Schwerhörigkeit im Alter kann Demenz begünstigen
Experten warnen: "Hörstörungen nicht kleinreden – sie begünstigen psychische und auch physische Erkrankungen des älteren Menschen."
Hörstörungen im Alter können nicht nur Grund für sozialen Rückzug der Betroffenen sein, sie sind auch ein Prognosefaktor für Demenz. "Es geht weniger um das Hören von Tönen als um das Verstehen von Stimmen", betont Peter Franz, Leiter der HNO-Abteilung an der Rudolfsstiftung in Wien.
Mehr als eine halbe Million Österreicher sind von Hörstörungen betroffen, bei den über 60-Jährigen ist es ein Drittel. Meist setzt der Hörverlust ab etwa 50 Jahren ein und betrifft zunächst hohe Töne. Schließlich fällt es Betroffenen zunehmend schwer, Gesprächen zu folgen, vor allem in lauter Umgebung ("Cocktailparty-Effekt").
Da nun immer mehr Menschen immer älter werden, stehe die Erforschung und Therapie der Altersfolgen im Fokus der HNO-Medizin, meinte Franz. Mit Hörgeräten bzw. Cochlea- oder Mittelohr-Implantaten könne das Hörvermögen aber auch bei Patienten in hohem Alter wiederhergestellt werden. Der Zusammenhang zwischen dem Hörverlust und dem Risiko einer Demenzerkrankung sei inzwischen durch internationale Multicenterstudien erwiesen. Neben der Altersschwerhörigkeit gebe es jedoch auch unbekanntere Krankheitsbilder, die die Lebensqualität der Patienten senken.
Hörversorgung ist Hirnversorgung
Die sogenannte Altersstimme (Presbyphonie) kann gerade bei Menschen mit Sprechberufen zu Schwierigkeiten im Job führen, später geht sie nicht selten mit sozialer Vereinsamung einher. Sie ist durch einen heiseren Stimmklang gekennzeichnet, die Stimmqualität nimmt im Laufe des Tages ab. Abhilfe können hier logopädische Trainings schaffen, aber auch chirurgische Eingriffe. Auch der Riechsinn dürfe im Alter nicht unterschätzt werden, sagte Gerold Besser von der MedUni Wien: "Der Riechsinn trägt viel zum Geschmackssinn bei, er ist für den Feingeschmack verantwortlich. Ein Verlust hat massive Auswirkungen auf die Lebensqualität." Mehr Bewusstsein für diesen Bereich sei dringend notwendig.
"Hörversorgung ist Hirnversorgung", ist auch Wolf Dieter Baumgartner (MedUni Wien) überzeugt: Bleibt Schwerhörigkeit unbehandelt, wachse das Risiko einer Demenzerkrankung. "Allein bei einer milden Hörstörung ist das Demenzrisiko bereits doppelt so hoch." Hörgeräte können demnach dem geistigen Verfall vorbeugen und haben positiven Einfluss auf die geistigen Fähigkeiten, denn kognitive Reize werden auch durch das Hören erzeugt. Doch nur 6,5 Prozent der Patienten, die ein Hörgerät benötigen, tragen auch eines, so Baumgartner: "Die Hörgeräteversorgung bei Älteren ist viel zu gering. Das muss uns in Zukunft beschäftigen."