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Matthias Steiners Kraftakt gegen Diabetes

Von Barbara Rohrhofer, 07. November 2018, 00:04 Uhr
Ein Kraftakt gegen Diabetes
Matthias Steiner, Olympiasieger und Typ-1-Diabetiker Bild: Roche Diabetes Care Deutschland

Olympia-Sieger Matthias Steiner ist seit mehr als 20 Jahren zuckerkrank. Zum Weltdiabetes-Tag am 14. November kommt er nach Linz. Die OÖN haben ihn schon zuvor zum Interview gebeten.

In Österreich leiden rund 600.000 Menschen an Diabetes mellitus, alle 50 Minuten stirbt ein Mensch an dieser schweren Erkrankung. Mediziner rechnen damit, dass die Zahl der Diabetiker in den nächsten Jahren steigen wird. Wissenschaft und Forschung sind bemüht, die Erkrankung immer besser zu behandeln. Am Weltdiabetestag am Mittwoch, 14. November, findet im Ars Electronica Center in Linz von 10 bis 21 Uhr ein großer Informationstag zum Thema statt. Schirmherr ist Matthias Steiner. Der ehemalige Olympiasieger ist selbst Typ1-Diabetiker. Die OÖNachrichten haben den 36-jährigen Österreicher zum Interview gebeten.

OÖNachrichten: Einen Tag vor Ihrem 18. Geburtstag bekamen Sie die Diagnose Typ-1-Diabetes. Wie haben Sie reagiert?

Matthias Steiner: Die Diagnose war natürlich ein Schock. Ich war bereits ambitionierter Gewichtheber, durchtrainiert, fühlte mich, als könnte ich Bäume ausreißen, und dann sagt dir der Arzt, du bist krank, musst mit dem Leistungssport aufhören und ab sofort deinen Blutzucker messen, Insulin spritzen und dein Essen in Broteinheiten umrechnen. Da bricht einmal deine heile Welt zusammen.

Wie lange braucht man, um sich an das tägliche Blutzuckermessen und Insulinspritzen zu gewöhnen?

Da einem keine andere Wahl bleibt, gewöhnt man sich recht schnell dran. Nach zwei Wochen stellt sich bereits halbwegs eine Routine ein.

Wie war oder ist Leistungssport mit Diabetes vereinbar?

Das war natürlich nicht immer ganz einfach. Vor allem in den ersten Jahren nach der Diagnose. Da habe ich mich bei der Insulinabgabe schon das ein oder andere Mal verschätzt. Das hat dazu geführt, dass ich im Wettkampf nicht so leistungsfähig war. Aber mit den Jahren habe ich viel dazugelernt, außerdem hat sich auch in der Diabetes-Therapie ganz schön viel getan.

Können Sie die Veränderung in der Behandlung dieser Krankheit an Ihrem ganz persönlichen Beispiel schildern?

Anfänglich habe ich mir mit einem Blutzuckermessgerät 15 Mal am Tag in den Finger gepikst, um meinen Zucker im Blut zu überprüfen, und mit einem Pen, also mit einer Art Spritze, mehrmals am Tag Insulin verabreicht. Das ist heute wesentlich angenehmer, denn ich trage eine Insulinpumpe und ein Langzeit-CGM-System, bei dem der Sensor nur alle sechs Monate gewechselt werden muss.

Seit wann tragen Sie die Insulin-Pumpe?

Die Pumpe trage ich seit 2013. Also seit jenem Zeitpunkt, an dem ich mit dem Leistungssport aufgehört habe. Während meiner aktiven Zeit hatte ich Bedenken, dass die Pumpe stören könnte, wenn ich eine Hantelstange am Körper entlang ziehe. Heute weiß ich, dass diese Bedenken grundlos waren und die Vorteile überwiegen.

Was hat es mit diesem Langzeit-CGM-System auf sich?

