Bitte einsteigen in das sich flott drehende Gedankenkarussell!

Von Silvia Nagl   05.Mai 2018

Der gute alte Louis de Funès hätte seine Freude gehabt am turbulenten, intensiven, beeindruckenden Schau-, Mimik-, Körper- und Sprachspiel von David Fuchs (als Daniel) und Marion Reiser (als Isabelle), denen der Spaß am komödiantischen Treiben anzusehen ist und schnell ins Publikum überschwappt. Großartig, wie David Fuchs schweißtreibend und konditionsstark wie in einer Hommage an Funès agiert: zum Zerkugeln! Und wie Marion Reiser gekonnt ein beleidigtes Schnoferl zieht, oder Zweifel äußernd die Stirn in Falten legt und blitzschnell wie eine Viper spitze Worte prasseln lässt.

Das Stück des Franzosen Florian Zeller ist eine flott geschriebene Komödie mit Wortwitz, wie auch seine beiden bereits im Theater Phönix gezeigten Werke "Die Lüge" und "Die Wahrheit". Nun also der dritte Zeller-Streich im Phönix: "Die Kehrseite der Medaille", die mit dem dramaturgischen Kniff aufwartet, auch die Gedanken der Akteure hörbar zu machen. Und das muss erst einmal auf einer Bühne umgesetzt werden: Das geschieht hier auf geschickte Art teils per Tonband, teils aber wenden sich die Schauspieler direkt dem Publikum zu. Regisseurin Caroline Ghanipour zeigt Gespür für Situationskomik, sie macht Tempo, hudelt aber nicht, was gut ist, denn sonst könnte das Ganze auch in Outrage kippen. Sie führt die Figuren genau, denn es bedarf schon großer Konzentration, um das Gesprochene und das Gedachte auch optisch zu trennen. Gekonnt nutzt sie den wunderbaren Bühnenraum, den Georg Lindorfer als einen geschmackvoll eingerichteten, loftartigen Wohn(t)raum samt Küche, Badezimmer, Treppenhaus und sogar Aufzug gebaut hat: sofort einziehbereit!

Als bei Daniel und Isabelle deren alter Freund, der gerade geschiedene Patrick – Markus Hamele gibt ihm arrogante Distanziertheit – mit seinem 20 Jahre jungen Gspusi – Nadine Breitfuß selbstbewusst agierend als Klischee-Blondchen – zum Essen eingeladen ist, geht’s rund in diesem Gedankenkarussell: Bitte einsteigen und festhalten, weil es manchmal wirklich zum Brüllen komisch ist. Alles oder zumindest sehr vieles davon schon selbst gedacht, gemacht, erlebt, gehört, vermutet!

Großes Vergnügen auf hohem Niveau. Schade nur, dass im Programmheft nicht aufscheint, von wem die kongenial passende Zwischenmusik (Jaja, "Je t’aime" kennen wir schon...) stammt.

Theater: "Die Kehrseite der Medaille" von Florian Zeller; Linzer Theater Phönix, Premiere am 3. Mai; Weitere Termine und Karten: www.theater-phoenix.at; Tel. 0732 / 666 500

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