausgiebig den bewusstseinserweiternden pflanzlichen Rauchwaren huldigten und sich bei „Roll It Up, Light It Up, Smoke It Up“ auf der Bühne ein Tütchen von der Länge eines Babyarms anzündeten. Die Frage ans Publikum „Are you high?“ war folglich auch wohl eher rhetorischer Natur.
Billy Talent(frei)
Uninspiriert und leidenschaftslos wirkte zuvor der Auftritt der britischen Rockband Kasabian. Bei den Co-Headlinern Billy Talent traf am Abend schließlich zackiger Rock mit dezentem Metal-Einschlag auf die gewöhnungsbedürftige Stimme von Sänger Benjamin Kowalewicz. Der kanadische Punkrock-Folterknecht röhrte wie ein Hirsch zur Brunftzeit und schaffte es spielend, selbst an sich gute Songs wie „Red Flag“ oder „Rusted From The Rain“ zu zerstören. Quasi Billy Talent(frei). Gut, dass gleich darauf die Toten Hosen an der Reihe waren.
Gestern beendeten die Metal-Götter von Metallica mit einer Komplettaufführung ihres genredefinierenden „Black Album“ von 1991 die achte Auflage von Österreichs größtem Rockfestival. Den Bericht darüber lesen Sie am Dienstag in den OÖNachrichten.
Todesfall und Sturmwarnung
Ein Todesfall überschattete am Freitag den Auftakt des Nova Rock. Ein 24-jähriger Niederösterreicher war zusammengebrochen. 40 Minuten lang versuchten Rettungskräfte vergeblich, ihn wiederzubeleben. Der junge Mann, der an einem Herzfehler litt, starb auf dem Weg ins Spital.
Am Abend musste wegen des aufziehenden Unwetters die große Bühne für eine Stunde evakuiert werden. Der Auftritt von Refused musste abgebrochen werden. Auf der kleinen Bühne wurden die Shows von Within Temptation und Marilyn Manson komplett gestrichen. Lesen Sie dazu die Reportage von Lukas Luger.
tote hose sonst nix !