Mutmaßliche IS-Terroristen planten Attentat auf Polizei in St. Pölten

Von nachrichten.at/apa   13.Februar 2018

Sie sollen sich zu einer IS-Splittergruppe zwecks Errichtung eines Kalifats in Österreich zusammengeschlossen und einen Anschlag auf eine Polizeiinspektion in St. Pölten geplant haben.

Folgt man der Anklage der Staatsanwaltschaft Wien, waren die mörderischen Terror-Pläne des Trios bereits weit gediehen. Sie standen demnach über Social Media-Dienste in Kontakt mit einem bisher nicht ausgeforschten tschetschenischen Mitglied der radikalislamistischen Terror-Miliz Islamischer Staat (IS) namens Abu Nuuh. Der Anklagevorschrift zufolge verstand es dieser, bei den drei Islamisten, die sich 2015 radikalisiert hatten, "unter Bezugnahme auf Koranverse gezielt auf Rache ausgerichtete Emotionen zu wecken, indem er ihnen darlegte, dass Muslime weltweit leiden und dies eine Verteidigung derselben erfordere".

Im Sommer 2015 erteilte Abu Nuuh den Angeklagten schließlich den Auftrag, im Namen des IS, auf den sie einen Treueschwur ("Baya") ablegten, in einer österreichischen Stadt, die kleiner als Wien sein sollte, Polizisten zu ermorden. Das hat einer der Beschuldigten - ein in St. Pölten wohnhafter 19-Jähriger, der 2005 mit seinen Eltern von Tschetschenien nach Österreich geflüchtet war - im Ermittlungsverfahren gestanden.

"Im Zuge der Gespräche habe ich ihm (Abu Nuuh, Anm.) auf seine Frage hin gesagt, dass ich für einen Anschlag bereit sei. Er sagte daraufhin, dass ich Anschläge auf Polizisten machen solle. Genauer gesagt hat er angegeben, dass ich in Österreich Polizisten in den Kopf schießen und ihre Leichen dann in die Gebüsche schmeißen soll. Außerdem hat er gesagt, dass man auch Frauen und Kinder töten könne", gab der anerkannte Konventionsflüchtling nach seiner Festnahme zu Protokoll. Bei seinen mutmaßlichen Komplizen handelt es sich um einen gleichaltrigen HTL-Schüler aus Wien-Simmering, der 2015 in einer Moschee in Meidling zum Islam konvertierte, und einen mehrfach vorbestraften Tschetschenen, der seit 15 Jahren in Österreich lebt.

Die drei jungen Männer beabsichtigten laut Anklage zunächst, einen Waffenhändler in St. Pölten zu überfallen. Mit den erbeuteten Waffen wollten sie dann ein Blutbad in einer Polizeiinspektion in der niederösterreichischen Hauptstadt anrichten. Dabei nahmen sie bewusst in Kauf, erschossen zu werden, um einen "Märtyrertod" zu sterben. "Der Plan war, so lange auf Polizisten zu schießen, bis wir sterben. Es wäre uns egal gewesen, wie viele Polizisten dabei draufgehen. Wir sollten so lange schießen, bis wir bei der Schießerei sterben", stellte der älteste Verdächtige im Ermittlungsverfahren klar.

Die drei hatten auch schon ein konkretes Waffengeschäft ausgewählt, das sie auskundschafteten. Der Staatsanwaltschaft zufolge unterblieb die Tatausführung nur deshalb, weil am 13. Juli 2015 im Innenministerium ein anonymer Warnhinweis einging, der in weiterer Folge medial verbreitet wurde. Bei dem Informanten dürfte es sich um eine Person aus dem engsten Umfeld der Angeklagten gehandelt haben. Als diese ihre Pläne im Detail den Medien entnahmen, hielten sie diese für nicht mehr durchführbar und ließen davon ab.

Überdies sollen zwei Angeklagte zur Finanzierung ihres Terroranschlags einen Raubüberfall auf eine Lokalbetreiberin geplant haben. Sie wollten diese - so der Vorwurf der Strafverfolgungsbehörde - niederschlagen, fesseln und ihr Bargeld und den Pkw abnehmen. Die beiden legten sich mit Sturmhauben maskiert vor der Shisha-Bar der Frau auf die Lauer. Als die Besitzerin wider Erwarten in Begleitung mehrerer Männer die Bar verließ, bekamen sie kalte Füße.

Die mutmaßlichen Terroristen haben im Verlauf des Ermittlungsverfahrens ihre ursprünglich geständige Verantwortung relativiert. Zuletzt erklärten sie, aus Angst bzw. Zweifel an der Richtigkeit hätten sie den Terror-Anschlag nicht mehr umsetzen wollen.

Auf die Spur des Trios war man im Zuge der Ermittlungen gegen einen im Jänner 2017 in Wien unter Terror-Verdacht festgenommenen Jugendlichen gekommen. Der vor wenigen Wochen in einem separaten Verfahren zur Anklage gebrachte 18-Jährige, der angeblich einen Zwölfjährigen zu einem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen anstiften wollte, stand in engem Kontakt mit einem 22-jährigen Deutschen, mit dem er auch eine "Testbombe" hergestellt haben soll. Nachdem für den Deutschen, gegen den in seiner Heimat ein Verfahren läuft, die Handschellen geklickt hatten, stieß man bei der Auswertung seines Mobiltelefons auf 495 Chats, die dieser mit dem 19-jährigen Wiener HTL-Schüler führte. Aus diesen Gesprächen mit teilweise radikalislamistischen Inhalten ergaben sich Hinweise, dass auch der 19-Jährige Terror-Pläne wälzte. Eine 18 Jahre alte Schülerin aus Wien-Meidling, die der 19-Jährige nach islamischem Ritus geheiratet hatte, soll ihm dabei zumindest seelischen Beistand geleistet haben - sie muss sich in der morgigen Verhandlung als Beitragstäterin ebenfalls vor einem Schöffensenat verantworten.

Die Verhandlung wird unter strengen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden. Der vorsitzende Richter hat - unabhängig vom laufenden Buwog-Prozess - ein absolutes Fotografier- und Filmverbot in und vor dem Gerichtssaal angeordnet. Ob und inwieweit unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt wird - zwei Angeklagte waren in den inkriminierten Tatzeiträumen noch Jugendliche -, ist noch offen.