Eine Weltstimme voller Güte und Kraft

Von Karin Wagner   03.September 2018

Es war ein Ereignis, mit dem die "Musiktage Mondsee" nach ihrer Eröffnung am Freitag gestern bei der Matinee ihre Fortsetzung fanden: Robert Holl sang im Schloss Mondsee. Und bei Schuberts Liedern durchlebte der Bass Emotionalität bis ins Letzte: tief erschütternde Trauer und nagende Sehnsucht, überschwängliche Heiterkeit und ruhiges Innehalten.

Jedes Wort fand seine Deutung, Akzentuierung und Färbung. Jede Emotion hatte ihren Klangraum. Eine Weltstimme. Es war ein philosophischer Schubert, der unter der phänomenalen Stimme Holls wie aus der Perspektive eines innig gelebten Lebens kam. Nicht abgelebt, sondern mit jeder Faser empfunden. David Lutz war der Nonplusultra-Partner am Klavier: unglaublich weich und wandlungsfähig seine begleitenden Akkorde, gesanglich und wohlgeformt die hervortretenden Motive. Auch hier konnte die Leidenschaft ins Bersten kommen, sodass mit dem Gesang eine selten gehörte Symbiose erwuchs und eins das andere trug. Die Liebe und ihre für Schubert typischen Schatten waren viel besungen, das Glück konnte sofort in sein Gegenlicht kippen; all dem gab sich Holl voller Empathie, Weisheit und Güte hin. Es ist Holls geniale Gabe, das Geheimnis eines jeden Liedes aufzumachen und die Zuhörenden in die Mitte dessen hineinzuziehen. Mit der Ode "Einsamkeit" (Johann Mayrhofer) gingen beide Künstler in die Erzählebene: Vom Grollen des Klaviers gepackt, bot Holl durchdringende Düsterkeit. Die Seligkeit der Einsamkeit erhob er zum Credo – demütig gegenüber Text und Musik. Fazit: Im Duo mit Lutz durchstreift Holl erschütternd die unerfüllten Sehnsüchte der Romantik.