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"Klemens Brosch verfolgt mich schon mehr als mein halbes Leben lang"

Von Helmut Atteneder, 06. März 2018, 00:04 Uhr
"Klemens Brosch verfolgt mich schon mehr als mein halbes Leben lang"
Elisabeth Nowak-Thaller beim Aufbau der Ausstellung Bild: Johannes Stoll

Elisabeth Nowak-Thaller kuratiert die Belvedere-Retrospektive über den Linzer Zeichner.

Kein Kunstexperte dieser Welt kennt den Linzer Zeichner Klemens Brosch besser als Elisabeth Nowak-Thaller. Die Kuratorin und Vize-Chefin des Linzer Kunstmuseums Lentos ist seit 1983 tief in dessen düsteres, vom Ersten Weltkrieg traumatisiertes Leben vorgedrungen. Ein Leben, das der drogenabhängige, hochbegabte Künstler am 17. Dezember 1926 auf dem Linzer Pöstlingberg selbst beendete. Am Freitag wird in der Orangerie des Wiener Belvedere eine Retrospektive über sein Leben und Werk eröffnet.

 

OÖNachrichten: Frau Nowak-Thaller, warum gerade Klemens Brosch?

Elisabeth Nowak-Thaller: Das hatte zunächst einen ganz pragmatischen Grund. Ich habe auf der Suche nach einem guten Linzer Thema für meine Dissertation bei den damaligen Direktoren im Nordico, in der Neuen Galerie und im Landesmuseum nachgefragt (Georg Wacha, Peter Baum und Benno Ulm, Anm.). Die haben alle unisono gesagt: Klemens Brosch, der braucht dringend eine wissenschaftliche Aufarbeitung.

Was fasziniert Sie an seiner Kunst?

Er ist einer der großartigsten Zeichner des 20. Jahrhunderts. Seine Arbeiten weisen eine unglaubliche Feinheit auf. Dieser dunkle Mikrokosmos wirkt fast wie Fotografien und ist sehr durchdringend.

Bei Klemens Brosch lagen Genie und Wahnsinn sehr nahe beisammen.

Ich würde ihn nicht als Wahnsinnigen bezeichnen. Er war ein hochintellektueller, sehr sensibler Mensch mit traumatischen Kriegserlebnissen. Was er im Ersten Weltkrieg gesehen hat, hat er ja auch gezeichnet. Diese Zeit hat viele Künstler zerstört. Grundsätzlich sollte man ja Leben und Werk von Künstlern nicht ursächlich zusammenbringen. Bei Brosch ist das anders.

Warum?

Es gab nur wenige Untersuchungen, wie sich die Drogen ausgewirkt haben. Das war damals meine Motivation, die mit meinem Fund der Patientenakte Broschs in der damaligen Irrenanstalt Niedernhart (heute "Neuromed Campus", Anm.) begonnen hat. Das war 1983. Brosch verfolgt mich also schon länger als mein halbes Leben lang. 2016 fand ich im Landesarchiv auch den Krankenakt von Johanna Brosch, seiner Frau. Mit handgeschriebenen Briefen Broschs an seine Frau. Das war ein Highlight.

Welches Bild haben Sie in all den Jahren von Klemens Brosch bekommen?

Er war kein angenehmer Zeitgenosse, das hat er auch selber immer wieder gesagt. Durch seine Drogensucht hat er sich mit allen angelegt, auch mit jenen, die ihm helfen wollten. Er war groß, hat gut ausgesehen und war sehr charismatisch. Er hat die Menschen in seinen Bann gezogen. Sein Privatleben wurde von seiner Familie verständlicherweise vertuscht. Es war ein dramatisches Schicksal, das wollte man halt nicht auf dem Silberteller präsentieren. Ich habe auch seinen Krankenakt studiert, auf diese Weise wurde mir sein Leben verständlicher, weil ich dadurch einen Einblick in sein Seelenleben bekam.

Wie ist die Ausstellung in der Orangerie konzipiert?

Es ist eine klassische Retrospektive, bei der das Gesamtschaffen in rund 200 Bildern chronologisch gezeigt wird. Ausstellungsarchitektin Silvia Merlo hat Werk und Leben in fünf Epochen aufgeteilt. Sehr inszeniert und sehr dramatisch. Alle Bilder sind bereits gehängt, und ich bin sehr zufrieden.

Für Lentos und Landesgalerie ist die Einladung, im Belvedere eine Ausstellung zu machen, auch eine große Auszeichnung.

Es ist sehr erfreulich, dass so eine Kooperation möglich ist. Die Zusammenarbeit ist wunderbar, und es macht uns sehr stolz, dass die großen Schätze von Linz ins Belvedere wandern.

Hat diese Zusammenarbeit auch finanzielle Effekte?

Landesmuseum und Lentos bekommen eine Übernahmegebühr, und ich bin hier sozusagen Gastarbeiterin. Es ist also kein großes finanzielles Geschäft, nicht vergleichbar damit, wenn vom Belvedere eine Klimt-Ausstellung nach China gehen würde. Da gibt es natürlich viel Geld.

Ihre Auftraggeberin im Belvedere, Stella Rollig, kennen Sie ja bestens von der gemeinsamen Linzer Zeit.

Ich habe ihr bei ihrem Abschied aus Linz Klemens Brosch noch einmal sehr ans Herz gelegt. Wann immer sie Brosch im Belvedere zeigen möchte, dann mache ich das gerne. Und dann kam schon relativ bald eine Einladung.

Würden Sie gerne im Belvedere arbeiten?

Es ist große Kunst, die hier gezeigt wird – im am besten besuchten Museum Österreichs mit einer Million Gästen im Jahr. Das ist für uns Linzer nicht vorstellbar, aber ich bin immer wieder ganz froh, wenn ich zurück in Linz bin.

Video: Die Kuratorin der 2016er Brosch-Retrospektive begibt sich zu den wichtigsten Orten im Leben des Linzer Zeichengenies.

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