"Der Star bin nicht ich, es sind die Songs"

Von Lukas Luger   14.September 2018

Als Teil des schwedischen Pop-Duos Roxette schrieb Per Gessle Superhits wie "The Look", "Joyride" oder "It Must Have Been Love". Für seine jetzt erschienene neue Solo-LP "Small Town Talk" reiste der 59-Jährige nach Nashville und tauchte tief in die Country-Szene ein. Ganz loslassen kann Gessle seine alte Band aber nicht: Am 18. Oktober gastiert er mit Roxette in der Wiener Stadthalle – allerdings ohne Marie Fredriksson, die nach einer Gehirntumor-Operation nicht mehr dabei sein kann.

 

OÖN: Ein waschechtes Country-Album im Herzen von Nashville einzuspielen - war dies ein lebenslanger Traum von Ihnen oder eine spontane Aktion?

Per Gessle: Irgendwie eine Mischung aus beidem. Ich liebe seit Ewigkeiten Künstler wie Kris Kristofferson oder Townes van Zandt – die alten Country-Sachen. Aber auch Rockbands mit Country-Einfluss wie The Byrds, Tom Petty & The Heartbreakers oder Creedence. Der vorrangige Grund warum ich "Small Town Talk" machte war aber, dass Marie Anfang 2016 Roxette aufgeben musste. Ich wollte danach etwas komplett anderes machen, nahm ein akustisches Album auf Schwedisch auf.

Das hat mit Nashville jetzt aber noch nichts zu tun...

Meine Mutter, mein Bruder und meine Schwester starben innerhalb von drei Jahren. Ich flüchtete vor dem Schmerz nach Nashville. Die Songs, die ich in dieser Zeit schrieb und die auch das Rückgrat von "Small Town Talk" bilden, waren allesamt in Schwedisch. In Nashville habe ich sie mit einer Bekannten übersetzt und neu eingespielt. Das war eine fantastische Erfahrung. Jeder in dieser Stadt hat auf die eine oder andere Weise mit Musik zu tun. Die Qualität der Musiker, mit denen wir dort arbeiten konnten, war einzigartig.

Fanden Sie auf Ihrem Trip Gemeinsamkeiten zwischen schwedischer Popmusik und dem Südstaaten-Americana?

Diese alte Countrymusik und die schwedische Musik haben in der Tat eine wichtige Gemeinsamkeit: alles dreht sich einzig und allein um die Melodie! Es geht nicht um einen lässigen Groove oder einen tollen Beat, sondern nur um die Qualität des Songwritings.

Für den Titelsong konnten Sie New-Wave-Legende Nick Lowe als Duettpartner gewinnen. Ein alter Kumpel von Ihnen?

Er ist seit den 70ern einer meiner großen Helden, getroffen hatte ich ihn aber zuvor noch nie. Ich schrieb seinem Manager eine E-Mail mit dem Song – und zu meiner großen Überraschung meldete sich Nick am nächsten Tag. Er flog sogar extra nach Stockholm und wir verbrachten zwei wundervolle Tage miteinander. Ein echter "Sir"!

Im Oktober kehren Sie als "Per Gessle’s Roxette" zurück nach Österreich. Was dürfen die heimischen Fans erwarten?

Österreich war eines der ersten Länder, die Roxette unterstützten. Als Musiker willst du immer dort spielen, wo du weißt, dass nette Leute kommen. Dieses Mal wird es besonders. Ich und meine fünfköpfige Band, die auch auf "Small Town Talk" spielt, haben eine Pedal Steel, eine Dobro und eine Violine mit dabei. Es wird nicht einfach "klassisch Roxette", nur ohne Marie. Der Star bin nicht ich, es sind die Songs. Das Erste, was Marie mir sagte, nachdem sie mir eröffnet hatte, dass sie aussteigen wird, war, dass ich mit Roxette weitermachen muss. Wie, das konnte ich mir ewig nicht vorstellen. Mit dieser Band kann ich es.

Welche Songs werden in Wien auf der Setlist stehen?

80 Prozent Roxette, dazu ein paar Solo-Songs. Wir fangen aber erst diesen Samstag zu proben an, also weiß ich es ehrlich noch nicht. Die erste Setlist, die ich probeweise erstellt habe, umfasste blöderweise 72 Songs (lacht). Es existieren ja so viele Roxette-Stücke, die wir bis jetzt nie live gespielt haben, etwa "Milk And Toast And Honey".

Am 5. Oktober erscheint zum 30. Jahrestag der Veröffentlichung von "Look Sharp" eine Deluxe-Edition des Durchbruchalbums von Roxette. Ist Marie in dieses Projekt involviert?

Nein, Marie ist nicht involviert. Sie braucht ihre Ruhe und das ist zu respektieren. Ich habe mich durch die Archive gewühlt und einige unveröffentlichte Songs gefunden, die in dieser Zeit entstanden sind . Auch ein paar uralte VHS-Aufnahmen sind wieder aufgetaucht. Diese sind aber fürchterlich anzusehen, glauben Sie mir (lacht). Wir waren jung, schlank und hatten sogar noch volles Haar! Und alle rauchten ununterbrochen. Was für eine Zeit! Aber die Fans werden sicher ihren Spaß daran haben.

 

CD-Tipp & Konzert: Per Gessles neues Solo-Album "Small Town Talk" (BMG/Warner) ist ab sofort im Handel erhältlich. Am 18. Oktober gastiert er als "Per Gessle’s Roxette" in der Stadthalle in Wien.