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Die Joker-Fratze des angebeteten Superhelden

11. November 2017, 00:04 Uhr
Die Joker-Fratze des angebeteten Superhelden
Salman Rushdie treibt den Wahnsinn der Herrscher auf die Spitze. Bild: Reuters

Golden House: Salman Rushdie jagt mit seinem neuen Roman durch die Schluchten der vulgären Realität.

Was wurde über die Bedeutung erster Sätze in der Literatur alles geschrieben und hineininterpretiert? Salman Rushdie entwickelt in "Golden House" ein eigenes Genre "erster Sätze". Sein Romananfang ist eine Kurzgeschichte: "Am Tag der Amtseinführung des neuen Präsidenten, als wir Sorge hatten, er könnte, während er Hand in Hand mit seiner außergewöhnlichen Frau durch die jubelnde Menschenmasse ging, ermordet werden, als so viele von uns wegen der geplatzten Hypothekenblase kurz vor dem wirtschaftlichen Ruin standen und als Isis noch eine ägyptische Göttin war, traf ein ungekrönter, etwa siebzigjähriger König mit seinen drei mutterlosen Söhnen aus einem fernen Land in New York City ein, um seinen Palast im Exil zu beziehen, dabei verhielt er sich, als gäbe es an dem Land oder an der Welt oder an seiner eigenen Geschichte nichts auszusetzen, und begann wie ein gütiger Herrscher, seine Nachbarschaft zu regieren – doch trotz seines charmanten Lächelns und der Fähigkeit, seine Guadagnini-Geige von 1745 zu spielen, trug er ein schweres, billiges Parfüm, den unverkennbaren Geruch von krasser, despotischer Gefahr, diese Art Duft, der uns warnt, hüte dich vor diesem Kerl, er könnte jeden Augenblick deine Hinrichtung anordnen, wenn du zum Beispiel ein T-Shirt anhast, das ihm nicht gefällt, oder wenn er mit deiner Frau schlafen will."

Unglaubliches Söhne-Trio

Der Präsident ist Obama, beim ungekrönten König denkt man an Donald Trump, aber gemeint ist der aus Indien stammende Bauunternehmer Nero Julius Golden. Ein Name, der in seinem Pomp die irre Anmaßung seines Trägers im alten Rom spiegelt.

Nach Neros "Domus aurea" tauft Golden sein Domizil, das titelgebende Golden House. Auch die drei Söhne tragen Namen aus dieser Epoche: Petronius, genannt Petya, Apuleius (abgekürzt Apu) und Dionysus, zu dem alle D sagen. Die Mutter wurde bei einem Attentat islamistischer Terroristen in Mumbai getötet. Sie alle treten, obwohl teils schon über 40, aus dem Schatten des Patriarchen erst spät und dann zu ihrem Schaden heraus. Was man über sie erfährt, ist unglaublich: Der inselbegabte Autist Petya ist ein begnadeter Computerspiele-Erfinder und hat zig Millionen verdient. Der Künstler Apu ähnelt in seiner Arbeit Salvador Dalí, und D zaudert zwischen männlicher und weiblicher Identität.

Über ihnen thront die junge Russin Vasilisa, die intrigant den alten Nero heiratet und Macht über die Familie gewinnt. Mit den drei Söhnen und schließlich auch mit dem Vater freundet sich der Erzähler und Schriftsteller René an, der von Vasilisa obendrein ein überraschendes Angebot zu erwarten hat. René will gleichzeitig ein Buch und ein Drehbuch schreiben.

Das Buch Rushdies, das der Leser in Händen hält, ist eine Art Making-of. Es ermächtigt den Autor und Erzähler, unzählige Bezüge zu alten Filmen unterzubringen, die den Leser unter einer Lawine von Anspielungen begraben. Trump erscheint am Rande, verfremdet zum Joker aus "Batman", dessen Frisur grün statt orange leuchtet. René und seine Freundin drehen kurze Filme, in denen der Joker von Batwoman fertiggemacht wird und für die sie millionenfach gelikt werden. Am Ende wird der Patriarch seine drei Söhne verloren haben. Dafür gewinnt er einen vierten.

Rushdie zeigt überbordend, was er kann – sarkastisch, seherisch und trotz aller Düsternis humorvoll. (pg)

Salman Rushdie: "Golden House", Roman, C. Bertelsmann, 512 Seiten, 25,70 Euro.

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