80er-Jahre-Hitparade mit vernachlässigbarer Handlung
Schrille, bunte, aber belanglose Premiere von "Rock of Ages" beim Musicalsommer Amstetten in der Pölz-Halle
Wer nicht dabei war, der mag das alles glauben, was der Musicalsommer Amstetten mit "Rock of Ages" an Lebensgefühl der 80er-Jahre ins Publikum schleudert. Wer älter als 45 ist, der wundert sich. Am Mittwoch fand in der Pölz-Halle der Premieren-Versuch statt, das Jahrzehnt der musikalischen und physischen Selbstverschwendung belanglos nachzuahmen. Was in Erinnerung bleibt, ist die Musik von Europe ("The Final Countdown"), Starship ("We Built This City"), Extreme ("More Than Words", das aus den 90ern stammt), Poison ("Every Rose Has Its Thorn"), Whitesnake ("Here I Go Again") oder Pat Benatar ("Hit Me With Your Best Shot"). Dazu kann man mitklatschen, man muss aber nicht. Regisseur Alex Balga hat sich abgerackert, die sogar für Musical-Verhältnisse dünne Handlung aufzupeppen. Aber dass der begeisternd singende Sasha Di Capri in der Hauptrolle des verzagten Möchtegern-Stars Drew Boley in einem fort mit einer Gitarre über die Bühne turnen und an ihr zupfen muss, obwohl er sie gar nicht spielt, ist nur ein Häppchen an diesem "So tun als ob"-Retortenabend.
Ein Mäderl (zart und stark zugleich: Barbara Obermeier als Sherrie) aus der Provinz kommt nach Los Angeles, um seinen Traum einer Bühnen-Karriere zu verwirklichen. Sie landet im legendären Rock-Club "Bourbon Room" als Kellnerin, verknallt sich in Drew, schläft mit Rock-Gigant Stace Jaxx (Vokuhila-Karikatur eines Rockstars: Filippo Strocchi), verliert ihren Job und hält sich als Stripperin über Wasser. Zur Stadtverschönerung soll der Club von den Schweizer Investoren Hertz Kleinmann (fies, unterhaltsam: Patrick Imhof) und dessen sensiblem Sohn Franz (Simon Stockinger ist ein komödiantischer Glücksfall) geschleift werden. Club-Chef Dennis Dupree (Mischa Mang) und sein quirliger Gefährte Lonny Barnett (Alex Melcher, der als bemerkenswerter Erzähler versucht, das dünne Brett ironisch zu brechen) sind ein wackeres Duo, das die Regie noch präziser herausarbeiten hätte können. Der Club wird gerettet, Sherrie und Drew kriegen sich.
Stimmlich ist das alles ausbalanciert, mit Ana Milva Gomes als Puffmutter erfährt die Produktion sogar glänzende Momente. Von Beginn an wird das Publikum künstlich angeheizt und sexy betanzt, als vertraue das Ensemble dem Funken nicht, der im besten Fall drucklos überspringt. Es gehört zur Amstettner Tradition, dass am Ende alle stehen und klatschen. Selten wirkte diese Schlusszeremonie so künstlich wie diesmal.
Fazit: Eine in Handlung gepresste 80er-Hitparade mit schönen Darsteller-Momenten. Dennoch: Warum dieses Musical?
Musicalsommer Amstetten: "Rock of Ages", Pölz-Halle Amstetten, Premiere: 18. Juli, Termine: 20,-22., 24.-28., 31. Juli; 1.-4., 8.-11. August, Info: 07472/601454, www.musicalsommeramstetten.at
Video: In Amstetten feierte das Musical "Rock of Ages" Premiere. Die Produktion mit bester Musik aus den 1980er Jahren wird zum ersten Mal in Österreich aufgeführt.