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Warum viele jetzt Urlaub im Schritt-Tempo machen

Von Barbara Rohrhofer, 15. April 2019, 08:06 Uhr
Pilgern statt baden: Warum viele jetzt Urlaub im Schritt-Tempo machen
Viele Menschen begeben sich auf Pilgerreise, wenn ein Abschnitt im Leben zu Ende geht und sie frei für Neues sein wollen. Bild: Colourbox

Beliebte Pilger-Anlässe: Karwoche, Lebensabschnitte, die zu Ende gehen, und Sinnsuche.

Wenn Menschen durch etwas berührt werden, brechen sie auf. Seit Jahrtausenden ist der Weg ein Ursymbol für das Unterwegssein, für Übergänge und den Neuanfang. "Pilgern bedeutet Abschiednehmen von der Hektik des Alltags, vom Überfluss und der Reizüberflutung – hin zur Langsamkeit und zur Einfachheit des Lebens", sagt Johannes Hessler, Mitarbeiterseelsorger und spiritueller Begleiter im Ordensklinikum Barmherzige Schwestern in Linz.

Auch Jesus hat sich aufgemacht

Was Hessler beschreibt, wollen immer mehr Menschen am eigenen Leib erspüren, und sie beschreiten zu Fuß die Pilgerwege Österreichs und Europas. "Pilgerten die Menschen in früheren Zeiten fast ausschließlich aus religiösen Gründen, so macht man das heute aus den unterschiedlichsten Motiven. Viele tun es, wenn ein Lebensabschnitt zu Ende geht – wenn die Kinder das Elternhaus verlassen, die Pensionierung ansteht oder eine schwere Krankheit gut überstanden ist. Man möchte mit dem Pilgern einen Weg im Leben symbolisch abschließen, sich bedanken und für Neues öffnen. Auch wenn wir im Leben wo anstehen, hilft es oft, zu gehen", sagt Johannes Hessler.

Das Besondere am Pilgern sei die Fortbewegung im Schritt-Tempo. Allein die stete Berührung mit dem Boden vermittle Halt. "Das Gehen trägt zur Entschleunigung bei, und der Mensch findet dabei seinen ureigensten Rhythmus wieder", sagt der Mann, der sich jährlich mindestens einmal auf den Weg macht. "Das gehört für mich zum Jahreskreis wie Weihnachten und Ostern." Die besten Monate dafür seien Mai und Oktober. "Wenn die Natur erwacht, ist Pilgern die reinste Freude, und die Schöpfung wird hautnah erfahrbar." Beim Gehen, so Hessler, würden die Sinne geöffnet. "Man kommt dabei relativ rasch ganz zu sich, und die Gedanken fließen. Menschen, die sich auf den Pilgerweg begeben, kehren immer anders zurück, als sie weggegangen sind." Sie hätten dann Lösungen für Lebensthemen gefunden oder könnten gewisse Dinge leichter loslassen. "Selbst der eigene Lebensweg kann als Pilgerweg verstanden werden", sagt der Pilgerbegleiter und zieht eine Parallele zur Karwoche. "Auch Jesus hat sich vor 2000 Jahren aufgemacht, doch sein Weg wurde durchkreuzt – genauso wie auch unser Lebensweg oft von Dingen durchkreuzt wird, die nicht in unserer Macht liegen."

Muss nicht der Jakobsweg sein

Es müssten auch nicht immer bekannte Pilgerwege wie der Jakobsweg sein. Johannes Hessler pilgert mit seinen Gruppen beispielsweise gerne in die Berge des Salzkammerguts. "Denn es gibt viele Wege zu Gott, einer führt mit Sicherheit über die Berge", zitiert er Bischof Reinhold Stecher. Beim Pilgern in der Gruppe gibt es bei Johannes Hessler fixe Regeln: Während des Gehens wird geschwiegen, in den Pausen und am Abend kann nach Lust und Laune geredet werden.

Wie viele Kilometer beim Pilgern pro Tag zurückgelegt werden, liege im eigenen Ermessen. "Ich halte es für ein gutes Maß, pro Tag fünfeinhalb Stunden zu gehen. Überanstrengen sollte man sich auf gar keinen Fall. Denn was Pilgern nicht sein sollte: ein ehrgeiziges Projekt, bei dem man sich 30 Kilometer pro Tag vornimmt. Das ist kein Hochleistungssport", sagt Hessler.

Energie wird freigesetzt

Viele Menschen würden sich beim Pilgern auch jeden Tag ein anderes Motto vornehmen. "Ob das Dankbarkeit ist oder Hoffnung – gut ist, dass man jeden Tag einen Impuls setzt und die Augen und Ohren für die Natur öffnet, die unglaubliche Energien in uns freisetzen kann", empfiehlt der Experte.

 

Pilgern

Wer nicht alleine auf Pilgerreise gehen will, sollte sich in seiner Pfarrgemeinde erkundigen. Oftmals werden hier dreitägige Pilgerreisen angeboten. Neu ist beispielsweise der Granitpilgerweg. Besonders beliebt: Der Johannesweg im Mühlviertel oder eben der Weg nach Mariazell.

Johannes Hessler bietet diesen Weg begleitet an: von Freitag, 14. Juni, bis Sonntag, 16. Juni. Pro Tag werden zwischen acht und 19 Kilometer zurückgelegt.

Näheres unter www.johko.at

 

Buchtipps

Wallfahrtsküche: Frische Luft und Bewegung fördern bekanntlich den Appetit. Inmitten saftig-grüner Landschaften lässt sich entlang der Mariazeller Wege eine entschleunigte, bodenständige Küche entdecken, die sich unaufgeregt auf das Wesentliche konzentriert: traditionelle, aber doch zeitgemäße Gerichte. Dieser Küche gehen Bernhard Wieser und Michael Rathmayer auf den Grund. Sie bieten Einblicke in die Küche, Stuben und Seelen der Menschen, die hier leben und arbeiten. Diese verraten ihre besten Rezepte und so manches Küchengeheimnis: von der feinen Klostersuppe über Hirschbraten mit Erdäpfelknödeln oder Mostschnitzerl mit Kräuternockerl bis hin zur süßen Pilgerstraube.

Bernhard Wieser, Michael Rathmayer: Wallfahrtsküche, 160 Seiten, Pichler Verlag, 26 Euro

 

Ich breche auf: Ingeborg Berta Hofbauer unternimmt jährlich längere Pilgerwanderungen in ganz Europa und begleitet Menschen auf ihren ganz persönlichen Pilgerwegen. Sie selbst hat durch eine Pilgerreise ihr Leben umgekrempelt. Extrem viel Zuspruch erhält sie von Frauen aus dem ländlichen Raum, da Pilgern oft die einzige, „legitime“ Möglichkeit ist, sich Zeit für sich selbst zu nehmen. Das Buch legt sich auf keinen bestimmten Weg fest, sondern dient vielmehr als Begleiter für ein inneres Pilgern, um Mut für Neues zu schöpfen. Der Pilgerweg dient der Autorin oftmals als Metapher für den Lebensweg. „Auch ich hab’ Höhen und Tiefen mit meinen Füßen und mit meiner Seele durchlaufen“, sagt sie.

Ingeborg Berta Hofbauer: „Heute breche ich auf“, Styria-Verlag, 18 Euro

 

 

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Autorin
Barbara Rohrhofer
Leiterin Redaktion Leben und Gesundheit
Barbara Rohrhofer
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