Bauch trieb Fotograf nach Berlin, sein Talent nach New York

Von Helmut Atteneder   03.Februar 2015

Es war vor sieben Jahren, da hatte Florian Reischauer so ‘n Bauchgefühl. "Geh nach Berlin", sagte der Bauch, "da warst du noch nie, aber das könnte irgendwie zu dir passen." Der Bauch hatte recht, denn der mittlerweile 29-jährige gelernte Fotograf aus dem kleinen Eitzing bei Ried im Innkreis (740 Einwohner) fühlt sich in der trashigen, kratzigen, modernen und schnellen 3,5-Millionen-Stadt wohl.

Was er mag, das ist das Leben in den Kiezen, das so unterschiedlich ist, wie die Menschen, die dort wohnen. Auf diese Menschen hat er es abgesehen. Mit einer alten Agfa aus den 1960er-Jahren in Händen, spricht er Wildfremde an. Mit einem Kauderwelsch aus Innviertler Dialekt und Berliner Schnauze "Darf ich mal ‘n Foto von dir schießen?"

‘N Foto steht für exakt ein Bild

Wobei "n" für exakt eins steht. Ein einziges Foto mit der altersschwachen und fehlerhaften – weil bereits lichtundichten – Kamera macht das Ergebnis zum spannenden Spiel mit dem Zufall. Oder, frei nach Forrest Gump: "Ein Foto ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man bekommt."

Reischauer hat aus den bereits rund 500 Menschenbegegnungen einen vielbeachteten Fotoblog (www.piecesofberlin.com) samt Buch mit Kurzinterviews veröffentlicht.

Mit seiner jüngsten Arbeit geht der Produktionsassistent gleichsam zurück in seine Heimat und ganz weit fort – in die Weltstadt New York. Dort, im Deutschen Haus, ist derzeit seine Fotocollage "Grüss Gott – A Fairy Tale" ausgestellt. Zu sehen sind Menschen, Gebäude und Landschaften seiner Heimat – es war einmal in Eitzing eben: Helmut, der Feuerwehrmann, Johanna, die Musikerin, eine Bäuerin, ein Marterl samt Sitzbank, der Herrgottwinkel im Wirtshaus.

Ein Märchen aus Eitzing in NY

"Der Betrachter soll sich aus den Bildern sein eigenes Märchen zusammenstellen", sagt Reischauer. Die Situationen hat er mit einer analogen Spiegelreflexkamera eingefangen. Digitale Fotografie per se will der Fotokünstler nicht verdammen, aber: "Digital fotografieren hat etwas von Todschießen. Du machst 30 Bilder, und damit verliert jede Situation den Reiz des Besonderen."

Etwas Besonderes ist auch Eitzing geblieben. "So in etwa" drei Mal im Jahr kommt er heim, besucht Eltern und Schwester Johanna. Gut möglich, dass ihn dann wieder so ‘n Bauchgefühl befällt und daraus ein viel beachtetes Fotoprojekt entsteht.

 

"Ausstellung Grüss Gott - a fairy tale"

Noch bis zum 28. Februar ist die Ausstellung „Grüß Gott – A Fairy Tale“ von Florian Reischauer im Deutschen Haus in New York zu sehen. Den Kontakt in die Weltstadt hat sein Schulkollege Klaus Stimeder aus Obernberg am Inn hergestellt.

Stimeder begründete unter anderem das Magazin Datum. 2010 wanderte er in die USA aus, wo er als Joseph Martin Stim als freier Journalist und Autor lebt.