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Langsam vor die Hunde gehen: "Dogville" am Landestheater Linz

Von nachrichten.at/apa, 02. Dezember 2018, 12:56 Uhr
(Symbolfoto) Bild: SIGRID RAUCHDOBLER

LINZ. Lars von Triers neuer, eben bei uns angelaufener Film "The House That Jack Built" zeigt einen Serienmörder bei seiner Arbeit.

Sein 15 Jahre alter Film "Dogville" ist weniger blutig, doch um nichts optimistischer: Er trägt Schicht für Schicht die harmlos wirkende Fassade von Durchschnittsmenschen ab, um zum Kern ihres Wesens vorzudringen. Seit gestern ist "Dogville" am Landestheater Linz zu sehen.

Ästhetisch ist dieser Genretransfer eine größere Herausforderung als bei anderen Dramatisierungen, bedient sich der Film "Dogville" doch der Mittel des Brecht'schen Theaters: Stilisierung und Reduzierung statt Nachahmung. Die Geschichte einer einsamen Kleinstadt in den Rocky Mountains, in der eines Tages eine von Gangstern gejagte schöne, junge Frau wie ein Meteorit einschlägt (im Film spielte Nicole Kidman die Rolle), wird von einem Erzähler als Parabel präsentiert und in einer dunklen Halle mit weiß markierten Schauplätzen und dem denkbar geringsten Aufwand an Kulissen und Requisiten gefilmt.

Der Linzer Schauspielchef Stephan Suschke hat sich für seine Umsetzung für etwas mehr Bühnenrealismus entschieden. Momme Röhrbein deutet auf der Drehbühne ein pittoreskes Kleinstadtidyll an, das, wäre da nicht ein großes, halb verblichenes, für Shell werbendes Billboard, verdammt an Thornton Wilders "Our Town" erinnern würde. Zu diesem Eindruck trägt auch der am rechten Bühnenrand postierte Erzähler (Jan Nikolaus Cerha) bei, während links ein Gitarrist (Bob Zabek) das Geschehen live begleitet. Die Geschichte beginnt ganz harmlos: Grace, von Anna Rieser anfangs ganz naiv und weltfremd gespielt, wird - dazu animiert vom jungen Dichter Tom (Markus Pendzialek) - von den Dorfbewohnern versteckt und aufgenommen. Doch es wäre nicht Lars von Trier, wenn die Idylle nicht sehr bald Risse bekäme.

"Dogville" ist ein Ensemblestück. Elf Stimmen werden gezählt, wenn in dem verschlafenen, abgeschiedenen Dorf über Graces Wohl oder Verdammnis abgestimmt wird, dazu kommen noch Kinder. Es ist - abgesehen von Rieser, die sich unter den Drangsalierungen der Bewohner zur Schmerzensfrau steigert - kein Abend der virtuosen Schauspieler, sondern eine geschlossene Ensembleleistung, mit der sich in eindreiviertel Stunden in zunehmender Intensität zweierlei vermittelt: Darauf zu vertrauen, dass der Kern der Menschen gut ist, kann sich als Irrglaube herausstellen, den man bitter bezahlen muss. Und: Auch drastische Veränderung kommt in kleinen Schritten. Nur so kann, was gestern noch unvorstellbar schien, morgen schon ganz normal wirken. Nicht nur in "Dogville" will man durch den Verzicht auf irritierende Handlungen keine schlafende Hunde wecken, sondern lässt seine Mitmenschen langsam und fast unmerklich vor die Hunde gehen.

Zu Recht gab es am Ende der Premiere viel Applaus, der von der Hauptdarstellerin schließlich zur Verlesung eines Aufrufes unterbrochen wurde. Sie erinnerte an die beabsichtigte Aufkündigung des Subventionsvertrages durch die Stadt Linz und forderte die Zuschauer auf: "Lassen Sie sich von Herrn Bürgermeister Luger Ihr Theater nicht wegnehmen!" Von den im Foyer aufliegenden Unterschriftenlisten wurde anschließend reger Gebrauch gemacht. Die außerdem laufende Onlinepetition wurde bisher von über 10.800 Menschen unterzeichnet.

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3  Kommentare
3  Kommentare
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schnabelsau (7 Kommentare)
am 06.12.2018 19:45

tolles foto zum artikel
hättets wenigstens das vom standard genommen
das bezieht sich nämlich auf die aufführung

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Schnapsdrossel (31 Kommentare)
am 03.12.2018 00:20

Schmarrn. Die große Demonstration gegen die Kürzungen des Landes vor einem haben Sie offensichtlich vergessen. Und im Gegensatz zu Stadt Linz hat das Land Oberösterreich in allen Bereichen gespart. Das, was die Leute auf die Palme bringt ist, dass die Stadtregierung die Stirn hatte, zu sagen, dass das Theater den Menschen der Stadt Linz kulturell nichts bringt. Das ist Politik unterster Schublade.

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vjeverica (4.297 Kommentare)
am 02.12.2018 18:50

war gerade (15h-VORstellung "Ein Amerikaner in Paris", empfehlenswert!!!) im Musiktheater. Auch da wurde zur Unterschrifsleistung wg.des zu kündigenden Vertrages seitens der Stadt Linz aufgerufen. GR-Sitzung kommenden Donnerstag wurde verlautbart. Im Foyer konnte man unterschreiben. Auch vorm Theater war so ein Standl, wo Unterschriften gesammelt wurden.

Das ist Politik! Das Publikum soll instrumentalisiert werden seitens der Theaterangestellten.
Was war, als das Land - dem das Landestheater ja auch gehört - um 10 % die Gelder einfach gekürzt hat. DA hat keiner gestänkert, keiner zur US aufgerufen.
Ach jaaaa - die Hand, die einen füttert traut man sich nicht zu beißen, oder? Darüber hörte man keinen Piep.

Ich bin sehr oft nicht mit Hr.B Luger einverstanden, aber in diesem Fall sehr wohl. Die Stadt ist ohnehin schon pleite genug.

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