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Abschied von der riesigen Spielwiese

Von Silvia Nagl, 09. Juli 2016, 00:05 Uhr
Abschied von der riesigen Spielwiese
Rainer Mennicken zieht von Linz nach Lübeck. Bild: Weihbold

Rainer Mennicken zieht Bilanz über seine zehnjährige Landestheater-Intendanz.

Beharrlichkeit nennt er als eine für ihn typische Eigenschaft. Die hat Rainer Mennicken auch gebraucht, um in den zehn Jahren seiner Intendanz am Linzer Landestheater jene Projekte zu verwirklichen, die dem Publikum längst zur Selbstverständlichkeit geworden sind. Gestern erhielt Mennicken für seine Arbeit das Goldene Verdienstzeichen des Landes Oberösterreich, am Abend wurde er gebührend gefeiert.

 

OÖNachrichten: Nach zehn Jahren haben Sie per 8. Juli Ihre Intendanz-Tätigkeit am Landestheater beendet. Ist da auch etwas Traurigkeit dabei?

Rainer Mennicken: Es gibt keinen Grund zur Trauer! Es ist ein abgeschlossenes Kapitel, nun kommt ein neues. Das Ergebnis der zehn Jahre war großartig, und am Ende bleibt, dass ich hier eine große, tolle Aufgabe befriedigend gelöst habe. Ich habe die spektakulären Möglichkeiten dieses Theater-Konstruktes genutzt – mit meinen Möglichkeiten, mit Investition an Kraft, Zeit und Fantasie. Natürlich werde ich manche Kolleginnen und Kollegen vermissen, aber der Kontakt kann ja bestehen bleiben. Ich habe dieses "Joch" mit Begeisterung getragen – freue mich aber jetzt auch über die Freiheit! (lacht)

Sie begeben sich nun tatsächlich in den Ruhestand?

Es ist eben so, dass man ab einem bestimmten Alter in den Genuss der Segnungen des Sozialstaates kommt. Ich habe aber den Wunsch, Neues zu tun und zu lernen. Ich will mich mit Kunstgeschichte und bildender Kunst beschäftigen. Dafür fehlte mir in 42 intensiven Theaterjahren die Zeit.

Wohin zieht es Sie?

Nach Norden, nach Lübeck. Ich habe erstmals in meinem Leben die Möglichkeit, einen Lebensmittelpunkt in Abstimmung mit meiner Frau auszusuchen. Ich wollte nur nicht an einen Ort, wo ich schon einmal war.

Was bleibt als besonders strahlender, glücklicher Moment aus Ihrer Zeit in Linz?

Eindeutig jener Moment mit 150 Leuten auf der Bühne bei der Eröffnungsfeier des Musiktheaters. So etwas ist nicht wiederholbar.

Worin sehen Sie Ihre wesentlichsten Verdienste um das Landestheater?

Ich bin jemand, der gerne Vorschläge macht. Das klingt vielleicht unkonkret. Aber die Ergebnisse einiger Vorschläge können sich sehen lassen. Die Verdienste sollen andere beurteilen! Dieses Theater-Konstrukt ist eine riesige Spielwiese, sie habe ich zu nutzen versucht. Und das Schöne daran war, dass mir nie jemand Knüppel zwischen die Beine geworfen hat.

Das könnte aber auch Ergebnis Ihrer diplomatischen Art sein?

Ich nenne das eher Beharrlichkeit! Dass es dieses Musiktheater gibt, ist ein Wunderwerk, bei dem alle Menschen, die hier arbeiten, mitgemacht haben. Ich denke, wir haben so etwas wie eine kollegiale Arbeitskultur im Hause. Und ich sehe mich als Kommunikator.

Diese Anfangseuphorie aller Mitarbeiter dauert nun schon drei Jahre lang an. Glauben Sie, sie hält weiterhin?

Ich glaube, dass alle Kolleginnen und Kollegen im Landestheater aus diesem emotionalen Schub, der ihnen vom Publikum entgegenkommt, Kraft schöpfen. Natürlich geht es in die Knochen, was hier täglich geleistet wird. Und als Intendant braucht man ein Augenmaß. Es ist beispielsweise so, dass in der jetzt laufenden Spielzeit 100 Veranstaltungen weniger auf dem Spielplan stehen als die Saison davor. So etwas steuert man schon im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Kapazitäten.

Welche künstlerischen Ereignisse bleiben Ihnen in besonderer Erinnerung?

Großartig war die Arbeit von Daniela Kurz in Linz: "Orphée" von Philip Glass noch im Theater an der Promenade, dann 2015 Kaija Saariahos Oper "L’amour de loin" im Musiktheater. Unvergesslich sind auch manche Inszenierungen von Olivier Tambosi, dann "Die Spuren der Verirrten" zur Eröffnung. Für mich persönlich ist die Regieführung immer wichtiger geworden, und es ist wunderbar, dabei von der Kollegenschaft derart unterstützt zu werden. Und jetzt, am Ende meiner Intendanz, habe ich mir einen Herzenswunsch erfüllt und "Hänsel und Gretel" samt Bühnenbild gemacht!

