Positiv negativ
Positiv zu sein, heißt heute nicht mehr automatisch, dass man das Glas halbvoll sieht.
Ich bin positiv. Wer das von sich behaupten kann, wurde noch vor ein paar Jahren zumindest ansatzweise beneidet. Denn mit der Kraft der positiven Gedanken geht im Leben so manches etwas leichter von der Hand.
Positiv zu sein, heißt aber heute nicht mehr automatisch, dass man das Glas halbvoll sieht und beim Anblick dunkler Wolken stets den blauen Himmel am Firmament bereits erspäht.
Wer heute positiv ist, hat Corona, muss in Quarantäne und hat sich solch eigenartigen Ritualen wie dem "Freitesten" auf dem Jahrmarktgelände zu stellen, wo man augenblicklich als einer von denen enttarnt ist, die es haben. Das Virus. Wahrscheinlich nicht aufgepasst, nicht geimpft oder doch geimpft und trotzdem krank geworden. Schön blöd.
Man ist erkannt. Wer fährt sonst mit dem Auto zum "Test-Container", wo man nach Vorweisen diverser Dokumente sein Test-Gurgel-Packerl erhält?
Wie eigenartig ist es, sich mit dem eigenen Handy dabei filmen lassen zu müssen, wie man eine Salzlösung eine Minute lang gurgelt, während man versucht, nicht aus der Balance zu geraten, das Lenkrad nicht anzuspucken und gleichzeitig den Blick nach unten auf den Timer zu haben, weil sich eine Minute meist länger anfühlt, als sie es ist. Man will ja nicht länger im Speichel herumspeicheln als unbedingt notwendig.
Und dann muss man durch ein kleines Röhrchen in ein etwas größeres Röhrchen das mühsam Erspeichelte abspeicheln, um 24 Stunden später zu wissen, ob man nun positiv oder negativ ist. Vorausgesetzt, der Test verirrt sich nicht auf dem Weg ins Labor, weil dann war das Freitesten völlig frei. Von Sinnhaftigkeit. Aber wer so denkt, ist negativ. Vielleicht.