Die Prager Symphoniker können viel mehr als Liszts "De profundis"
Großes Abo im Brucknerhaus: Liszts überschaubare Komposition als Stimmungshemmer, wunderbarer Suk machte alles wieder gut
Aus biografischer Sicht ist Franz Liszts "De profundis. Psaume instrumental pour orchestre et piano principal" gewiss ein beachtenswertes Werk. Es entstand 1834/35, als Liszt aus dem Wunderkind-Image herausgewachsen war und als junger Erwachsener seinen Platz in der Musikwelt behaupten musste. Dass Liszt "De profundis" nicht vollendete, hat erkennbare Gründe in gestalterischen Schwächen. Abgesehen von einigen Sequenzen, die aufhorchen lassen, handelt es sich um eine mäßig interessante Komposition, insbesondere im Orchesterpart ist der Einfallsreichtum überschaubar.
Daran kann leider auch ein großartiges Orchester wie die Prager Symphoniker nichts ändern, und nicht einmal ein herausragender Solist und Liszt-Experte wie Leslie Howard kann aus dieser Komposition mehr herauszaubern, als sie nun einmal bietet.
Auch im zweiten Teil des Konzerts bekam das Publikum ein eher selten gespieltes Werk zu hören, Josef Suks Sinfonie Nr. 2 in c-Moll mit dem programmatischen Titel "Asrael" (Engel des Todes). Musikalisch bietet aber dieses breit dimensionierte Werk des Dvorák-Schwiegersohns deutlich mehr. Petr Altrichter arbeitete mit den bestens disponierten Prager Symphonikern den tragischen Grundcharakter der Sinfonie in den düster verzweifelten und sanft elegischen Varianten eindrucksvoll heraus. Wunderbar die Soli der Konzertmeisterin, klangschön die choralartigen Blechbläserakkorde, spannungsreich das komplex gebaute Finale! Und am Ende belohnte Josef Suk mit einem erlösenden C-Dur.
Fazit: Liszts "De profundis" muss man nicht unbedingt spielen, aber mit Josef Suks "Asrael" stellten Petr Altrichter und die Prager Symphoniker erneut ihre hohe künstlerische Qualität unter Beweis.
Prager Symphoniker, Petr Altrichter, Leslie Howard (Klavier), Brucknerhaus, Großes Abo, 13. 11.