Auf Wunsch des späteren Mordopfers ließ sich Estibaliz C. Lippen aufspritzen
WIEN. Nach dem Prozessauftakt im Fall der zerstückelten Kellerleichen von Meidling und der Beschuldigteneinvernahme der mutmaßlichen Doppelmörderin Estibaliz C. (34) standen gestern weitere Zeugenbefragungen auf dem Fahrplan des Geschworenengerichts (Vorsitz Susanne Lehr).
Bekanntlich soll die spanisch-mexikanische Doppelstaatsbürgerin im November 2008 ihren Ex-Ehemann Holger H. (48) und im November 2010 ihren Freund Manfred H. (47) mit mehreren Kopfschüssen aus einer Pistole (Kaliber 22) ermordet und die mit einer Kettensäge zerlegten Leichenteile im Kellerabteil ihrer Eisdiele einbetoniert haben.
Weilam ersten TagStaatsanwältin Petra Freh und auch Geschworene die offensichtliche Gefühlskälte der Angeklagten bei der Schilderung ihrer Taten zur Sprache gebracht hatten, nahm die 34-Jährige dazu Stellung. „Womöglich wirke ich nach außen gefühlskalt, weil ich Medikamente nehme.“ Die Angeklagte ist zwar geständig, es bestehen aber Zweifel, ob sie die mutmaßlichen Morde wirklich bereut. Die Beruhigungsmittel hätten bei ihr eine distanzierende Wirkung, sagte die frühere Eisdielen-Betreiberin. Diese sollen bei ihr Angstzustände und Herzrasen während der Verhandlung verhindern. Die Staatsanwältin hakte aber ein, dass die Angeklagte seit ihrer Inhaftierung in der Justizanstalt Wien-Josefstadt im Juni 2011 erst drei Mal einen Psychiater konsultiert und ansonsten nur eine psychologische Haftbetreuung verlangt habe.
Spannend wurde es am Dienstag, als Roland R. (47), der aktuelle Ehemann der Spanierin, als Zeuge befragt wurde. Aufgrund der psychiatrischen Expertise der Gerichtsgutachterin Heidi Kastner geht die Staatsanwaltschaft weiterhin davon aus, dass der 34-Jährigen weitere Beziehungsmorde zuzutrauen seien. Doch der 47-Jährige wollte nicht aussagen und machte von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch. Prozessbeobachter waren sich aber einig, dass der Ehemann bei seinem kurzen Auftritt vor dem Schwurgericht die Spanierin keines Blickes würdigte. Ein anderer Sexpartner der 34-Jährigen sagte aus, damals während der Affäre „nicht wirklich etwas Auffälliges bemerkt“ zu haben. Allerdings sei die Frau „gefallsüchtig“ und „unterwürfig“ gewesen.
Die Angeklagte sprach gestern noch über ihre Schönheitsoperationen, die sie wegen des späteren Mordopfers Manfred H. vornehmen habe lassen. „Manfred hat sich beschwert, dass meine Nase zu groß ist, auch meine Falten störten ihn.“ So habe sie sich die Augenpartien und die Stirn mit Botox glätten lassen. Außerdem ließ sie sich für einen erotischen Mund die Lippen aufspritzen. Eine Fettabsaugung sei aber für sie nicht in Frage gekommen.
Chronologie
27. April 2008 Laut Anklage erschießt Estibaliz C. ihren Ex-Mann Holger H. (48) und zerstückelt die Leiche. Mit dem Deutschen war sie von 2002 bis November 2007 verheiratet. Grund für die Scheidung war u. a. die Beziehung zum späteren Opfer Manfred H. (47).
2. November 2010 Estibaliz erschießt Manfred B. und entsorgt den Leichnam auf ähnliche Weise wie bei Holger H.
6. Juni 2010 Installateure entdecken per Zufall bei Arbeiten im Keller der Eisdiele die Leichenteile. Estibaliz C. flüchtet nach Italien, wird aber einige Tage später verhaftet. Sie ist im zweiten Monat schwanger und wieder liiert.
Seit Jänner 2012 Estibaliz gebärt einen Sohn und heiratet im Gefängnis den Kindesvater Roland R. (47). Im September wird sie angeklagt.