Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Der U-Bahn-Geiger

03. August 2018, 00:04 Uhr
Der U-Bahn-Geiger
Als Model für Calvin Klein ist er auf dem Laufsteg unterwegs. Bild: privat

Er studierte in Linz, steht als Geiger auf den Bühnen der Welt und als Model auf dem Laufsteg. Am 9. August ist Filip Pogády (31) in Bad Schallerbach zu Gast. Über seine Erlebnisse, wenn er in den U-Bahn-Stationen New Yorks Bach spielt, hat er mit Karin Schütze gesprochen.

Ein Gespräch über Publikumsängste und die Kraft von Musik an ungewöhnlichen Orten.

Sie haben mit acht Jahren an der Bruckner Universität zu studieren begonnen. Welche Erinnerung haben Sie an Linz und an diese Zeit?

Filip Pogády: Ich habe nichts als die besten Erinnerungen an meine Kindheit in Linz und an meine Zeit an der Bruckneruni. Hier habe ich sowohl meine Schulzeit verbracht als auch meine ersten musikalischen Erfolge gefeiert. Ich erinnere mich sehr gerne an diese Zeit. Es ist schon eine Weile her, dass ich in Österreich gespielt habe, also freue ich mich auf dieses Konzert ganz besonders.

Sie unterstützen Yehudi Menuhins Stiftung "Live Music Now", die Musik in Kinderheime, Spitäler, Altersheime und Gefängnisse bringt. Wie sind Sie dazu gekommen?

Ich war immer der Ansicht, dass Musik für alle zugänglich sein sollte. Die Wirkung von Musik ist noch offensichtlicher, wenn man sie aus dem Konzertsaal direkt zu den Menschen bringt. Ich habe über 50 Konzerte für "Live Music Now" gespielt, und jedes einzelne dieser Konzerte war etwas Besonderes. Im September dieses Jahres spiele ich eine Konzerttournee in Australien in Zusammenarbeit mit der Organisation "Mad Music" und der Stadt Sydney, während derer unter anderem auch Konzerte in Obdachlosenheimen und psychiatrischen Anstalten geplant sind. Es ist also ein Zweck, für den ich auch weiterhin sehr engagiert bin.

Gibt es einen Ort, an dem Sie unbedingt einmal spielen möchten?

Solange die Energie stimmt, ich mich auf der Bühne wohlfühle und ein interessiertes Publikum vor mir habe, ist mir der Ort unwichtig.

Sie spielen auch Bach in den U-Bahn-Stationen in New York. Wie reagieren die Menschen?

Für mich war es nur eine logische Weiterführung der Idee von "Live Music Now"! Der Konzertsaal kann auf den nicht-klassischen Zuhörer befremdlich wirken, und das Risiko eines Fauxpas ist allgegenwärtig: Wann soll ich klatschen? Sind Jeans und T-Shirt okay? Wie viel Enthusiasmus beim Applaus ist angebracht? All diese Ängste sind plötzlich verschwunden, wenn man Musik in der U-Bahn hört. Musik ist plötzlich einfach nur Musik und repräsentiert nichts als sich selbst. Sie wird nicht auf eine kulturelle Veranstaltung reduziert, für die man sich schön anziehen kann. Diese Menschen haben keine Erwartungshaltung, wenn sie Bachs Musik hören, weil sie höchstwahrscheinlich gar nicht wissen, was sie da gerade hören. Keine angezwungene Wertschätzung, ein leeres Blatt Papier – nur eine komplett unvoreingenommene Meinung. Deshalb bekommt man nur die ehrlichsten Reaktionen, und erst dann wird einem bewusst, wie machtvoll diese Musik ist.

Werden Sie in der U-Bahn erkannt?

Es passiert schon manchmal, dass ich erkannt werde, aber da klassische Musik nicht Teil der Mainstreamkultur ist, hält sich der "Justin-Bieber-Effekt" in Grenzen.

Ihre Geige ist eine mehr als 300 Jahre alte Leihgabe. Mit welchen Gefühlen nimmt man so ein Instrument in die Hand?

Ein altes Meisterinstrument ist immer etwas Besonderes. Vor allem, wenn man es über längere Zeit hinweg spielt, wird man zum Teil der Geschichte dieses Instruments, was einem unweigerlich den Sinn eines historischen Kontinuums gibt. Man bedenke, dass Bach 19 Jahre alt war, als diese Geige gebaut wurde. Andererseits, denke ich, sollte man einer Geige, egal wie wertvoll oder wertlos sie sein mag, immer mit einer gewissen Wertschätzung und Respekt gegenübertreten, allein dafür, was sie repräsentiert. Ein Musikinstrument ist ein unglaubliches menschliches Kulturerbe, und dessen bin ich mir jedes Mal bewusst, wenn ich den Geigenkasten aufmache.

