Eine gemütliche Prozession von gierigen Gfrastern

Von Peter Grubmüller   12.Juli 2018

Volpone thront auf seinem roten Sofa über den Dächern des überschwemmten Venedig (Bühne/Kostüme: Kurt Pint). Dort redet er sich hinein in einen gierigen Rausch, aus der die Intrige des Stücks des Shakespeare-Konkurrenten Ben Jonson (1572–1637) in der adaptierten Übersetzung von Stefan Zweig (1881–1942) entspringt. Der reiche Mann stellt sich sterbenskrank, weil er ein Vermögen von Erbschleicher-Tölpeln einstreifen will, die darum wetteifern, dass er sein Testament zu ihren Gunsten verfasst. Wie sein aus dem Italienischen entlehnter Namensvetter, der Fuchs, stellt sich Volpone tot, um nach der Beute zu schnappen. So lange, bis ihn sein gerissener Diener Mosca, "die Schmeißfliege", selbst übers Ohr haut.

Die Premiere dieser rabenschwarzen Werteverfallsspirale ruckelte am Dienstag durch die Scheune des Stifts Wilhering. Wenige Tage zuvor hatte Regisseur Joachim Rathke selbst als Mosca einspringen müssen, weil Larius Phoulivong krankheitsbedingt ausgefallen war.

Es mag sein, dass dem Abend ob der Umbesetzung keine Flügel wachsen. Das edle Darsteller-Ensemble werkt und rackert, dennoch wirkt eine Szene um die andere wie bewältigt und nicht wie ineinander verwoben. Bei Günter Rainers Volpone ist kaum Gefälle zwischen unbeobachteter Fitness und simuliertem Endstadium auszumachen. Damit wird der Stoff einer Fallhöhe beraubt, auch wenn der Text mit steuerschonend angelegten Millionen auf Zypern, Acht-Stunden-Tag und über Facebook wie Twitter verbreiteter Krankheitsmeldung auf heute gebürstet wurde.

Der finale Betrug

Man verliert das Interesse an Volpones List, weil sie ihn selbst kaum zu interessieren scheint. Mosca verwächst mit ihm auch nicht zum Team, deshalb zündet der finale Betrug nicht.

Manuel Klein zerreißt sich komödiantisch als Corvino, der seine Frau Colomba (feine Dosis zwischen züchtig und verführerisch: Daniela Dett) dem alten Geilisten verschachert. Thomas Pohl stellt als Voltore ein gutes Rechtsanwalt-Miststück auf die Bühne. Katharina Hofmann spannt den Horizont der Edelprostituierten Canina vorzüglich von der fürsorglichen Mutter bis zur Flittchen-Diva, und Peter Woy brilliert als zorniger Banker Corbaccio, der für Kohle seinen Sohn (Thomas Kolle macht Tempo) verheizt. Lutz Zeidler als edler Richter mit Korruptionsbereitschaft bringt Farbe in die gemütliche Prozession, und Christian Bauer ist ein herzig zerzauster Carabiniere. Keineswegs ausgelassenes Klatschen nach zweieinhalb Stunden (mit Pause).

Fazit: Böse Komödie mit starken Darsteller-Leistungen, in der Humor eher abgefeuert statt behutsam angebahnt wird.

"Signore Volpone und seine Erbschleicher" von Jonson/ Zweig, Regie: J. Rathke, Scheune des Stifts Wilhering, Premiere: 10. Juli, Termine: 12.-14., 17.-21., 24.-29. Juli, Karten: 0699/10976739, theaterspectacel.at