Gruberova: "Ich bin froh, das man mich nicht so gehetzt hat"

Von Karin Schütze   17.November 2015

Im Gespräch erinnert sich die Sängerin (68) an ihre Heimat, die ehemalige CSSR, ihre Anfänge in Wien, und sie verrät, dass eine neue Technik ihr Gesangsleben gerettet habe.

OÖNachrichten: Frau Gruberová, man nennt Sie "slowakische Nachtigall" oder die "Königin der Koloratur". Eine Ehre oder eine Bürde?

Edita Gruberova: Weder noch. Ich habe mir das nicht ausgedacht, das waren die Medien. Jeder Auftritt ist für mich wie eine Prüfung, das beginnt schon beim Einsingen.

Lesen Sie Kritiken?

Wenn ich darauf stoße, ich habe kein Internet. Man erreicht irgendwann einen Zeitpunkt im Leben, wo man über den Dingen steht.

Sie haben Ihre Jugend in der ehemaligen CSSR verbracht. Inwiefern hat Sie diese Zeit geprägt?

Ich habe die Tschecheslowakei mit 24 Jahren verlassen, eigentlich zwei Jahre nach Beendigung des Studiums, noch vor dem Prager Frühling '68. Die schlimme Zeit kam erst ab 70. Mir ist das einigermaßen erspart geblieben. Trotzdem: Wir waren damals alle so eingeschüchtert – ja nicht mucksen, lieber still sein, tun, was von einem verlangt wird. Es hat lange gedauert, bis ich dieses Eingeschüchtertsein überwunden habe und realisiert habe, dass diese Glaskuppel über einem weg ist.

Im März 1971 sind Sie mit Ihrem Mann hochschwanger nach Wien gekommen an die Staatsoper.

Das war ganz schwierig. Ich war Alleinerhalterin der Familie, ich habe meine Mutter mitgenommen, mein Mann hatte keine Arbeit. Aber ich habe einen Vertrag mit der Staatsoper gehabt. Wir waren Flüchtlinge, nur auf uns sind keine Bomben gefallen wie heute. Das sind wirklich arme Teufel, die da kommen ...

Sie sind sozial engagiert, etwa für die SOS-Kinderdörfer. Wie geht es Ihnen angesichts der derzeitigen Ereignisse?

Die Flüchtlingstragödie ist für ganz Europa eine schreckliche Sache, auf die wir alle mit großem Bangen schauen. Natürlich geben wir Benefizkonzerte, spenden, aber wenn man die Diskussionen der Politiker sieht, hat man das Gefühl, sie wissen es selber nicht. Die Antwort kennt nur der Himmel.

2013 feierten Sie Ihr 45-jähriges Bühnenjubiläum. Als ein Erfolgsgeheimnis nennen Sie Disziplin. Wobei fällt Sie Ihnen schwer?

Bei nichts, ich lebe seit 47 Jahren damit. Meine Stimme war das Einzige, was ich als Geschenk von meinem Gott bekommen habe, also habe ich sie gehegt und gepflegt. Es waren auch andere Zeiten, Gott sei Dank. Ich bin froh, dass man mich nicht so gehetzt hat. Ich habe in der Provinz angefangen, dann in Wien lauter kleine Rollen gesungen. Damit habe ich mir wahrscheinlich viel Potenzial erspart. Vor zehn Jahren habe ich eine neue Stimmbildnerin gefunden und meine Technik total umgestellt. Das hat mir mein Gesangsleben gerettet.

Welchen Rat würden Sie jungen Sängern und Sängerinnen geben?

Disziplin. Das heißt auch, sich selbst an die Zügel zu nehmen, wenn Intendanten und Agenten einen treiben sollten, und ich fürchte, heute ist das so. Alle haben Technik, die Frage ist nur, welche. Wenn ich nach 47 Jahren noch immer singen kann, ist es nicht Gottes Glück, sondern diese Technik, die ich neulich erlernt habe.

Sie sind Gärtnerin aus Leidenschaft.

Ja ja, ich habe einen großen Garten, das ist mein Hobby, ich mach das wahnsinnig gerne, das ist zum Entspannen, fast wie Meditation. Vom Frühling bis in den Herbst bin ich beschäftigt, grabe, mache, säe.

 

Morgen: Große Belcanto-Nacht im Linzer Brucknerhaus

Präsentiert von den OÖNachrichten, bietet die Sängerin am 18. 11., 19.30 Uhr, mit den Nürnberger Symphonikern – geleitet von Peter Valentovic – ein „Best-Off“ ihrer Paraderollen. Der erste Teil des Programms ist Donizetti gewidmet, der zweite Bellini. Gruberova: „Das sind meine Lieblingskomponisten, die für meine Stimme geschrieben haben. Dafür bin ihnen unendlich dankbar.“ Karten (10 % Rabatt mit OÖNcard): 0732 / 77 52 30, www.brucknerhaus.at