Große Persönlichkeiten: August Diehl spielt Karl Marx und Franz Jägerstätter
Einer der deutschsprachigen Topschauspieler spielt im neuen Kinofilm "Der junge Karl Marx" (Kinostart heute) den Protagonisten. Sein aktuelles Projekt führt Diehl in ein zutiefst oberösterreichisches Thema.
Unter der Regie des Hollywood-Magiers Terrence Malick entstand "Radegund", darin verkörpert Diehl die Rolle des Franz Jägerstätter. Der Film kommt im nächsten Jahr in unsere Kinos.
OÖNachrichten: Wie vertraut waren Sie mit der Person des Karl Marx, als Sie das Angebot erhielten, ihn zu spielen?
August Diehl: Seine Werke waren kluge Schriften, die mich jedoch abgeschreckt haben. Denn beim Lesen kommt man nicht dahinter, wer dieser Mensch war. Das wollte er offensichtlich auch nicht.
Wie also haben Sie seinen Charakter näher erforscht?
Da war vor allem der Briefwechsel mit seinem Weggefährten Friedrich Engels hilfreich. Die beiden haben einander seitenweise Briefe geschrieben, ganze Romane.
Was hat sich daraus für Sie über Karl Marx ergeben?
Er hat über seine finanziellen Nöte geschrieben, und man konnte aus der Art, wie er über andere redete, einiges erfahren. Mit seiner Spottlust ist er über manche ganz schön hergezogen. Grundsätzlich glaube ich, dass Karl Marx kein angenehmer Mensch und sehr autoritär war. Und er hatte ein ungeheures Gerechtigkeitsbewusstsein.
Wie verpackt man ein komplexes Leben in 120 Filmminuten?
Wir zeigen ja nur die jungen Jahre. Wie er vor den Preußen flüchten musste, die aber in Europa sehr einflussreich waren und ihn verfolgten. So war er ständig auf der Flucht, mit Kind und Kegel. Er hat wahnsinnig viel gearbeitet.
Und ständig Geldprobleme.
Ja, und es macht Spaß, zu wissen, dass der, der über Kapital so gut Bescheid wusste, im Alltag derart unfähig war, mit Geld umzugehen.
War Karl Marx in Ihren Augen ein Segen für die Welt?
Auf jeden Fall. Er war ein Mensch des 19. Jahrhunderts, dem die Französische Revolution näher war als die Sowjetrepublik. Er wusste, dass er die Welt verändern würde. Das war höchste Zeit, dem Kapitalismus etwas entgegenzusetzen. Die Grundidee des Kommunismus ist wunderbar.
Doch das, was daraus wurde...
Marx sagte schon sehr früh, dass seine Idee nicht für große Reiche taugen würde, und er hat Russland sehr verachtet, weil es kein industrialisiertes Land und viel zu konfus war. Lenin und Stalin waren bestimmt nicht die Fortsetzung seiner Ideen. Marx selbst wollte dem herrschenden System nur etwas entgegensetzen, denn er wusste, dass ein Zusammenbruch passieren würde.
Und was ist nun aus unserem System geworden?
Karl Marx hat versucht, das System, wie es damals war, zu verändern. Eigentlich müsste man es noch einmal probieren. Aber anders. Der Kapitalismus, wie wir ihn haben, liegt in den letzten Zügen.
Wann gab es in der Gegenwart die ersten Alarmzeichen?
2008, als wir die Wirtschaftsblase hatten, merkten wir, dass etwas nicht mehr stimmte. Schon Karl Marx prophezeite, es würde so lange gehen, bis die Rohstoffe knapp werden. Man kann auf jeden Fall sagen, dass das Thema heute von großer Relevanz ist.
Welches ist Ihr aktuelles Filmprojekt?
"Radegund" habe ich bereits im Sommer unter Terrence Malick abgedreht. Ein internationales Thema, nämlich die Geschichte des Kriegsdienstverweigerers und Widerstandskämpfers Franz Jägerstätter aus St. Radegund in Oberösterreich. Den spiele ich.
Trailer:
Der Säulenheilige des Kommunismus - Filmkritik von Silvia Nagl
Natürlich ist es kein leichtes Unterfangen, dem Säulenheiligen des Kommunismus, Karl Marx 1818–1883), auf zwei Stunden Filmzeit komprimiert gerecht zu werden. Regisseur Rauol Peck versucht diese monströse Aufgabe, widmet sich den Jahren zwischen 1844 und dem Revolutionsjahr 1848. August Diehl ist der kettenrauchende, saufende und ständig an der Armutsgrenze wandelnde Kämpfertyp Karl Marx. Mit rhetorischer Strahlkraft trägt er die Marx’schen Thesen vor.
Das Kennenlernen von Marx und Friedrich Engels (überzeugend Stefan Konarske) steht anfänglich unter keinem guten Stern, doch bald werden sie zu Brüdern im Geiste. Ohne ihre starken Frauen (großartig Vicky Krieps und Hannah Steele) wäre das kluge Gerede aber gar nicht möglich gewesen. Am Ende verfassen sie zu viert "Das kommunistische Manifest".
Der Film ist manchmal unübersichtlich und manchmal auch langatmig wie ein historischer Kostümschinken. Trotzdem bleibt es ein anregender Einblick in das Leben dieses Denkers. Der Abspann – zu Bob Dylans Song
"Like A Rolling Stone" – zeigt dokumentarische Szenen auch von Menschen, die auf ihre Art die Ideale von Marx hochgehalten haben: Für soziale Gerechtigkeit zu kämpfen, hat ewige Gültigkeit.
Kino: "Der junge Karl Marx", D/F/B 2016, 120 Min.
OÖN Bewertung: