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Sieben Tage fasten

Von Daniela Ullrich, 06. März 2019, 00:04 Uhr
Fasten bringt Leichtigkeit ins Leben
Immer mehr Studien belegen den positiven Effekt, den zeitweiliger Nahrungsverzicht auf den Körper hat. Bild: Colourbox

Kann Verzicht auch Genuss sein? Wie es sich anfühlt, sieben Tage lang ohne feste Nahrung durchzuhalten, weiß Daniela Ullrich.

Aschermittwoch ist für viele ein magisches Datum, um sich eine Zeit lang in Verzicht zu üben oder etwas an der Ernährungsweise zu verändern.

Die Facetten des Fastens sind vielfältig: Während manche gezielt auf Süßigkeiten, Alkohol oder Fleisch verzichten, gehen es andere anders an und legen das Handy bewusst weg oder schalten den Fernseher weniger oft ein.

Ein altes Ritual, bei dem eine definierte Zeit– meist fünf bis zehn Tage – komplett auf feste Nahrung verzichtet wird, ist das Heilfasten nach Dr. Buchinger.

Diese Fastenzeit wird eingeläutet mit zwei Entlastungstagen, an denen man bereits auf Genussmittel verzichten und auf leichte Kost achten soll.

Während der Fastenzeit gibt es mittags nur Gemüse- oder Obstsäfte, abends eine klare Gemüsebrühe ohne Einlage und ganztägig ausschließlich Kräutertee und Wasser zu trinken.

Ziel ist es, den Magen-Darm-Trakt völlig zu entlasten. Die übervollen Speicher im Körper werden so geleert, "Schlacke und Gifte" werden ausgeschwemmt, heißt es.

Vor allem Eiweiße mit zu viel Zucker, die den Stoffwechsel belasten, werden stark abgebaut. Dies reinigt den Darm und stärkt das Immunsystem. Bewusstes Heilfasten nach Dr. Buchinger bringt zudem innere Ruhe und Besinnung, heißt es.

Dies wollte Redakteurin Daniela Ullrich genauer wissen und checkte im Gesundheitshotel Miraverde in Bad Hall ein. Dort wird unter dem Motto "Fasten mit Genuss" eine siebentägige Buchinger-Fastenwoche angeboten. Lesen Sie hier ihr Fasten-Tagebuch.

Tag 1: Es geht los!

Das fängt ja gut an! Der ursprüngliche Plan, daheim zwei Entlastungstage einzulegen, um optimal vorbereitet in das Abenteuer „Buchinger Heilfasten“ zu starten, wurde gleich am ersten Tag mit einer Geburtstags-Überraschungsfeier für mich, organisiert von meiner elfjährigen Tochter, durchkreuzt. Kann ja schwer dem Kind das Herz brechen. Also lasse ich mir Sachertorte, Partybreze und Prosecco schmecken. Weil es am Anreisetag dann „eh schon egal“ ist, genieße ich ein letztes spätes Frühstück mit meiner Familie, ehe mich Mann und Kind nach Bad Hall chauffieren.

Der Abschied fällt leichter als gedacht. Und das, obwohl ich seit mehr als elf Jahren zum ersten Mal wieder mal ganz für mich alleine bin. Ob das gut gehen wird? Nachmittags treffe ich auf meine Mitstreiter – zu viert wagen wir das Buchinger Heilfasten, fünf weitere Gäste probieren sich im „Basenfasten“. Der Aktivitätenplan für die Woche verspricht viel Ablenkung. Fastenbegleiterin Sabine Wilsch und Ernährungsberaterin Birgit Haglmüller werden uns außerdem mit Rat und Tat zur Seite stehen. Das Abendessen, ein Bratapfel, läutet die Fastenwoche endgültig ein. Ich bemühe mich, den Apfel zu genießen, immerhin ist er das Letzte, was ich für eine Zeit lang zu beißen bekomme.

Tag 2: „Glauberzauber“

Zum ersten Mal in meinem Leben starte ich mit Yoga in den Tag. Der Tagesplan, der natürlich ein freiwilliges Angebot darstellt, schreibt dies vor. Gewissenhaft, wie ich bin, stehe ich um 7:30 Uhr parat und übe mich in Entspannung und herabschauenden Hunden. Und das als Morgenmuffel!

Spannender wird es am Nachmittag: Der „Glauberzauber“ steht an. Dies bedeutet nichts anderes, als einen halben Liter Glaubersalz irgendwie hinunterzubekommen. Das ist notwendig, um den Darm zu reinigen und auf die Fastenkur vorzubereiten.

Es gibt Köstlicheres, aber mit viel Zitrone, Pfefferminztee (zum Geschmack-Neutralisieren) und gegenseitigem Zureden gelingt es überraschend gut, die Prozedur hinter sich zu bringen. „Es kann schon bis zu drei Stunden dauern, bis sich etwas rührt“, sagt Fastenbetreuerin Sabine, ehe sie uns „viel Spaß beim Loslassen“ wünscht.
Also lege ich mich auf dem Balkon in die Sonne und warte und warte ... Und wage mich schließlich in den angrenzenden Kurpark, um mit einem Spaziergang die Peristaltik in Schwung zu bekommen – gute Idee, wie sich herausstellt.

Beim Abendessen genießen wir „Buchinger-Faster“ unsere Gemüsebrühe ganz besonders. Es ist vollbracht – der erste Tag ohne Essen ist geschafft.

 


Tag 3: Sinneswandel

Beim gemeinsamen Fastenwandern ergibt sich die Gelegenheit, die Gruppe etwas besser kennenzulernen. Gründe, hier mitzumachen, sind bei allen ähnlich: Entgiften und etwas für die Gesundheit tun. Ich gebe zu, meine Motivation liegt auch darin, etwas Winterspeck zu verlieren und künftig weniger Süßigkeiten essen zu wollen.

Während des Spaziergangs merke ich, dass ich Gerüche intensiver wahrnehme als sonst. Fast wie damals, einige Wochen, nachdem ich nach mehr als 15 Jahren zum Rauchen aufgehört hatte. Herrlich!

Nach dem Mittags-Karottensaft (Wie süß der schmeckt!) kommt Fastenbegleiterin Sabine aufs Zimmer, um mir einen Leberwickel (unterstützt die Durchblutung des zentralen Entgiftungsorgans) zu machen. Warm eingepackt, schlafe ich auf meiner Sonnenliege tief und fest ein. Ich schlafe sonst nie unter Tags! Nach dem Nickerchen fühle ich mich topfit, also drehe ich eine gemütliche Laufrunde.

Hungergefühl habe ich gar keines. Ich denke nicht einmal ans Essen. Es läuft!

Tag 4: Fastenkrise - Da hilft nur ein Einlauf

Die Hälfte ist fast geschafft. Hunger verspüre ich nach wie vor keinen, aber Kaffee oder zumindest eine Tasse schwarzen Tee mit Milch hätte ich gerne. Stattdessen gibt es nur Kräutertees mit lustigen Namen in Hülle und Fülle. Am heutigen Tag wird der „Vom Winde verweht“-Tee empfohlen. Wie passend, ich fühle mich nämlich wie durch den Wind. Antriebslos, schlecht gelaunt und mit leichten Kopfschmerzen gestehe ich mir meine Fastenkrise ein.

Auch hier weiß Fastenbegleiterin Sabine Rat, wenngleich dieser im ersten Moment etwas befremdlich ist: „Ein Einlauf gehört zum Fasten dazu. Wer auf eine gründliche Darmreinigung verzichtet, muss mit Rückvergiftungen rechnen“, sagt sie und hält mir ein Einlaufset hin. Ich lasse mir die Handhabung erklären und denke nicht weiter darüber nach. Augen zu und durch.

Die große Erkenntnis: Es ist keine Hexerei und ich habe mich noch nie so sauber und frisch gewaschen gefühlt. Erstaunlicherweise geht es mir danach tatsächlich schnell besser. Die Gelüste nach verbotenen Genussmittel sind weg. Und auch der Grant!

Tag 5: Waldbaden - Genuss für die Sinne

Zum ersten Mal merke ich, wie gut mir das morgendliche Yoga tut – ich hab sogar ansatzweise Spaß dabei. Überhaupt starte ich voller Energie und gut gelaunt (!) in den Tag. Die Fasterei macht sich auch am Gewand bemerkbar. Ich schnalle meinen Gürtel um ein Loch enger und die Jacke sitzt lockerer als sonst – ein tolles Gefühl!

Bestens gelaunt lasse ich mich auf alles ein, was der heutige Tag bringt – so steht eine weitere Premiere für mich auf dem Plan: Waldbaden. Die Gruppe marschiert in den Kurpark, wo ein Riesen-Lebensbaum (Thuja plicata) eine Art Unterschlupf bietet und ein Dufterlebnis bereithält.

Fastencoach Sabine lädt uns anschließend auf ein Experiment ein: Wir absolvieren ein Stück des Weges in „Zwergerlschritten“, setzen bewusst einen Fuß vor den anderen und versuchen Geräusche und Düfte der Natur wahrzunehmen. Ich merke, dass mich das Waldbaden tatsächlich entschleunigt. Die Sinne sind scharf, so schmeckt der heutige Mittags-Obst-Smoothie besonders gut.

 

Tag 6: Die Leichtigkeit des Seins

Wie von Ernährungsberaterin Birgit prognostiziert, drehen sich unsere Tischgespräche fast nur noch ums Essen. Während die niederösterreichischen Mitstreiter nach einem „EKG“ (Extrawurstsemmel mit Käse und Gurkerl) darben, hätte ich Lust auf Apfelstrudel mit einem Kugerl Vanilleeis. Auch das Club-Sandwich, das die Damen am Nebentisch genüsslich verspeisen, regt unsere Essensfantasien an. Trotzdem geben wir uns mit unserem Mittags-Smoothie zufrieden und erfreuen uns an dem, was wir haben. Wie schnell man sich doch umgewöhnt, wenn man sich erst einmal darauf einlässt! Hat etwas Befreiendes.

Am Nachmittag nutze ich das schöne Wetter und lege mich in die Sonne. Ohne Buch, ohne Handy – nur die Liege und ich.

Ich lasse meine Gedanken schweifen, nehme Umgebungsgeräusche ganz bewusst wahr und genieße es, zwei Stunden lang einfach nichts zu tun. Ein völlig neues Gefühl für mich, tatsächlich einmal einfach nur die Seele baumeln zu lassen. Spannend, was sich in meiner Fastenzeit so tut. Ich fühle mich viel gelassener als sonst.

Tag 7: Das große Fastenbrechen

Zum ersten Mal in der Woche schlafe ich schlecht. Erst spät finde ich in den Schlaf und versäume deshalb fast den krönenden Abschluss der Fastenwoche: das Fastenbrechen am Frühstückstisch.

Der Bratapfel sieht diesmal viel verlockender aus und duftet herrlich. „Genießt jeden Bissen und kaut gut. Die Verdauung beginnt bereits im Mund“, weist uns Ernährungsberaterin Birgit an.

Das Gefühl, nach einigen Tagen wieder einmal etwas Festes zwischen den Zähnen zu spüren, ist fast fremd – aber unglaublich gut. Ganz sanft und bedächtig kaue ich meinen ersten Bissen und bin versucht, die Augen zu schließen. Die Gedanken explodieren in meinem Kopf.

Ich bin unglaublich stolz auf mich, es geschafft zu haben. Die Motivation, nun in eine neue Ernährungs- und Verhaltensweise zu starten, ist enorm.

Fasten tut Körper, Geist und Seele gut. So hoffe ich, mir auch etwas von meiner neuen Gelassenheit mitnehmen zu können.

Und wie geht es nach dem Fasten weiter?

Das Fastenbrechen bedeutet das Beenden des Fastens, aber darüber hinaus auch Neuaufbau und Überleitung in eine neue Zeit.

„Die Aufbautage sind eine wichtige Nachbehandlungszeit, um den Fastenerfolg zu stabilisieren. Verdauung und Stoffwechsel werden behutsam wieder zurückgeschaltet von innerer auf äußere Ernährung und von Ausscheidung auf Absorption. Die Adaptation dauert rund eine Woche. Die Aufbauzeit sollte mindestens ein Drittel der Länge der Fastenzeit betragen“, sagt Ernährungsberaterin Birgit Haglmüller.

Ich halte mich brav an die Vorgaben und bin überrascht wie leicht es mir fällt auf Fleisch, Wurst, Käse oder auch Süßigkeiten zu verzichten. Zu Hause gibt es nun ein Essen für mich und eines für die restliche Familie. Ich habe mir geschworen, ihnen nichts aufzuzwingen.

Die Fastenzeit ist auch optisch nicht spurlos an mir vorüber gegangen ist. Mein Gewand sitzt mir deutlich lockerer. Der Gürtel ist mir mittlerweile zu groß, meine BHs stelle ich um zwei Häkchen enger. Fünf Kilo, die sich wie zehn anfühlen, sind weg.

Die vielen Komplimente spornen zusätzlich an, dieses „Leichtigkeitsgefühl“, das ich in der Fastenzeit kennengelernt habe, weiter zu tragen. Ich bin entspannt wie nie.

Und der Hunger?

Die meist gestellte Frage: „Und du hattest nie Hunger?“ Nein, kein einziges Mal. Der Darm ist leer und nach drei bis vier Tagen hat der Stoffwechsel auf innere Versorgung umgestellt. Das heißt, der Körper nutzt seine Nährstoffspeicher als Energiequelle.

Mir ist das Fasten auch nicht schwergefallen. Die angebotenen Smoothies und Gemüsebrühen waren wirklich sehr schmackhaft. Dies ist der Vorteil, wenn man sich zu einer Fastenkur im Hotel entscheidet. Man muss sich um nichts kümmern, ist bestens betreut und hat neben einem abwechslungsreichen Programm auch viele informative Vorträge von Ärzten und Ernährungsberatern. Dies rechtfertigt meiner Meinung nach auch den Preis. Das Hotel Miraverde bietet Packages ab 944 Euro an.

Meine Familie habe ich übrigens zu kleinen täglichen Verzichten überreden können, die die Tochter auf unserer Küchen-Memo-Tafel festgehalten hat.

Nach rund zehn Tagen stellen wir fest: Es ist eigentlich eine Bereicherung, auf etwas zu verzichten.

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1  Kommentar
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superluci (6 Kommentare)
am 07.03.2019 10:54

Super Artikel!!! Meine Fastenerfahrung ist ganz ähnlich. Seeeeeehr empfehlenswert!!!

Weniger ist das neue Schwarz!

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