Das ist ein Langzeitsystem, das sechs Monate lang meine Werte misst. Dazu wird am Oberarm ein ganz kleiner Sensor unter die Haut gesetzt. Darüber wird mit einem Pflaster ein Transmitter geklebt, der permanent meine Werte misst und diese Daten an mein Smartphone sendet. Man muss nur alle 180 Tage einen neuen Sensor einsetzen. Ich hab heute meinen Diabetes viel besser im Griff, besonders in der Nacht.

Sie haben zu einem neuen Lebensstil gefunden, sind 45 Kilo leichter. Wie halten Sie Ihr Gewicht?

Nein, ich habe nicht zu einem neuen Stil gefunden, sondern bin zu meiner alten Form und Figur zurückgekehrt. Stärkster Mann der Welt kann man nicht mit einem Gewicht von 100 Kilo werden, da muss man schon 150 Kilo haben, um die schweren Lasten überhaupt heben zu können. Nach dem Ende meiner Karriere hab ich die Extrakilos nicht mehr gebraucht und meine Ernährung wieder umgestellt. Als Typ-1-Diabetiker muss man beim Abnehmen natürlich einige Dinge beachten. Darüber habe ich ein Buch geschrieben.

Sie haben auch ein 12-Wochen-Abnehmprogramm entwickelt. Was fällt den Menschen beim Abspecken am schwersten?

Vielen fehlt es ganz klar an der Motivation, nicht nur anzufangen, sondern weiterzumachen. Deshalb gibt es neben dem Buch auch ein Onlineprogramm. Da werden Abnehmwillige in vielen Videos motiviert, durchzuhalten, und an die Hand genommen, damit sie ihr Ziel erreichen können.

Vielleicht beschreiben Sie einen Tag im Ernährungsleben von Matthias Steiner?

Wir versuchen, möglichst nur mit unverarbeiteten Lebensmitteln zu kochen. Sehr wichtig ist uns das Frühstück. Dafür nehmen wir uns mindestens eine halbe Stunde Zeit. Damit die Kinder gleich mit Energie in den Tag starten, schneiden wir saisonales Obst und Gemüse klein, oft aus eigenem Anbau, dazu gibt es Naturjoghurt, aber auch Vollkornbrot mit selbstgemachter Marmelade. Wenn die Kinder mittags aus dem Kindergarten und der Schule nach Hause kommen, haben wir entweder frisch gekocht oder vorgekocht. Natürlich sündigen wir auch ab und zu. Was wir aber immer machen: das gemeinsame Familienessen.

Wie machen Sie Menschen Mut, die gerade die Diagnose Diabetes bekommen haben?

Es kommt darauf an, ob jemand die Diagnose Typ-1 oder Typ-2 bekommt. Typ-1-Diabetes ist auf absehbare Zeit noch nicht heilbar. Daher muss ich die Erkrankung unbedingt akzeptieren und sie zu meinem Freund und nicht zu meinem Feind machen.

Sehen Sie auch eine positive Seite an Ihrem Typ-1-Diabetes?

Ich sage immer, mein Diabetes hilft mir, frühzeitig zu erkennen, wenn ich meinem Körper zu viel zumute. Ich kann früher auf die Bremse steigen als Stoffwechselgesunde.

Was raten Sie Typ-2-Diabetikern?

Diesen rate ich, ihre Erkrankung als Chance zu sehen. Wenn sie ihr Leben umstellen, dann kann ihre Zuckerkrankheit rückgängig gemacht werden. Ich habe ein Programm entwickelt, mit dem man Schritt für Schritt den Kilos und dem Diabetes den Kampf ansagt. Und das funktioniert wunderbar.

Kennen Sie jemand, der seine Zuckerkrankheit besiegt hat?

Mein Lieblingsbeispiel ist Heidrun. Sie war 20 Jahre lang Typ-2-Diabetikerin, dann hat sie begonnen, nach dem Steiner-Prinzip abzunehmen und Bewegung in ihr Leben zu bringen. Heute, drei Jahre später, ist sie 66 Kilogramm leichter und hat ihren Diabetes besiegt.