Gibt es auch Selbstkritik?

Ja, die gibt es jeden Tag. Ich habe mir beispielsweise erwartet, dass Barockoper besser greift. Mein Umgang mit der Operette war nicht sehr geglückt. Ich muss das Geständnis ablegen, dass die Operette nicht meinem Herzenswunsch entspricht, dennoch habe ich versucht, intelligente und pfiffige Regie-Persönlichkeiten damit zu betrauen. Die "Gräfin Mariza" war wohl die beste Inszenierung in den letzten zehn Jahren – manches aber ist leider missglückt.

Sie wurden als größenwahnsinnig bezeichnet, danach als risikofreudig bejubelt: das Großprojekt "Ring"...

... gehört zum Linzer Theaterwunder! Die Prognosen waren mau. Wir wurden als wahnsinnig bezeichnet. Das sei überzogen für das Haus, das Ensemble usw. Wir haben es trotzdem riskiert, weil es dieses tiefe Bedürfnis gab, diesen musikalischen Brocken adäquat zu stemmen. Und das alles auch noch im Zeitraum von zwei Jahren. Ja, wir waren wirklich wahnsinnig! Doch nachher kam so viel Zustimmung – von allen Seiten.

Was wünschen Sie dem Landestheater für die Zukunft?

Dass der Umbau an der Promenade termingerecht funktioniert. Dass dieser Schwung, den wir entfachen konnten, anhält. Dass das Vertrauen des Publikums Bestand hat. Dass man vom Linzer Landestheater weiterhin in Frankfurt, Hamburg, Berlin usw. hört und liest. Ich bin da guter Dinge! Denn meine wesentliche Erfahrung hier ist, dass die Offenheit und Versessenheit des Kulturpublikums in diesem Land unvergleichlich ist.

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3  Kommentare
3  Kommentare
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Biene1 (9.482 Kommentare)
am 09.07.2016 18:10

Herr Mennicken ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft und sie das eine oder andere Mal im Musiktheater anzutreffen. Sie haben uns viele schöne Abende beschert.

Es wird seltsam sein, künftig die Premierenfeiern ohne sie zu verbringen ...

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GunterKoeberl-Marthyn (17.923 Kommentare)
am 09.07.2016 13:42

Sehr geehrter Herr Köberl,
zunächst möchte ich Sie um Pardon bitten für die Verzögerung meiner Antwort – aber es ist wirklich sehr viel zu tun in diesen Wochen und Monaten, die ganz im Zeichen der Inbetriebnahme eines großen neuen Theaters stehen.

Dann möchte ich sagen, dass mich der offene Herzenston Ihrer Ausführungen sehr angerührt hat.

Es spricht großer Enthusiasmus aus Ihren Zeilen, den ich sehr zu schätzen weiß.

Vielleicht wissen Sie ja auch aus anderen Zusammenhängen dass ich ein kooperativ gestimmter Mensch bin und manche Tür für Interessen geöffnet habe, die früher am Linzer Landestheater nicht zum Zuge kamen.

Umso schwerer fällt es mir, die für Sie harten Tatsachen ins Feld zu führen.

Das Termingeflecht unserer neuen großen Bühne weist bis 2016 (so lange bin ich hier noch zuständig) keine Lücken auf, die für die Implementierung eines mehrtägigen Wagner Gastspiels aus Wels geeignet wäre.

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GunterKoeberl-Marthyn (17.923 Kommentare)
am 09.07.2016 13:48

Und noch deutlicher: wir beginnen im Oktober dieses Jahres mit dem RING DES NIBELUNGEN. Das Unternehmen zieht sich bis ins Frühjahr 2015 – mit drei Zyklen! Nach heutigem Planungsstand 36 Aufführungen!

Ich hoffe, dass Sie ein gewisses Verständnis dafür aufbringen, dass wir uns hier in Linz darauf konzentrieren müssen.

Ich wünsche Ihnen unabhängig von unseren hiesigen Unternehmungen, dass es gelingt, die Welser Wagner Festspiele am Leben zu halten

und grüße Sie freundlich!
Rainer Mennicken

Dieser Brief zeigt deutlich, welche Persönlichkeit Intendant Rainer Mennicken war und dem kleinsten Kulturschaffenden auch eine Antwort zukommen hat lassen!

Darum verleihe ich den Titel "Menschenfürst" an Intendant Rainer Mennicken und wünsche von ganzem Herzen, dass wir noch viele Inszenierungen von ihm sehen werden und er zu dieser Schaffenskraft sich bester Gesundheit erfreuen darf! DANKE

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