Was denken Sie: Klingen alte Geigen wirklich schöner?

Für mich gibt es nur zwei Arten von Geigen: gute und schlechte. Auch zu Stradivaris Zeiten gab es Geigenbauer, die schlechte Instrumente gebaut haben. Ich habe viele moderne Instrumente gespielt, deren Klangeigenschaften mir besser gefallen haben als die von alten italienischen und teilweise auch sehr berühmten Geigenbauern. Dass die besten alten italienischen Meisterinstrumente von Stradivari oder Guarneri von einer gewissen Aura umgeben sind und sehr viele fantastisch klingen, will ich nicht bezweifeln. Ich habe auf ein paar der besten und teuersten Instrumente der Welt gespielt, und dass diese Instrumente klanglich etwas ganz Besonderes sind, steht außer Frage. Jedes Instrument hat seine eigene Persönlichkeit. Man muss eben ein Instrument finden, mit dem man als Musiker kompatibel ist.

Sie haben noch einen Beruf: Wie wird man Model für Calvin Klein?

Es ging alles sehr schnell. Während meiner Studienzeit in New York wurde ich von mehreren Menschen auf der Straße gefragt, ob ich Model bin. Das gab mir zu denken, und ich entschloss mich, mein Glück zu versuchen und ein paar Model-Agenturen anzuschreiben. Zu meiner großen Überraschung bekam ich gleich am nächsten Tag einen Anruf von einer der renommiertesten Model-Agenturen der Welt. Drei Tage später war ich unter Vertrag, und Calvin Klein passierte kurz darauf. Die Welt des Modelns war und ist eine tolle Erfahrung für mich und hilft mir auch, meine Musik einem breiteren Publikum vorzustellen. Wenn es um Prioritäten geht, hat die Musik aber ganz klar die Oberhand.

In Bad Schallerbach spielen Sie Werke von Gabriel Fauré, César Franck und Ernest Chausson. Was fasziniert Sie an der Musik dieser französischen Romantiker?

Französische Musik hat für mich immer eine gewisse mysteriöse, dunkle Qualität, aber gleichzeitig auch eine überwältigende, ja fast gewaltsame Leidenschaft. Dies spiegelt sich vor allem in Chaussons "Poème" wider. Es ist eines meiner absoluten Lieblingsstücke und wurde dem berühmten Violinvirtuosen Eugène Ysaye gewidmet – ein weiterer Musiker, den ich sehr schätze. Auch die Violinsonate von César Franck wurde ironischerweise diesem Geiger gewidmet. Von ihr gibt es mehrere Versionen, eine für Bratsche und auch eine für Violoncello. Die Geigenversion, die im Konzert in Bad Schallerbach zu hören sein wird, ist jedoch das Original – und meiner Meinung nach die beste.

Würden Sie sich als romantisch bezeichnen?

Ich denke, als Musiker muss man einen Sinn fürs Romantische oder zumindest eine romantische Seite haben. Die Frage ist nur, wie sehr nach außen hin sichtbar sich diese Seite der Welt offenbart.

 

Leben: 1987 in Bratislava geboren, übersiedelte Filip Pogády mit vier Jahren nach Österreich. Mit acht Jahren begann er sein Geigenstudium an der Linzer Bruckneruni, mit elf debütierte er im Wiener Konzerthaus. Er studierte u. a. bei Pinchas Zukerman und ist Mitglied von Yehudi Menuhins Stiftung "Live Music Now". Der 31-Jährige lebt in New York.

 

Konzert: Am 9. August ist Filip Pogády in Bad Schallerbach zu Gast. Mit Pianistin Yuliya Balabicheva spielt er Werke der französischen Romantik. Atrium Europasaal, 19.30 Uhr, Karten: 07249 420 710, info@vitalwelt.at, musiksommerbadschallerbach.at

Wir verlosen 3x2 Karten: Hier geht's zum Gewinnspiel

 

mehr aus Kultur

Zu Bruckners 200er: Gratis-Open-Air auf dem Linzer Hauptplatz

OÖN-Gesundheitstour: Heute ist "Tag der Wechseljahre" in Steyr

Franz Welser-Möst, der Weltstar ganz nah

Komödie „Alles in bester Ordnung“: Wenn das "Lieber aufheben" überhand nimmt

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

1  Kommentar
1  Kommentar
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
HansPeter33 (41 Kommentare)
am 03.08.2018 11:42

Eine wirklich außergewöhnliche Laufbahn. Der Mann hat scheinbar den Jackpot gezogen: Begabt, gutaussehend und viel um die Welt gekommen und einen guten Verdienst.

lädt ...
melden
antworten
Aktuelle Meldungen