Die Zeit der "dicken, fetten Weine" ist vorüber
Jahrelang ging man bei der Weinproduktion an die Grenzen des Machbaren. Beherzte Winzer drehen den Spieß um und gehen den eleganten Weg – ein wenig mühsam halt.
Hohe Zuckerwerte die auch aufgrund des Klimawandels (ja, den gibt es tatsächlich) im Traubensaft eingelagert waren, brachten die Kellermeister, welche ein vollreifes Traubenmaterial in den Keller bekommen haben, zum Teil ganz schön ins Schwitzen. Die Herausforderung, eine optimal Geschmacksbalance herzustellen, die einerseits den hohen, zu erwartendem Alkoholgehalt und andererseits den niedrigen Säurewerten (selbige liefert bekanntlich die Frische) gerecht zu werden, war nicht immer sehr einfach.
Andererseits hatte sich ein großer Teil der Konsumenten mit dem Weinstil der „neuen Welt“ angefreundet, bei dem es üblich war, Rotweine kaum unter 14,5% Alkohol in die Flasche zu füllen. Diesen neuen Weinkonsumenten wurde der Zugang zum Wein durch die Fruchtbomber und schokoladigen Weine erleichtert. Diesen Marktgegebenheiten konnte und wollte sich auch ein Teil der heimischen Winzer nicht widersetzen und ging mit industriellen Methoden an die Grenzen des Machbaren. Die schon angeführten 14,5% (da sind dann ohnehin meistens 15% drinnen) sind obligat, kellertechnisch ist alles „hergerichtet“ – vordergründig zugängliche Weine, Jahrgangsunterschiede kümmern einen da nicht, soll ja alles gleich schmecken und das tut es dann auch Jahr für Jahr. Kommerzielle Produkte, die – und das gibt man zu – auf dem Markt auch eine gewisse Berechtigung haben.
Doch nun hat sich seit einiger Zeit das Blatt gewendet. Herkunftstypische Weine zeigen klar und deutlich auf, wie sich die verschiedenen Rebsorten in den unterschiedlichen Gebieten mit einem unvergleichlichen Geschmacksprofil zeigen. Wesentlich weniger Alkohol, finessreiches Geschmacksprofil nach Herkunft, nicht breit und fett auf dem Gaumen, sondern mit Länge und sortentypischer Sensorik. Statt Barrique (das sind die kleinen Fässer), der Ausbau in Holzgebinden ab 500 Liter und mehr. Einfach Weine mit Leichtigkeit, Vielfalt und Spannung, filigran und doch bestens strukturiert. Für Johannes Hirsch, dem Kamptaler Erfolgswinzer kommen ausschließlich natürliche Spontanhefen bei der Gärung in Frage und er meint dazu: „Wenn die Gärung vorbei ist, dann ist es halt so, da wird nicht mehr eingegriffen, hab ich halt etwas weniger Alkohol und dafür ein abgerundetes Geschmacksbild, da darf dann ruhig auch eine kleine Spur Restzucker dabei sein!“ Und um den großartigen Golser Winzer Gerhard „Pitti“ Pittnauer zu zitieren: „Große Weine brauchen nicht viel Alkohol!“
Einer, der diese Philosophie bis ins kleinste Detail verfolgt ist der Eisenberger Shooting Star Thom Wachter. Schon sein Großvater meinte, der Wein muss „gsiffig sei und hänga bleibn“! Thom spricht, was den Lesezeitpunkt anbelangt, den Unterschied zwischen physiologischer Reife und physiologischer Überreife an. Lieber erntet er eine Woche zu früh, als drei Wochen zu spät. Dabei orientiert er sich bei der Laubarbeit natürlich am Wetter. Ist es trocken und heiß, bleiben die äußeren Blätter wie ein Sonnenschirm hängen, ist das Wetter eher regnerisch und feucht, kommen die Blätter gleich mal weg, damit die Beeren rasch getrocknet werden. Ich brauche eine knackige Schale und einen grünen Kern. Man muss halt öfter durch die Gärten gehen. Zu hohe Zuckerwerte sind nicht sein Ziel, das würde eben zu hohen Alkohol bringen. Seine Klassikweine liegen bei 12,5% Alkohol. Bei den Lagenweinen geht er über 13% kaum hinaus. „Kaue ich fünf Beeren habe ich den selben Gerbstoffgehalt im Mund, den der fertige Wein später mitbringt“. Im Keller wird auch bei ihm spontan vergoren und erst nach zehn Monaten wird ganz leicht geschwefelt. Das Ergebnis: Feine Blaufränkisch die auf dem Gaumen schon fast burgundig anmuten. Fein schlank-finessreich-mit wunderbaren, eleganten Nachhall. Weine die eben mit dem Florett und nicht mit dem Schwert behandelt wurden!