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"Integration ist kein Hobby von Gutmenschen"

Von Peter Grubmüller, 07. April 2015, 00:04 Uhr
"Integration ist kein Hobby von Gutmenschen"
Josef Hader zeigt hier die Zahl 888 mit römischen Buchstaben, erst arabische Ziffern haben das Rechnen erleichtert. Bild: ORF

Josef Hader präsentiert heute (ORF2, 22.35 Uhr) eine "kreuz und quer"-Religionsreise ins spanische Mittelalter. Im OÖN-Interview sprach er über das "Morgenland im Abendland".

In Europa nimmt die Migration jener Menschen, die sich als Muslime verstehen, seit 40 Jahren stetig zu. Diese Entwicklung führt zur Angst vor Islamisierung. Josef Hader besuchte für den Film "Morgenland im Abendland" der TV-Religionsreihe "kreuz und quer" jene Orte in Andalusien, wo das Zusammenleben von Christen und Muslimen von 711 bis 1492 einigermaßen funktioniert haben soll.

OÖNachrichten: Warum hat Sie die Epoche der Mauren in Spanien grundsätzlich interessiert?

Josef Hader: Als Schüler war Geschichte mein Lieblingsfach, und ich bin noch immer der Überzeugung, dass Geschichte hilft, die Gegenwart besser zu durchschauen. Diese Zeit der Mauren ist für uns so faszinierend, weil über Jahrhunderte viele Religionen zusammengelebt haben. Auf diese Epoche wird auch viel projiziert: Die einen sagen, es sei eine wunderbare Multikulti-Gesellschaft gewesen. Die anderen sagen: Das war überhaupt nicht so, ein Leben von Bürgern gleicher Stellung habe nie existiert. Sogar Historiker streiten darüber.

In dem Film fällt der Satz, die spanischen Araber hätten die Kultur, auf den anderen einzugehen, in Europa eingeführt. Wie haben Sie das selbst bei Ihren Recherchen erfahren?

Die Menschen waren damals nicht besser als heute, sondern sie haben gesehen, dass es für alle von Vorteil ist, wenn man zusammenarbeitet – deshalb haben sie es getan. Terror und Fanatismus war damals ein Monopol der Fürsten. Und da gab es wechselnde Allianzen. Auch bei diesen großen Schlachten Christen gegen Mauren haben auf beiden Seiten Christen und auf beiden Seiten Muslime gekämpft. Und alle miteinander waren es Spanier. Was ich bemerkt habe, ist, dass dieser Geschichtsabschnitt, weder in Spanien noch sonst in Europa, ein großes Thema ist.

Dabei fand damals ein unglaublicher kultureller Transfer statt ...

... eben! Was wir an Wissenschafts- und Bildungstransfer erlebt haben, ist durch dieses Maurenreich – sogar aus China – zu uns gekommen. Europa steckte im Frühmittelalter. Man hat den Eindruck, irgendwann begann die Renaissance, aber die hat nichts mit den Mauren zu tun, sondern wir entdeckten wie durch Zauberhand selbst den Humanismus. Dieser Transfer wird klein gehalten, weil die europäische Geschichtsschreibung über weite Teile eine christliche Geschichtsschreibung ist. Man wollte diesen Übergang mit einer Jahreszahl festgelegt haben – mit 1492 – , als das Mittelalter aufhört und die Neuzeit beginnt. Um diese Zeit fällt zufällig die Eroberung des letzten Emirats in Granada. Als wäre der Sieg über die Mauren der Anlass, dass wir das Mittelalter hinter uns gebracht haben.

Gab es damals mit heute Vergleiche von Ressentiments gegenüber anderen Religionen?

