"Ich arbeite einzig für den ORF, nicht für die Politik!"
ORF-2-Chefredakteur Matthias Schrom über seine politische Punzierung, Armin Wolf und den "Misstrauensvorschuss" der Kollegen.
Sprichwörtlich über Nacht wurde der 45-jährige Matthias Schrom neuer Channel-Chefredakteur von ORF 2 – und damit zu einem der wichtigsten Medienmanager des Landes. Im OÖN-Interview erläutert der gebürtige Innsbrucker, der davor Innenpolitik-Redakteur der "Zeit im Bild" war, seine Pläne.
OÖN: Ihre Bestellung war das größte Politikum der im Mai verkündeten Personalentscheidungen am Küniglberg. Sie haben die Punzierung als FPÖ-nahe als "amüsant" zurückgewiesen. Ihnen als erfahrenem Polit-Journalisten ist aber sicher bewusst, dass solche Punzierungen nicht im luftleeren Raum entstehen?
Matthias Schrom: Wenn man den ORF kennt, und ich kenne ihn seit 1993, dann erlebt man oft, dass Kollegen eine politische Punzierung erhalten. Nur in den seltensten Fällen bestätigen sich diese aber in der Praxis. Zu einem Gutteil ist das journalistische Folklore. Als Innenpolitik-Reporter, so wie ich es war, redet man mit Politikern aller Parteien – das liegt in der Natur der Sache. Ich will als ORF-2-Chefredakteur aber daran gemessen werden, was ich leiste.
Bei der Redakteursabstimmung votierten Ihre Kollegen mit großer Mehrheit für Fritz Dittlbacher als Channel-Chefredakteur, Sie kamen auf neun von 100 Stimmen. Wie wollen Sie diesen "Misstrauensvorschuss" wettmachen?
Als Misstrauensvorschuss" verstehe ich dieses Ergebnis nicht, sondern als Bestätigung der Arbeit von Fritz Dittlbacher. Die Strukturen haben sich geändert. Die Mitarbeiter kannten mich bisher ja in einer anderen Rolle, als Teil der Redaktion. Meinen Vorgänger kennen sie hingegen seit zehn Jahren in einer Führungsposition. Das wird sich alles einspielen, meine Arbeit beginnt ja erst.
ORF 2 nimmt in der ORF-Zukunft eine Schlüsselrolle ein. ORF eins soll mit Mainstream-Programm Quote bringen, ORF III bietet Hochwertiges, rangiert aber in puncto Publikumszuspruch hintennach. Sie stehen mit ORF 2 zwischendrin. Wie lässt sich der Spagat zwischen Quote und Qualität meistern?
Das ist eine Gesamtflottenstrategie, die versucht, die verschiedenen Milieus über die Sender hinweg abzudecken. Unserer Schlüsselrolle sind wir uns bewusst. Es geht nicht darum, ORF 2 anders oder schmäler aufzustellen. Mein Ziel ist es, die Stärken herauszustreichen: Regionalisierung, Hintergründe und die Berichterstattung bei Großereignissen.
Mangelnde Flexibilität und fehlende Schnelligkeit bei großen Katastrophen wird der "Zeit im Bild" oft angekreidet …
Das ist ein wichtiger Ansatzpunkt von mir. Wir werden schneller, aktueller reagieren. Beim Brückeneinsturz in Genua haben wir den Hauptabend für eine kürzere Sondersendung geöffnet. Das war bisher eine hohe Hürde, die wir in Zukunft öfters überspringen wollen. Die Info-Kompetenz auf ORF 2 muss sichtbarer werden.
Die ORF-Information ist seit Monaten Zielscheibe politischer Attacken. Wie sehen Sie Ihre Rolle: als sanfter Vermittler zwischen Politik und ORF, oder als erster Verteidiger der Redaktion?
Ich arbeite einzig für den ORF, nicht für die Politik! Unsere Geschichten müssen glaubwürdig, ausgewogen und hintergründig sein. Ich sehe mich als den Mann, der den Rahmen so aufstellt, dass intern unsere Redakteure frei und unabhängig arbeiten können. Und dass extern das Publikum unsere Produkte akzeptiert. Ich bin kein Mittler hin zur Politik, sondern einfach nur Journalist.
Die "Apfelsaft-Fraktion" um Armin Wolf gilt am Küniglberg als einflussreich und meinungsstark. Wie lässt sich so eine prominente Gruppierung lenken?
Ich orte am Küniglberg keine Fraktionen. Die Stärke des ORF besteht ja darin, dass es ein Miteinander verschiedener Kollegen mit jeweils eigenem Profil ist. Was Armin Wolf betrifft: Er ist ein mehrfach ausgezeichneter Journalist und der profilierteste Interviewer im deutschen Sprachraum. Wir wollen möglichst gute Sendungen machen – das ist mein Interesse, das ist auch Armins. Dass Armin Wolf eine unserer bekanntesten Persönlichkeiten ist, ist eine Stärke. Wir können glücklich sein, dass er bei uns arbeitet.
Sie haben die Regionalisierung hervorgehoben. In welcher Form kann eine stärkere Einbindung der Landesstudios erfolgen?
Die Landesstudios sind bereits dort, wo Mitbewerber erst hinfahren müssen. Ein Beispiel aus Oberösterreich: Bei dem Brand in Hallstatt waren wir die Einzigen, die ausführlich berichtet haben. Die relevanten Meldungen aus den Bundesländern müssen im aktuellen Dienst viel stärker sichtbar sein, beispielsweise in unseren Frühsendungen.
Zur Person: Matthias Schrom
Der 1973 in Innsbruck geborene Matthias Schrom-Kux begann seine journalistische Karriere 1991 bei einem Privatradio in Südtirol. 1993 wechselte er zum ORF Tirol, fünf Jahre später wurde er Chefredakteur von Antenne Tirol. 2001 kehrte Schrom zum ORF Tirol zurück, ehe er 2004 nach Wien wechselte. Seit Februar 2010 ist der Wacker-Innsbruck-Fan Innenpolitik-Redakteur der "ZiB". Der verheiratete Vater einer Tochter ist auch als Vortragender an der Donau-Uni Krems und der FH Wien tätig.
Abwarten und Tee trinken.
der ORF ist doch politisch orientiert , oder?
Hoffendlich räumt er den Sozenfunk auf!
Wenn einer kein ausgewiesener Roter ist, dann ist es irgendwie logisch, dass man ihm beim ORF mit Misstrauen begegnet. Als Insider wird ihm das bewusst sein. Viel Glück und gute Nerven bei der neuen Aufgabe.
L U E G N E R. eher für Regierungssender wenn man Zeitungen Internet und ORF vergleicht.