Abrechnung mit Musik

Von Peter Grubmüller   16.Jänner 2015

"Du trinkst nicht, du isst nicht, du hast keine Wechseljahre" – das sagt eine Frau in den besten Jahren, um das Unmenschliche eines Klaviers zu entblößen. Die Frau ist seit zehn Jahren Witwe, ihr Mann war ein von Gott und der Welt gefeierter Pianist. Heute ist der Tag, an dem sie sich von dem schwarzen Monstrum trennt, das zeit ihrer Ehe Konkurrenz war. Ein potenzieller Käufer schaut vorbei.

Die Schauspielerin Gabriele Deutsch brachte die One-Woman-Show mit Pianist (David Wagner) "Sonate für Klavier und Witwe" von Josefina Vázquez Arco am Mittwoch im gut gefüllten mittleren Saal des Linzer Brucknerhauses zur Uraufführung. Regie: Edi Jäger.

Die Anklage der Witwe entlädt sich in einem Monolog. Was hat sie für ihren Mann nicht alles aufgegeben, um ihn später an junge Dinger zu verlieren. Etwas zu bald lüftet sich die Gewissheit, dass sie diesen Tunichtgut vergiftet hat. Deutsch spielt sich selbst wie ein Instrument durch den Abend, mit großer Behutsamkeit für Zwischentöne: Sie ist niedliches Mädchen, Racheengel, Verführerin und vieles mehr. Sie und der mit allen musikalischen Genres virtuos auftrumpfende David Wagner – auch mit einer zum Weinen schönen Eigenkomposition – machen das bald entbehrte Spannungsmoment wett. Genauso wie die beißenden Text-Sequenzen, die snobistisches Getue und eitle Selbstvergewisserungen im Konzertbetrieb entlarven. Großer Applaus für kurze 70 Minuten.

"Sonate für Klavier und Witwe", von J. Vázquez Arco. Linzer Brucknerhaus, 14. 12.