Ich hab’ mit Historikern gesprochen, die Schriften aus dieser Zeit untersucht haben. Natürlich war diese Zeit keineswegs von Toleranz geprägt. Es gab auch fanatische Christen, die Märtyrer werden wollten. Um in den Himmel zu kommen, sind sie verzweifelt herumgerannt und haben Allah samt Propheten verflucht. Sie waren dann ganz enttäuscht, als sie nur für verrückt erklärt worden sind. Es hat auch Zeiten gegeben, in denen Moslems empfohlen wurde, nicht an Kirchen vorbeizugehen, wenn die Kirchenglocken läuten – und keinen Wein zu trinken, wenn sie mit Booten fahren. Das heißt, es durften in Moslems regierten Gebieten sehr wohl Kirchen läuten, und es war in Ordnung, dass Moslems – zumindest an Land – Alkohol trinken. Das heißt, es gab eine Wertschätzung von kulturellen Errungenschaften – und auch für die Annehmlichkeiten, die daraus resultieren. Diese Toleranz ist im christlichen Nachfolgestaat über Jahrhunderte nie wieder erreicht worden.

Insofern ist Religion heute öfter Ursache für Gewalt als damals?

Ich sage vorsichtig, dass sehr rigide Machtsysteme – gepaart mit wirtschaftlicher Versorgung – weniger terroranfällig sind als die Gegenwart, die wegen eines hemmungslosen Turbokapitalismus vielen Menschen das Gefühl gibt, dass sie keine Lebensgrundlage haben. Weder im Islam noch im Judentum oder im Christentum gibt es heute eine Hauptströmung, die auf Konfrontation aus ist. Das Problem des Islam ist, dass er dezentral strukturiert ist: Das heißt, man geht zu einem Prediger und wenn einem der nicht gefällt, geht man zum nächsten. Das ist der Grund dafür, warum es so lange keine öffentliche Distanzierung von islamistischen Verbrechern gegeben hat. Niemand fühlte sich dafür verantwortlich.

Heißt das, im Islam fehlt ein Papst?

(Lacht) Dafür bin ich zu wenig religiös, um das bewerten zu können. Wenn ich religiös wäre, würde ich mich mir eher eine dezentrale Führung wünschen. Sonst bin ich davon abhängig, wer es wird, wenn uralte Männer alle 20 Jahre wählen.

Sie haben gesagt, Geschichte sei der Schlüssel, um die Gegenwart zu verstehen. Was haben Sie bei Ihren Recherchen gelernt?

Dass man sich zusammenraufen soll – auch wenn es nicht einfach ist. Jeder profitiert davon – andererseits leidet jeder darunter, wenn man das nicht schafft. Übersetzt heißt das, unser Zusammenleben, unsere Wirtschaft, unser Wohlstand kann nur funktionieren, wenn Integration gelingt. Politiker beginnen, das immer besser zu verstehen. Integration ist kein Hobby von Gutmenschen, sondern dringende, sachliche Notwendigkeit. Wir brauchen kluge Lösungen, die über den nächsten Wahltermin und über eine Schlagzeile in der Zeitung hinausgehen.

Nach Haders Film diskutieren Religionsexperten zum Thema "Islam – seine hellen und dunklen Seiten" (Diskussionsleiter: Günter Kaindlstorfer, ORF2, 23.30 Uhr).

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11  Kommentare
11  Kommentare
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helterskelter (1.759 Kommentare)
am 08.04.2015 13:52

Seine Erklärungen sind doch mehr als einsitig und er verstrickt sich in Widersprüche.
Was hat die Renaissance wirklich mit den Mauren zu tun?
Die Christen mussten Abgaben zahlen, damit sie im angestammten Land leben durften - ist das, was Hader als Empfehlung für heute sieht?
Wie kamen die Mauren überhaupt nach Spanien - haben sie die Spanier eingeladen oder durch Mord und Totschlag?

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pkw05 (1.167 Kommentare)
am 07.04.2015 20:25

die Kulturleistungen der Mauren mit unseren muslimischen Mitbürgern zu tun?

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Gugelbua (31.807 Kommentare)
am 07.04.2015 19:49

doch will er uns mit den alten Kamellen missionieren grinsen

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Zenith (662 Kommentare)
am 07.04.2015 19:11

wie ist das mit der Zensur bei den OÖN????

