Linzer Hausbesetzer mit künstlerischem Bleiberecht

Von Peter Grubmüller   30.Oktober 2013

Das Leben als Kunststudent ist frei gewählt, einfach ist es trotzdem nicht. Es gehört zum Branchenstil, auf Avantgarde zu machen, sich erklären zu müssen und trotzdem nie verstanden zu werden. Im Vorbeigehen soll sich unverwechselbarer Stil entwickeln, sonst wird es nichts mit dem kreativen Lebensentwurf. Die Linzer Kunstuni gibt jedes Jahr einen Überblick, was aus diesem oder jener Studierenden werden könnte. Diesmal hat die gefragte und für ihren Trailer zum Filmfestival „crossing europe“ ausgezeichnete Kunstuni-Absolventin Ella Raidel zusammen mit Cathérine Hug und Hongjohn Lin aus mehr als 100 Einreichungen 35 Arbeiten ausgewählt. „Bestoff13“ ist ab 31. Oktober im Linzer Brückenkopfgebäude West zu sehen.

Raidel legt Wert darauf, dass es sich im Sinne der Lesart von „Bestoff“ nicht um das Beste der Studierenden handeln müsse. Kunst taugt nicht dazu, Sieger zu küren.

Die Ausstellung breitet sich mit Hausbesetzer-Geist in den leeren Räumen der ehemaligen Großbetriebsprüfung des Finanzamts aus. Die Kunst will hier auch nicht mehr weg. Das Rektorat pocht schon lange auf die Adaptierung dieser Räume. Was die Arbeiten in der – im besten Wortsinn – Kunst-Rumpelkammer eint, ist die Manipulation des Alltags sowie dessen Offenbarungen.

Rico Hentschel hat etwa einen Deckenraster in Form einer Parabel installiert und spielt mit dem fließenden Element der Zeit, genauso wie Barbara Lindmayrs „Gerinnung“, bei der sich eine zum Stillstand gekommene Masse über die Treppe ausbreitet. Jürgen-Heinz Grünwald stöbert mit seinen „Offstage“-Fotografien alltägliche Parallelwelten im Europäischen Parlament auf, und Evelyn Kutscher verzerrt mit „Nº14“ die Realität des Thonet-Kaffeehausstuhls. Jaak Kaevets erläutert mit „Street-Scape“ das urbane Treiben auf einer Zeitachse: Menschen, die sich mit 5 km/h bewegen, sind in realer Proportion zu sehen, Langsamere breiter und umgekehrt.

David Aaron Wittinghofer hat seinen Unwillen, eine Arbeit über gesteigerte Produktionsfähigkeit eines leidenden Künstlers zu schreiben, performativ entladen: Er schnitt Zwiebeln seines Körpergewichts (64,5 kg) und ließ vier Menschen darüber schreiben. Gleich beim Eingang spielt Felix-Benedikt Sturm mit dem Verhältnis von Information zu deren Darstellungsformen. Auf drei Leuchtkästen hat er die nur haptisch erfassbare Braille-Schrift (Blindenschrift) gesetzt. Mögen Galeristen, Sammler und Kuratoren in Scharen auf den Hauptplatz strömen.

BESTOFF13, Ausstellung von Arbeiten Studierender der Kunstuniversität Linz, Hauptplatz 8, 31. 10. bis 24. 11., Di–So 11 bis 18 Uhr. www.bestoff13.ufg.ac.at