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"Gleich mit der ersten Ausstellung bekam ich Probleme"

Von Peter Grubmüller, 23. Dezember 2016, 00:04 Uhr
"Gleich mit der ersten Ausstellung habe ich Probleme bekommen"
Stella Rollig hat für die Lentos-Sammlung das allererste Videokunstwerk gekauft. Bild: APA

Die ins Belvedere wechselnde Lentos-Direktorin Stella Rollig sprach im OÖN-Interview über ihre 13 Jahre in Linz.

Sie hat knapp 13 Jahre lang relevante Gegenwartskunst nach Linz gebracht. Am 16. Jänner wird Stella Rollig das Bundesmuseum Belvedere übernehmen. Im Gespräch mit den OÖN spricht Rollig über Anfangseuphorie, erste Enttäuschungen und ihr Durchhalten.

 

OÖNachrichten: Erinnern Sie sich noch, mit welchen Ideen und Utopien Sie im Mai 2004 das Lentos übernommen haben?

Stella Rollig: Ich mit einer ganzen Menge theoretischer Erfahrung hierher gekommen, aber völlig ohne Museumspraxis. Es war eine Art Revolutionsgeist: Welche Rolle spielt ein Museum in unserer Gesellschaft, welche Bedeutung haben Museen für die Gesellschaft und wie kann man sie emanzipatorisch befreien. Meine liebste Kunstepoche ist jene der 1970er-Jahre, von da an hat man Museen anders gedacht – das Museum wurde zum Lebensraum. Ich war also voll der feurigen Hoffnung, eine Neupositionierung des Lentos zu schaffen. Mit der ersten Ausstellung hab’ ich erfahren, dass das nicht so leicht wird.

Was ist passiert?

Es war für mich ein Riesenglück, dass ich Darren Almond gewinnen konnte, der für mich ein Star war. Ich dachte, für ihn würde ich Applaus bekommen. Das Pech war, dass in Linz niemand wusste, wer Darren Almond ist. Wir haben Bilder aus Gefängnissen übertragen und die Identität von Institutionen verhandelt, aber das war zu krass. Gleich mit der ersten Ausstellung habe ich Probleme bekommen. Umgekehrt war die Auswahl dieser Schau auch nicht sehr diplomatisch.

Mussten Sie sich damals zum Durchhalten in Linz zwingen?

Nein, ich habe bald gemerkt, dass die Antworten auf die Ausstellung nicht so waren, wie ich es mir gewünscht hatte. Ich bin ein sehr selbstkritischer Mensch und vermutete neben der undiplomatischen Auswahl, dass ich das Thema nicht gut vermittelt hatte.

Trotzdem haben die Linzer Stadtpolitiker versucht, Sie gleich wieder loszuwerden.

Persönlich haben sich die Politiker mit mir nicht auseinandergesetzt, das Thema wurde über die Medien ausgetragen. Es gestaltete sich aber nicht so explosiv, dass ich zum Weggehen gezwungen wurde. Zum Glück hat sich die Atmosphäre bald anders entwickelt.

Die Musumsdefinition des "International Council of Museums" lautet: "Eine nicht gewinnbringende, ständige Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, die für die Öffentlichkeit zugänglich ist und materielle Belege des Menschen und seiner Umwelt zum Zwecke des Studiums, der Erziehung und der Freude erwirbt, erhält, erforscht, vermittelt und ausstellt." Was löst das Lentos davon ein und wo hapert es?

Die Definition bezieht sich nicht nur auf Kunstmuseen, aber ich würde sagen, dass alleine "im Dienste der Gesellschaft und ihrer Entwicklung" meine größte Motivation war. Das Lentos sollte ein Medium sein, in dem sich Individuen angesichts der Kunst selbst erkennen. Es ging mir darum, auf Lebensrealitäten bezogene Kunst zu zeigen. Den Bereich des Erwerbs sehe ich auch mit einem weinenden Auge? Das Lentos hat ja ein geringes Ankaufsbudget. Zum Glück gab es in meiner Zeit auch Schenkungen, zum Glück gab es unseren Freundesverein, der uns großzügig unterstützt hat.

Wie viel Geld stand Ihnen für Ankäufe zur Verfügung?

Das Ankaufsbudget lag bei rund 100.000 Euro pro Jahr. Um diese Summe zu verstehen, muss man wissen, dass sie zum großen Teil aus einer Galerienförderung besteht. Das heißt, der Bund erhöht das Ankaufsbudget, wenn man etwa Werke von lebenden österreichischen Künstlern in österreichischen Galerien kauft. Das ist ein in weiten Teilen löblicher Ansatz, aber das bedeutet angesichts unseres Ankaufsbudgets, das zu weiten Teilen aus dieser Galerienförderung besteht, dass ich beim Erwerb gefesselt bin. Um in diesen Genuss zu kommen, kann ich nur Werke unbekannterer Künstler erwerben. Die meisten unserer Ankäufe kosten rund 15.000 Euro. Man kann sich ausdividieren, wie viel wir ankaufen konnten.

Wo liegen die Stärken der Sammlung des Lentos, wo die Schwächen?

Es ist heute ungewöhnlich, dass jemand wie ich 13 Jahre an einem Haus bleibt. Das heißt viele Direktoren können ihre eigene Sammlung gar nicht mehr kennenlernen. Ich war wenige Monate hier, da hab’ ich alle Sammlungskataloge des Lentos mit auf Urlaub genommen – das waren Kataloge von insgesamt sieben Kilo. Die Sammlung hat ihre größten Stärken in der Malerei und in der Grafik – wie etwa die gesamte Druckgrafik von Alfred Hrdlicka. Sie ist stark in der Popart. Allerdings gibt es gut wie keine Konzeptkunst oder Installationen. Ich habe für die Sammlung das allererste Videokunstwerk gekauft. Ich wollte dieses Standbein hier verankern, aber auch der Indentität des Hauses treu bleiben.

 

Stella Rollig

Sie wurde 1960 in Wien geboren und studierte Germanistik und Kunstgeschichte. Sie arbeitete beim ORF-Radio und als freie Kunstkritikerin für Zeitungen. Ab 1992 war sie Kuratorin des "museum in progress", ab 1994 Bundeskuratorin für bildende Kunst. Sie gründete das "Depot. Kunst und Diskussion" und lehrte in Deutschland, Kanada und Österreich (Kunstuni Linz). Im Mai 2004 übernahm sie die Leitung des Lentos, vor zwei Monaten berief sie Kulturminister Thomas Drozda zur Belvedere-Chefin.

 

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