Ihr Flamenco sprengt Grenzen

Von Susanne Zellinger   09.März 2018

Patricia Guerrero ist eine der erfolgreichsten Tänzerinnen des aktuellen Flamenco-Panoramas. Sie stammt aus Granada, lebt seit vielen Jahren in Sevilla und tanzt sich von Erfolg zu Erfolg. Mit acht Jahren stand sie zum ersten Mal auf der Bühne, mit 17 gewann sie den Preis "Desplante", eine der wichtigsten Auszeichnungen Spaniens für junge Tänzerinnen, mit 20 holte sie Carlos Saura für seinen Film "Flamenco, Flamenco" vor die Kamera.

Ihre Eleganz, ihre hervorragende Technik und ihr unverwechselbarer Stil gepaart mit großer innovativer Spiellust und absoluter Furchtlosigkeit der starren Tradition gegenüber sind ihre Markenzeichen.

Natürlich kann sie ihre Wurzeln nicht verleugnen, aber ihre Annäherung an den zeitgenössischen Flamenco durch ihr dynamisches und frisches Bewegungsrepertoire machen sie neben Rocío Molina zum aufstrebenden Star der Szene. Im Linzer Posthof zeigt sie mit ihrer Kompanie von hervorragenden Musikern und Tänzerinnen ihr neuestes Stück "Catedral", das bei der letzten Flamenco-Biennale in Sevilla mit dem ersten Preis für das beste Stück ausgezeichnet wurde.

Sie sind eine moderne Tänzerin, warum haben Sie ein so traditionelles Thema wie die Religion gewählt?

Ich bin eine Tänzerin von heute, aber das bedeutet ja nicht, dass ich mich nicht auch mit traditionellen, tiefgründigen oder spirituellen Themen beschäftigen darf. Die Religion spielt in unserer Gesellschaft auch heute noch eine wichtige Rolle. In "Catedral" stelle ich die Rolle der Frau in der Religion dem Machismus der Gesellschaft im Allgemeinen gegenüber. Ich zeige auch die Kraft und den Willen der Frau, die Grenzen zu überwinden und sich von der sozialen und religiösen Unterdrückung zu befreien.

Ist der Flamenco genauso machistisch wie die Kirche?

Der Machismus hat auf so vielen Gebieten in der Gesellschaft eine Rolle gespielt, also auch im Flamenco, er tut es noch immer, und er versucht die Frauen in den Hintergrund zu drängen.

In "Catedral" arbeiten Sie mit einem Regisseur zusammen, ist das im Flamenco notwendig geworden?

Nicht, wenn man einen Vortragsabend macht, aber wenn man, so wie ich, ein Thema bearbeitet und auf den großen Bühnen mithalten will, verlangt das eine szenische Umsetzung in höchster Qualität, und dann brauchst man jemanden, der das übernimmt.

Im zeitgenössischen Flamenco hat man heute viel mehr Freiheiten als früher, gibt es für Sie noch ein Tabu? Etwas, was Sie nie machen würden?

Im Flamenco gibt es immer noch viele Tabus, man hat Angst vor der Evolution und dass es dann nicht mehr Flamenco sein könnte. Für mich wäre es noch bis vor kurzem undenkbar gewesen, mich auf der Bühne auszuziehen. Heute sehe ich das nicht mehr als unmöglich an, wenn es eine künstlerische Notwendigkeit ist, dann tue ich es, ich schließe nichts mehr aus. Ich möchte mit Veränderungen umgehen können und als Künstlerin wachsen, das ist das Wichtigste für mich.

Linz, Posthofstr. 43, 20 Uhr; Karten: 0732 / 78 18 00 (Mo.–Do., 8.30 bis 16.30 Uhr, Fr., 8.30 bis 14 Uhr), mehr zu den Tanztagen: www.posthof.at