Große Gefühle, klare Standpunkte: Ein Mutmacher in unruhigen Zeiten

"Es steht gerade schlecht um Paradiese, aber keine Wünsche sind auch kein Weg." ("Und immer")

Eine unruhige Zeit voll Nervosität, Verängstigung und Abgrunddenken schreit förmlich nach klaren Standpunkten. Herbert Grönemeyer war immer so eine Stimme der Vernunft, die auch das Unbequeme nicht in Watte gepackt hat, weil sonst die Wirkung des Gesagten verloren gegangen wäre.

Jetzt meldet sich der 62-Jährige endlich wieder einmal musikalisch zu Wort. Sein neues Album "Tumult" ist politisch. Es hält einer Gesellschaft den Spiegel vor, fragt, wie es sein kann, dass so viele ihr Menschsein verleugnen und lieber Hass als Hoffnung schüren.

Grönemeyer öffnet aber keine neuen Gräben. Er wählt seine Worte mit Bedacht. Gelassenheit ist immer besser als Aufgeregtheit, die Ruhe zielführender, um sich ein klares Bild darüber zu machen, was da gerade wirklich rund um uns passiert. Wer nur auf die anderen hört, ohne zu hinterfragen, rennt auch nur blind hinterher. Es reicht halt nicht für eine Diskussion, wenn jeder Geisteskrampf einfach einmal gesagt wird, wie Grönemeyer singt. Auch wenn sich manch einer vielleicht eine noch deutlichere Sprache des Deutschen gewünscht hätte, so beschönigt Grönemeyer nicht. Es geht ihm schon um die Standfestigkeit von Meinungen. "Keinen Millimeter nach rechts, Verständnis ist nie schlecht", singt er in "Fall der Fälle". Seine politische Haltung ist in jedem Moment erkennbar, weil spürbar und klar wie deutlich formuliert.

Dass er für "Doppelherz" mit BRKN Deutsch und Türkisch singt, ist das Werk eines Brückenbauers. Wer im anderen die Bereicherung und nicht die Bedrohung sehen kann, erweitert seinen Blick. Heimat ist kein eng gefasster Begriff, den es vor dem Fremden zu schützen gilt. Heimat ist der Ort, nach dem sich alle Menschen sehnen und an dem wir uns gegenseitig Schutz geben. Diese Worte wirken, geben Mut. Denn: "Alles macht nur Sinn, wenn es mit uns gelingt", wie Grönemeyer in "Lebe mit mir los" singt. Musikalisch ist "Tumult" eine Rückkehr zu alten Tugenden. Großartige Arrangements, die Emotionen verstärken und auch zum Tanzen animieren.

Herbert Grönemeyer: "Tumult" (Vertigo)

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