Eintritt frei im AEC

Matthias Steiner ist Schirmherr des Welt-Diabetes-Tags am Mittwoch, 14. November, von 10 bis 21 Uhr im Ars Electronica Center. Zahlreiche Mediziner und Experten geben wertvolle Tipps und Informationen. Es werden nicht nur die negativen Seiten der Erkrankung aufgezeigt, sondern auch die vielen neuen wissenschaftlichen Entwicklungen, die sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken können.

Unter den Referenten sind:

  • Frank Best (Diabetologe): Closing the Loop – die Entwicklung der modernen Diabetes-Cyborgs.
  • Martin Clodi (Krankenhaus der Barmherzigen Brüder): Diabetes Typ 2 – eine gefährliche Erkrankung
  • Thomas Resl (Krankenhaus der Barmherzigen Brüder): Typ-I-Diabetes ist nicht wie Typ II
  • Peter Grafinger (Kepler Universitätsklinikum)
  • Reinhold Függer (Leiter chirurgische Abteilungen Ordensklinikum Linz GmbH)

Der Eintritt ist den ganzen Tag kostenlos.

Jeder 2. Fall könnte vermieden werden

„Diabetes mellitus führt bei den betroffenen Menschen aufgrund der zahlreichen gefäßbedingten Spätkomplikationen zu einem ausgeprägten Verlust der Lebenserwartung und der Lebensqualität“, sagt Oberarzt Michael Resl, Internist und Endokrinologe im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Linz.
Diabetes Typ-2: 90 Prozent der Patienten sind von Diabetes Typ 2 betroffen. Sie haben eine Insulinresistenz entwickelt, die sie durch Lebensstilfaktoren wie Übergewicht, wenig Bewegung und ungesunde Ernährung mitverursacht haben.

Bei Typ-1-Diabetikern spielt der Lebensstil jedoch keine Rolle. Ihr Körper kann grundsätzlich kein Insulin produzieren. An dieser Form leiden vor allem junge Menschen. Ihr Leben dreht sich vom Zeitpunkt der Diagnose an fast ausschließlich um die Krankheit. Sie müssen sechs- bis zehnmal pro Tag Blutzucker messen und Insulin unter die Haut injizieren.

Das ist im Kampf gegen die Zeitbombe Zucker zu tun:

Kalorien reduzieren: Ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 25 steigt das Risiko, an Diabetes-Typ-2 zu erkranken, leicht, ab einem BMI von 30 steigt es deutlich. Meist besteht bei der Diagnose Übergewicht. Dieses verhindert, dass das Insulin im Körper gut „arbeiten“ kann.

Gefährliches Bauchfett: Bei der Entstehung des Typ-2-Diabetes spielt das Körperfett eine große Rolle. Alle aktuellen Studien bestätigen, dass vor allem das Bauchfett das Risiko erhöht. „Es gilt daher, den Bauchumfang im Blick zu haben und diesen auch zu messen. Männer haben ab 100 Zentimeter ein deutlich erhöhtes Risiko, Frauen ab 88“, sagt Primar Bernhard Mayr, Leiter der Abteilung für Innere Medizin am Salzkammergut-Klinikum.

Früh übt sich: Vorsorge ist der wichtigste Schlüssel zur Vermeidung von Diabetes. Geprägt wird das Ernährungsverhalten in der Kindheit. Natürlich kann es auch später noch verändert werden, fällt aber im Erwachsenenalter wesentlich schwerer.

Vererbung: Auch die Gene spielen eine Rolle. Das Risiko, an Diabetes zu erkranken, ist erhöht, wenn der Vater oder die Mutter an Diabetes erkrankt ist.

Alter: Diabetes Typ-2 tritt vermehrt ab dem 40. Lebensjahr auf und wird daher Altersdiabetes genannt. „Besorgniserregend ist, dass immer mehr junge Menschen daran erkranken. Der Grund: Fast Food, wenig Bewegung und Rauchen“, sagt Primar Mayr.

Bewegung und Sport bewirken, dass in den Zellen Zucker verbrannt wird.

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