Telemedizin: Online zur Diagnose
Ärztemangel und die Kostenexplosion im Gesundheitssystem: Mediziner, die via Internet praktizieren, könnten die Situation entspannen.
Die Zukunft hat längst begonnen: Schon jetzt operieren Chirurgen via Roboter weit von ihrem Standort entfernt, werden Patientendaten über das Internet übermittelt oder nützen Ärzte Smartphone und Computer, um mit ihren Patienten Kontakt zu halten. Trotzdem ist die Telemedizin für manche Menschen regelrecht ein Schreckgespenst – nicht ganz zu Unrecht, wie der dafür zuständige Referent bei der Ärztekammer Oberösterreich, Peter Nöhammer, feststellt.
Persönlicher Kontakt ist wichtig
Obwohl der Mediziner sehr technikaffin ist, schätzt er das persönliche Gespräch mit seinen Patienten in seiner Hausarztpraxis in Natternbach. "Der persönliche Patientenkontakt ist wichtig und hilft bei der Diagnose. Da nützt oft auch das Bauchgefühl", ist der 48-Jährige überzeugt. Trotzdem bietet die Telemedizin ergänzend viele Vorteile:
Telemonitoring: Dies ermöglicht die medizinische Überwachung des Gesundheitszustandes von Patienten aus der Entfernung. Bei Herzinsuffizienz werden etwa regelmäßig Blutdruck, Herzfrequenz und Körpergewicht übermittelt, bei Diabetes vor allem Blutdruck, Blutzucker und Körpergewicht. Die Vitalparameter werden von den Messgeräten automatisch ins Krankenhaus geliefert. "Kommt es zu Abweichungen, ist allerdings persönlicher Kontakt zum Arzt unerlässlich. Das kann über das Telefon sein, ein SMS genügt aber nicht", sagt Nöhammer.
Teletherapie: Dabei greift der Arzt aktiv aus der Entfernung in die Behandlung von Patienten ein. In Wien, Niederösterreich und dem Burgenland gibt es bereits eine Hotline, bei der medizinisch geschultes Personal alltäglich gesundheitliche Fragen beantwortet. "Bei uns in Oberösterreich ist das noch in Diskussion", so der Experte. Operationen, bei der Chirurgen aus der Distanz einen Roboter lenken, gibt es in Oberösterreich aber schon.
Telekonzil: Der Arzt holt eine Zweitmeinung eines entfernten Arztes ein. "Das hat sich etwa in der Radiologie bewährt", sagt Nöhammer. So sei es egal, wo der Radiologe sitzt, wenn er ein CT oder ein MR beurteilt.
Telekonferenz: Dabei werden entfernte Mediziner bei einer laufenden medizinischen Behandlung durch einen anderen Mediziner beigezogen. "Typisches Beispiel dafür sind die Tumorboards, bei denen mehrere Mediziner in verschiedenen Krankenhäusern gemeinsam Fälle betreuen", so Nöhammer.
Problematisch ist laut dem Referenten vor allem der Datenschutz: "Alles, was übermittelt wird, kann auch gehackt werden. Gesundheitsdaten sind viel wert." Deshalb habe er bei der Elektronischen Gesundheitsakte (Elga) und Ähnlichem eher Bauchweh, "auch wenn wir Österreicher immer noch glauben, dass uns so etwas wie Datenmissbrauch nicht passiert."
Datenleitungen müssen aber nicht nur sicher, sondern auch schnell und zuverlässig sein. Nicht auszudenken, was passiert, wenn der Kontakt etwa bei einer Fernoperation unterbrochen wird oder wenn wichtige Gesundheitsdaten nicht beim Arzt ankommen.