Franz Fuchs – das schreckliche Vermächtnis des Briefbombers
GRALLA. Vor 20 Jahren erschütterte die erste Briefbomben-Serie Österreich: 25 Sprengsätze hat Franz Fuchs insgesamt verschickt, dabei vier Menschen getötet und 15 schwer verletzt
Heute vor 20 Jahren, am 3. Dezember 1993, nimmt der Briefbomben-Terror des Franz Fuchs seinen Anfang. In den Händen des Hartberger Pfarrers August Janisch und ORF-Moderatorin Silvana Meixner explodierten die ersten Briefbomben. Zwei Tage später wird die Hand des damaligen Wiener Bürgermeisters Helmut Zilk verstümmelt. Auch die Sekretärin eines Wiener Anwalts wird durch eine Briefbombe verletzt. Weitere sechs Briefbomben werden rechtzeitig entschärft. Zur Tat bekennt sich eine Bajuwarische Befreiungsarmee. Acht Monate später wird auf dem Gelände der Klagenfurter Rennerschule eine Bombe entdeckt. Beim Versuch, diese zu durchleuchten, kommt es zur Explosion, bei der Polizist Theo Kelz beide Hände verliert.
Verletzte bei Explosion in Linz
Bei der zweiten Briefbombenserie im Oktober 1994 taucht zunächst eine Briefbombe in einer Ausländerberatungsstelle in Dornbirn auf. Sie wird ebenso abgefangen wie zwei Spengsätze an den Klagenfurter Wieser-Verlag und die Hallein Papier AG sowie eine Sendung an den Abt des Stifts Wilten in Tirol. Verheerend hingegen die Auswirkungen einer Bombenfalle in der Nähe einer Romasiedlung in Oberwart am 5. Februar 1995: Vier Männer der Siedlung werden dabei getötet.
Die dritte Welle: Bei Explosionen in München und Linz werden eine Mitarbeiterin eines deutschen Privatsenders und eine ungarische Mitarbeiterin einer Linzer Partnervermittlung verletzt (Juni 1995). Zwei Tage später wird ein SP-Geschäftsführer im Rathaus Lübeck Opfer eines Bombenattentats.
Bei der vierten Attentats-Welle wird im Oktober die damals 71-jährige Flüchtlingshelferin Maria Loley am Postamt Poysdorf durch eine Briefbombe verletzt. In Stronsdorf detoniert eine Sendung in Händen des aus Syrien stammenden Arztes Mahmoud Abou-Romie und verletzt ihn.
Welle fünf startet sechs Tage vor der Nationalratswahl im Dezember 1995. In einem Grazer Briefkasten explodieren zwei Briefbomben. Ein Jahr später sollen die letzten Spengsätze hochgehen – glücklicherweise erst bei ihrer Entschärfung. Adressatin ist die Schriftstellerin Lotte Ingrisch, Stiefmutter des damaligen Innenministers Caspar Einem.
Verhaftet wird Franz Fuchs am 2. Oktober 1997 bei einer Verkehrskontrolle in seiner Heimatgemeinde Gralla. In selbstmörderischer Absicht zündet der 48-Jährige einen Sprengsatz und verliert beide Hände. Seinem Leben setzt der im März zu lebenslänglicher Haft Verurteilte am 26. Februar 2000 ein Ende. Er erhängt sich an einem Kabel seines Rasierapparats in seiner Zelle. (rofi)
Opfer des Briefbomen-Terrors
Silvana Meixner
(apa)
Die heute 55-Jährige war 1993 eines der ersten Opfer von Franz Fuchs. Damals öffnete sie im Wiener ORF-Zentrum ein an sie persönlich adressiertes Kuvert. Sekundenbruchteile später erschütterte eine gewaltige Detonation das Büro. Blutüberströmt taumelte die in Split geborene Journalistin auf den Gang. Eine Fingerkuppe der Frau war abgerissen worden, ihre Sekretärin Elisabeth Schneeberger kam mit leichten Verletzungen davon. Meixner betreute 1993 die „Minderheitenredaktion“ des ORF und moderierte die Sendung „Heimat, fremde Heimat“.
Helmut Zilk
(OÖN)
Der ehemalige Bürgermeister von Wien war das prominenteste Opfer von Franz Fuchs. Im Dezember 1993 detonierte eine von Fuchs gebaute Briefbombe in der Hand von Helmut Zilk.
Zilk, damals 66 Jahre alt, verlor zwei Finger. Seine Hand war seither in der Greiffunktion stark eingeschränkt und immer in einer Hülle verborgen, die stets passend zur Krawatte aus dem gleichen Seidentuch gefertigt wurde. Zilk starb im Oktober 2008 im Zuge der Behandlung einer in seinem Urlaubsdomizil in Portugal entstandenen Infektion am Bein an Herzversagen.
Theo Kelz
(apa)
Beim Versuch, eine Rohrbombe zu entschärfen, verlor der Klagenfurter Polizist Theo Kelz seine beiden Hände. Zwei Kollegen von Kelz werden bei der Explosion ebenfalls verletzt. Der Sprengsatz war zuvor an der zweisprachigen deutsch-slowenischen Rennerschule in Klagenfurt angebracht gewesen. Ein Jahr nach seiner Verletzung arbeitete Kelz schon wieder im Innendienst.
Dem Polizisten wurden sechs Jahre später durch Raimund Margreiter in einer 17-stündigen Operation erfolgreich Spenderhände transplantiert.
Maria Loley
(apa)
71 Jahre alt war Maria Loley, als sie von einer Briefbombe verletzt wurde. Die Sozialarbeiterin und Flüchtlingshelferin öffnete im Oktober 1995 im Postamt von Poysdorf ein an sie adressiertes Schreiben.
Aufsehen erregte eine von ihr veröffentlichte Erklärung: Sie verzeihe dem Täter und werde für ihn beten. Nicht jene, die getroffen würden, seien die Ärmsten, sondern jene, die Gewalt anwendeten.
Nach ihrer Genesung gründete sie die „Bewegung Mitmensch – Flüchtlingshilfe Poysdorf“. Seit 2003 wohnt Maria Loley in einem Altersheim in Pitten.
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