Siebenjährige getötet: 16-Jährigem "ging es um Erkenntnis"
WIEN. Jener 16-Jährige, der am 11. Mai in Wien-Döbling ein sieben Jahre altes Mädchen erstochen haben soll, hat im Tatzeitpunkt eine schwerwiegende Persönlichkeitsstörung und eine Zwangsstörung aufgewiesen.
Seine Diskretions- und Dispositionsfähigkeit waren allerdings nicht aufgehoben, somit waren Zurechnungsfähigkeit und Schuldfähigkeit gegeben. Zu diesem Ergebnis kommt der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann.
Der erfahrene Gutachter hat im Auftrag der Justiz den Jugendlichen drei Mal untersucht, sämtliche diesen betreffenden verfügbaren medizinischen Unterlagen ausgewertet und auch Berichte aus den Justizanstalten bzw. psychiatrischen Einrichtungen berücksichtigt, in denen der Bursch untergebracht war bzw. ist.
Kombinierte Persönlichkeitsstörung
In seinem nun der Staatsanwaltschaft Wien übermittelten, 98 Seiten umfassenden Gutachten legt Hofmann dar, dass der 16-Jährige von einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit schizoid-narzisstischen Anteilen und einem Wasch- und Kontrollzwang geprägt ist. Schuldausschließungsgrund liege aber keiner vor.
Der Psychiater spricht in seiner Expertise allerdings von "großer Gefahr", dass der 16-Jährige "mit großer Wahrscheinlichkeit unter dem Eindruck seiner geistigen und seelischen Abartigkeit höheren Grades erneut Tötungsdelikte begehen wird. Diese Gefährlichkeit kann nur intramural (innerhalb von Krankenhausmauern, Anm.) hintangehalten werden".
Maßnahmenvollzug ohne zeitliche Begrenzung
Nach Hofmanns Ansicht sind damit die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher im Sinne des § 21 Absatz 2 StGB gegeben, weil ungeachtet des Alters von erst 16 "das Vollbild einer relevanten Persönlichkeitsstörung vorliegt". Sollte die Staatsanwaltschaft Wien den Ausführungen und Schlussfolgerungen des Sachverständigen folgen, ist mit einer Anklage wegen Mordes und darüber hinaus einem Antrag auf Unterbringung in einer Sonderstrafanstalt für abnorme Rechtsbrecher zu rechnen. Im Maßnahmevollzug könnte der Bursch ohne zeitliche Befristung auch nach Verbüßung einer allfälligen verhängten Freiheitsstrafe angehalten werden. Eine Entlassung wäre erst dann möglich, wenn er nach entsprechender therapeutischer Behandlung als nicht mehr gefährlich eingestuft wird.
Gegenüber dem Sachverständigen hatte der 16-Jährige erklärt, er hätte "schon länger Mordgedanken gehabt" und Plus-Minus-Listen angelegt, um abzuwägen, ob er diese umsetzen soll. Er habe "einfach wissen wollen, wie es ist". Nach dem Tod der Siebenjährigen - der Jugendliche soll das Mädchen mit einem Küchenmesser im Badezimmer seiner Wohnung erstochen haben - sei "das Bedürfnis weg gewesen". Es sei ihm "um Erkenntnis gegangen". Er hätte "Allwissenheit" erwerben wollen. Mittlerweile kämen ihm allerdings "Bilder in den Kopf", zitiert Hofmann den 16-Jährigen: "Es ist widerwärtig, [...] mir ist übel davon."
Verdächtiger fühlt sich verfolgt
Der psychische Zustand des 16-Jährigen dürfte sich in jüngster Vergangenheit verschlechtert haben. Ende August verübte er in einem Klinikum, wo er damals aufgenommen war, einen Selbstmordversuch mit mehreren verknoteten T-Shirts. Dieser konnte unterbunden werden, da der Raum videoüberwacht wurde. Seinen eigenen Angaben zufolge sollen den Burschen "laufend" Selbstmordgedanken begleiten. Er fühlt sich aber auch von "Furcht einflößenden Gestalten" verfolgt, die ihm "das Gesicht zerreißen wollen". Einer Psychiaterin, die ihn Anfang September in Augenschein nahm, erklärte er außerdem, er sei ein Delfin und könne ihre Gedanken lesen.
Der psychiatrische Sachverständige deutet diese Entwicklung als Anzeichen einer beginnenden Schizophrenie. Hofmann betont jedoch, der Bursch hätte bei sämtlichen von ihm durchgeführten Untersuchungen keine