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( Kommentare)
am 07.04.2015 17:10

ab dem Josef Hader - den Ich in der Film Serie Brenner schätze

mit der Zahl 888 auf etwas hinzuweisen versucht
- unten durch! Warum nicht 999 oder 777 ohne Anstössig zu wirken?

Immerhin ist die Zahl 88 ein gern gesehenes Symbol für Ewiggestrige und Linksradikale!

Immerhin gibts in Deutschland Grüne Bündnisanhänger die Hakenkreuze schmieren = Vandalismus und Ewiggestrige,
die JETZT sogar schon mit Enthauptungen von LANDRAT in Deutschland drohen!

SCHUSTER = HADER bleibt bei deinen LEISTEN! traurig

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oblio (24.740 Kommentare)
am 07.04.2015 18:20

Lächerlich?
Er wollte doch nur aufzeigen wie kompliziert
die Zahlenschreibung mit Buchstaben und noch
komplizierter das Rechnen ohne Null gewesen ist!
Die Einführung der arabischen Ziffern war
ein Quantensprung im europäischen Rechnungswesen!

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mape (8.837 Kommentare)
am 07.04.2015 18:36

schon viel Hirnleistung vom Herrn Rauscher !

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Sturzflug (6.545 Kommentare)
am 07.04.2015 20:06

Eigentlich indisches Rechnungssystem. Im Westen durch Fibonacci (ca 1200) bekannt.
Die Revolution war die Verwendung und Bedeutung der Zahl Null.

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arnonimm (620 Kommentare)
am 07.04.2015 08:18

... wenn er sich wirklich mit der Geschichte beschäftigt hätte. Nicht erst 888 sondern bereits 710, als unter arab. Herrschaft ein Berber (Barbare) als Feldherr Spanien brutal eroberte. Als aus Kirchen Moscheen wurden. Als mit dem Schwert zum Islam missioniert wurde. Oder ~750 als das Umayadenreich zerfiel und das Emirat, später Kalifat Córdoba entstand. Dauernd bedrängt durch die noch christlichen Spanier und von außen bekämpft durch Merowinger und Franken.
Nachdem die Anzahl der Muslime schrumpfte, wurde die Ansiedlung von Syrern gefördert. Obwohl militärisch überlegen, mussten Allianzen mit Kastilien, Leon, Navarra eingegangen werden.
Lieber Herr Haderer: von "Integration" (wohl der Christen im Kalifat) kann keine Rede sein.
Und eine Gesellschaft und Religion, die noch immer keine Aufklärung hinter sich brachte mit uns im Jahr 2015 zu vergleichen ist zumindest sehr gewagt, hat aber nichts mit Geschichte zu tun.
Si Tacuisses...

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oblio (24.740 Kommentare)
am 07.04.2015 09:18

Naja, Geschichtsschreibung der "Sieger"!
Nach einer arabischen Überlieferung gab
eine Bitte um Unterstützung des Grafen
Julian gegen den Westgotenkönig Roderich
den Ausschlag für einen zunächst noch
begrenzten arabischen Feldzug in Spanien.
Was danach kam, waren dann Beutezüge und
Eroberungen!
Andererseits ist dann eine Hochkultur
entstanden, die ihresgleichen in Europa
nie wieder erreicht wurde!
Damals waren die Moslems aufgeklärter
als heutzutage!
Eine Folge der Kolonialisierung!
Heutzutage eine Ausgrenzung nach dem
Vorbild der Arisierung?
Wo Druck ist, entsteht Gegendruck!

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Sturzflug (6.545 Kommentare)
am 07.04.2015 10:09

Wenn jemand den Kabarettisten Hader nicht vom Karikaturisten Haderer unterscheiden kann, darf man mit gutem Glauben an hervorgekehrten "Geschichtswissen" zweifeln.

Kabarettist und Karikaturist sind ausserdem so komische Fremdwörter, wahrscheinlich aus dem Lateinischen.

Wenn Du geschwiegen hättest, dann hättest Du Dir keine Blöße gegeben.

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