Taktische Spielchen
Nun wollen also Türkise, Blaue und Grüne in der letzten Sitzung des Kirchdorfer Gemeinderates vor der Wahl einen Dringlichkeitsantrag zu dem ohnedies sehr sensiblen Thema "Personalaufnahmeverfahren" einbringen.
Man wolle, so sagt man, ein Höchstmaß an Transparenz und Objektivität erreichen. Ausgangspunkt dürfte eine vom türkisen Vorsitzenden initiierte Beratung im Prüfungsausschuss gewesen sein. Grundsätzlich finde ich es ja gut, wenn man Vorgänge in der städtischen Verwaltung gewissenhaft prüft und Veränderungsvorschläge unterbreitet, wenn Verbesserungen erzielt werden können.
Wie ist das Verfahren bisher? Den Landesgesetzen entsprechend wird nach Beratung im Stadtrat eine Ausschreibung seitens der Amtsleitung verfasst. Nach Einlangen prüft das Amt die Bewerbungen auf ihre Vollständigkeit und nach einem Bewerbungsgespräch mit Amtsleitung und Abteilungsleitung wird ein Reihungsvorschlag erstellt, über den der Personalbeirat berät. Danach wird die Entscheidung im von allen Parteien vertretenen Stadtrat diskutiert und getroffen.
Nun möchte man mit diesem Dringlichkeitsantrag auch schon bei den Bewerbungsgesprächen Vertreter der politischen Parteien dabei haben. Bei führenden Positionen wie etwa der Stadtamtsleitung ist ohnedies ein Hearing auch bisher schon üblich. Aber man stelle sich vor, nun sieht sich jede Reinigungskraft, Helferin im Kindergarten oder jeder Bauhofarbeiter einer ganzen "Kommission" gegenüber – das kann auch kontraproduktiv sein, wenn man ohnedies händeringend nach guten Kräften sucht.
Das Argument von der Gefahr, dass damit der parteipolitische Einfluss eher wächst, statt hintangehalten wird, ist jedenfalls nicht ganz von der Hand zu weisen. Man sieht: eine sehr heikle Materie, die verlangt, sehr behutsam und ausreichend darüber in den zuständigen Stellen zu beraten. Es gilt dabei alle Sichtweisen gut abzuwägen im Sinne tatsächlicher Objektivität und Transparenz.
Warum man aber justament in der letzten Sitzung des Gemeinderates dies mit Dringlichkeitsantrag noch beschließen will, verstehe ich nicht. Umfangreiche Beratung mit allen Beteiligten als Vorbereitung für so einen Beschluss sieht jedenfalls anders aus. Man kann es auch so sehen: Ist es nicht geradezu für die kommenden Mitglieder des Gemeinderates nach deren Neuwahl im September eine Zumutung, wenn ihnen jetzt noch Gemeinderäte einen weitreichenden Beschluss vorsetzen, der fast ausschließlich ihre künftige Arbeit betrifft.
Ich war beinahe 20 Jahre als Mandatar in Kirchdorf tätig, aber ich kann mich nicht an derartige geradezu irritierende Vorgehensweisen bei aller notwendigen politischen Auseinandersetzung erinnern. Lasst die taktischen Spielchen so kurz vor der Wahl und überlasst es den Neugewählten, darüber verantwortungsbewusst, sensibel und zukunftsweisend zu beraten und Beschlüsse zu fassen.
Hannes Grufeneder, ehemaliger Stadt- und Gemeinderat