Gerard MC: „Dialekt ist komisch“

Von Von Michael Vielhaber   30.November 2009

OÖN: Wie viel Geduld braucht man als junger Künstler, bis man die Anerkennung erfährt, die man sich wünscht?

Hoffmann: Ich habe längst aufgehört, darauf zu warten. Feedback freut mich immer. Ich mache mich aber wenig von Meinungen abhängig. Wenn ich auf Anerkennung warten würde, dann hätte ich meine Motivation wohl längst verloren.

OÖN: Ihr zweites, nun erschienenes Album „Blur“ hebt sich durch verspielte und elektronische Elemente von der Masse der Hip-Hop-Alben ab. Wie wichtig ist Ihnen Unverwechselbarkeit?

Hoffmann: Sehr wichtig. Mein Sound ist sicher nicht die Neuerfindung des Rades. Ich bemühe mich um meinen eigenen Stil. Das ist nicht einfach. Aber ich will mir einen breiten Zugang bewahren.

OÖN: Was hat es mit dem Titel „Blur“ auf sich?

Hoffmann: Der englische Begriff ist mit jenem Zustand gleichzusetzen, der nach einer durchzechten Nacht zurückbleibt. Im Deutschen gibt es dafür keinen Ausdruck. Auf dem Album dreht sich alles um einen Jugendlichen, der umherirrt. Jemanden, dem seine Situation allgemein unklar ist.

OÖN: Mit dem Anspruch, den Zustand einer ganzen Generation zu beschreiben?

Hoffmann: Nicht unbedingt. Es ist vielmehr eine Bestandsaufnahme. Wie geht man mit Herausforderungen um? Welche Zukunftsängste gibt es, und woher kommt diese Planlosigkeit?

OÖN: Man hört das in den Texten. Inwieweit sind sie autobiographisch?

Hoffmann: Es soll vorkommen, dass Leute glauben, mich aufgrund meiner Texte zu kennen. Dabei könnte alles fiktiv sein. Ich behalte immer die Kontrolle darüber, wie viel ich von mir preisgebe.

OÖN: Sie geben bei Twitter und Facebook allerdings offenherzig Details aus Ihrem Leben preis. Wie passt das zusammen?

Hoffmann: Heute wird nicht mehr nur die Musik verkauft, sondern der ganze Werdegang eines Künstlers. Ich selbst schätze die Arbeit von anderen Künstlern mehr, wenn ich weiß, warum was wie entstanden ist. Ich will die Leute am Entstehungsprozess teilhaben lassen.

OÖN: Sie sind mit 22 bereits gut in der Szene vernetzt. Wie schwer ist es, in diesem Geschäft als Talent Fuß zu fassen?

Hoffmann: Das ist in Österreich eigentlich nicht schwer. Wenn man den Leuten zeigt, dass man qualitativ dahintersteht und Fehltritte vermeidet.

OÖN: Was beeinflusst Ihre Musik?

Hoffmann: Ich bewege mich kaum noch in Hip-Hop-Kreisen. Jan Delay hat mal gesagt: Wer Hip Hop macht und nur Hip Hop hört, betreibt Inzest. Genau das ist es. Wer sich anderen Genres verschließt, der bewegt sich im Kreis.

OÖN: Als Insider: Wie ist es um die österreichische Hip-Hop-Szene bestellt?

Hoffmann: Was ich als qualitativ wertvoll empfinde, das kann ich an einer Hand abzählen. Das Problem an der österreichischen Musikszene ist generell, dass Künstlern oft die Motivation ausgeht. Weil sie merken, dass sie so viel hineinstecken und im Vergleich dazu sehr wenig zurückkommt. Ein Teufelskreis.

OÖN: Auf dem zweiten Album gibt es wieder Balladen. Dürfen Sie als Rapper eine Vorliebe dafür haben?

Hoffmann: Ich bin kein trauriger Mensch, aber ich bin ein Fan trauriger Musik. Das klingt zwar ausgelutscht, aber Schmerz ist immer eine große Motivation. Ich fange mit meinen Alben in Zeiten an, wo alles schiefläuft. Außerdem ist das Feedback auf traurige Nummern ganz anders. Wenn jemand sagt, dass er besoffen auf einer Party war und zu meinem Lied getanzt hat, dann ist mir das relativ egal.

OÖN: Warum verzichten Sie im Gegensatz zur Linzer Formation Texta auf Dialekt-Rap?

Hoffmann: Ich würde nie auf die Idee kommen, über einen frischen Beat in Mundart zu rappen. Ich habe das einmal zum Spaß probiert. Das funktioniert bei mir nicht. Ich denke hochdeutsch. Bei persönlichen Nummern ist Dialekt sowieso irgendwie komisch.

OÖN: Gibt es Themen, die für Ihre Texte Tabu sind?

Hoffmann: Nein. Wenn ich mich danach fühle, könnte auch das herauskommen, was Rammstein macht. Allerdings würde ich nie etwas namentlich machen. Oder Geheimnisse verarbeiten, die mir anvertraut wurden.

OÖN: Was halten Sie von Rappern, die in ihren Texten Gewalt verherrlichen?

Hoffmann: Grundsätzlich ist ja das Schöne an Hip Hop, dass jeder das machen kann, was er mag. Die Szene ist so vielschichtig. Wenn jemand wirklich auf der Straße und unter dem Einfluss von Gewalt aufwächst, dann ist es sein gutes Recht, das in seiner Musik zu verarbeiten.