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90 Jahre Antibiotikum: Eine Wunderwaffe droht stumpf zu werden

05. September 2018, 00:04 Uhr
Schmerzmittel Tabletten Schmerztabletten
(Symbolbild) Bild: colourbox.de

Gesundheitsexperten warnen: Werden sie zu häufig eingesetzt, wirken die Medikamente nicht mehr – besonders in ärmeren Ländern wachsen die Resistenzen.

Eine neue Niere – was für Millionen Patienten weltweit selbstverständlich scheint, wäre ohne die Entdeckung von Antibiotika vor 90 Jahren weitaus riskanter. Mit solchen Substanzen werden lebensgefährliche Bakterien, die sich bei Eingriffen verbreiten können, in Schach gehalten.

"Zweifellos eine der wichtigsten Entdeckungen der Medizingeschichte", sagt Marc Sprenger von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf. Seit einigen Jahren aber schlagen Gesundheitsexperten Alarm, weil die Waffe gegen tödliche Infektionen stumpf zu werden droht. Die Zahl der Resistenzen gegen Antibiotika wächst rasant, viele Bakterien lassen sich nicht mehr kleinkriegen – und schuld daran ist zum großen Teil der Mensch selbst. Was passiert, wenn die Länder das Problem nicht bald in den Griff bekommen?

"Im schlimmsten Fall sterben Menschen wieder an einfachen Infektionen, etwa der Blase, oder an Lungenentzündung oder Sepsis, weil die Medikamente nicht wirken", sagt Sprenger, der die WHO-Abteilung für den Kampf gegen Antibiotikaresistenzen leitet. In der EU sind nach einer Expertenschätzung schon vor zehn Jahren 25.000 Menschen im Jahr an einer Infektion mit Bakterien gestorben, die gegen die eingesetzten Antibiotika resistent waren.

1928, als einfache Wundinfektionen oder Diphtherie, Lungenentzündung und Tuberkulose für Patienten oft das Todesurteil waren, merkt ein schottischer Bakterienforscher nach der Rückkehr aus dem Urlaub, dass sich auf einer Bakterienkultur in seinem Labor ein Schimmelpilz gebildet und die Bakterien vernichtet hat. Der Pilz heißt Penicillium. Alexander Fleming (1881–1955) ist sich seiner bahnbrechenden Entdeckung sofort bewusst. Es dauert aber noch 14 Jahre, bis das erste Penicillin auf den Markt kommt. Fleming erhält 1945 den Medizin-Nobelpreis.

Nach dem Penicillin werden weitere gegen Bakterien wirkende Verbindungen gefunden. Doch Bakterien entwickeln auf uralten und natürlichen Wegen Überlebensstrategien gegen Substanzen, die ihnen schaden. Sie werden resistent. Aber auch Ärzte, Patienten und die Landwirtschaft tragen zu dem Problem bei. Die Landwirtschaft, weil sie Antibiotika lange flächendeckend in der Massentierhaltung eingesetzt hat und teils noch einsetzt, um in der Enge anfälligere Tiere vor Seuchen zu schützen. Die Antibiotika gelangen über das Fleisch in die Nahrungskette des Menschen und erlauben es Bakterien, sich daran zu gewöhnen.

Bei Ärzten und Patienten liegt die Sache anders. "Es ist ein kulturelles Phänomen", sagt Sprenger. "Auch wenn viele Infektionen eigentlich nach ein paar Tagen von selbst weggehen, verlangen Patienten oft nach Antibiotika, und Ärzte sind zu schnell dabei, ihre Wünsche zu erfüllen." Während ein Arzt in Westeuropa Patienten inzwischen oft beruhigen und auch mit Hausmitteln nach Hause schicken könne, verlangten Patienten in ärmeren Ländern, die für einen Arztbesuch aus eigener Tasche bezahlen, häufig nach Medikamenten.

Starkes Nord-Süd-Gefälle

Schon innerhalb der EU sind die Unterschiede drastisch: In Süd- und Mitteleuropa – etwa Spanien, Italien, Griechenland, Ungarn, Rumänien, Polen – sind teils schon weit über 50 Prozent bestimmter Bakteriengruppen gegen einzelne Antibiotika resistent.

In Deutschland, den Niederlanden und Skandinavien sind es meist deutlich unter zehn Prozent. In Griechenland und Zypern liegt der Verbrauch von Antibiotika pro 1000 Einwohnern etwa doppelt so hoch wie in Deutschland.

In manchen Ländern sind Antibiotika gar an der Straßenecke oder auf dem Markt erhältlich. In anderen werden die Wirkstoffe von skrupellosen Geschäftemachern verdünnt. Ein falsches oder unwirksames Mittel oder eine falsche Dosierung bewirken, dass Bakterien sich an die Medikamente anpassen, dass sie überleben.

Neue Medikamente

Nötig wären neuartige Wirkstoffe mit neuen Wirkmechanismen, sagt Marc Sprenger von der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die Wissenschaft habe aber seit 30 Jahren praktisch keine neuen Angriffsflächen mehr gefunden. „Es sind neue Medikamente in der Forschungspipeline“, so Sprenger. „Vor allen Dingen aber brauchen wir starke Gesundheitssysteme, damit Antibiotika nur über Ärzte nach Abklärung der Notwendigkeit ausgegeben werden.“ Dabei müssten reiche Länder die ärmeren unterstützen. Daher verstärke die WHO Aufklärungskampagnen für Ärzte und Patienten.

700.000 Tote durch Resistenz

Rund 700.000 Menschen sterben nach Schätzungen jedes Jahr weltweit an Infektionen, gegen die keine Antibiotika mehr helfen. Die Zahl der Todesfälle könnte auf zehn Millionen im Jahr steigen, wenn Forscher das Problem der Antibiotika-Resistenzen nicht in den Griff bekämen, heißt es in einer aktuellen Studie. In vielen Ländern breiten sich Bakterien aus, die gegen Antibiotika immun sind. In den schlimmsten Fällen haben Ärzte dann keine Mittel mehr, um lebensgefährliche Infektionen zu stoppen. Die Wissenschafter errechneten, dass die zunehmenden Resistenzen für die Gesellschaft schon jetzt auch eine immense finanzielle Bürde sind.

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1  Kommentar
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( Kommentare)
am 05.09.2018 03:45

Sind die Antibiotika einmal wirkungslos, dann wird es es ein Sterben geben, vergleichbar mit dem Sterben während der Pest im Mittelalter. Alles nur wegen der Unvernunft und Profitgier der Menschen. leider.

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