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Architekturkritik: Präzis gebautes "Werkstück"

Von Georg Wilbertz, 30. November 2024, 13:30 Uhr
Präzis gebautes "Werkstück"
Feiner Material- und Farbenmix und eine skulpturale Treppe als Rückgrat Bild: © paul ott photografiert

KIRCHHAM. Für SFK entwarf das Büro heri&salli aus Wien eine neue Zentrale, deren ungewöhnliche Ästhetik durch den Entwurf und die Güte der Realisierung überzeugt

Zu den Errungenschaften der Moderne gehört, die Architektur vom Zwang, bestimmte Stile anzuwenden, befreit zu haben. Einer der Wege, die dabei beschritten wurden, war die Emanzipation der Konstruktion als gleichberechtigter Träger architektonischer Bedeutung. Konstruktion als Bedeutungsträger, vielleicht sogar als Kunst in einem ästhetischen Sinn?

Dieser Gedanke mag zunächst ungewöhnlich erscheinen, hat die Konstruktion nach landläufiger Auffassung wohl eher eine dienende Funktion für das Bauen. Was jedoch damit gemeint ist, lässt sich aktuell an einem ungewöhnlichen Beispiel in Oberösterreich bestens studieren.

Beim vom Wiener Architekturbüro heri&salli (Heribert Wolfmayr und Josef Saller) in Kirchham (Bezirk Gmunden) geplanten Verwaltungsbau für die Firma SFK wird die Konstruktion durch ihre Gestaltung tatsächlich zum Hauptmoment der künstlerisch-ästhetischen Form des Gebäudes. Damit entspricht der Bau nicht nur einer lang gepflegten Grundauffassung des Wiener Büros. Er folgt auch der Firmenphilosophie von SFK.

Aus dem Tischlerhandwerk kommend, hat sich der Familienbetrieb zu einem Unternehmen entwickelt, das präzise und hochwertige Holz- und Frästechnologien in unterschiedlichen Anwendungsbereichen anbietet. Es verwundert deshalb nicht, dass Entwurf, Detailplanung und Ausführung nicht nur in enger Abstimmung der Entwerfer mit der Bauherrenschaft durchgeführt wurden. Die Errichtung selbst lag weitgehend in den Händen von SFK. Und natürlich: Das realisierte Bauwerk ist ein veritables Aushängeschild und "Musterstück" für die Firma.

Präzis gebautes "Werkstück"
Klare Struktur und starkes Raster Bild: © paul ott photografiert

Struktur, Plastizität – Einheit

Blickt man von außen auf das Gebäude, so fällt auf den ersten Blick die Betonung der architektonischen Struktur durch die plastisch ausgeführten Stützen auf. Diese tragen und gliedern nicht nur den dreigeschoßigen Bau, sie rahmen die geschoßhohen, breiten Fensterflächen, die ungewöhnlich tief in die Fassaden eingebettet sind. Fast erscheint dies als eine Reminiszenz an strukturalistische Bauten der 1960er/70er-Jahre, allerdings ist die Ausführung in Kirchham deutlich feiner, der Eindruck glatter und perfekter.

Die mit konisch geformten Faserzementplatten verkleideten Stützen geben den Fassaden einen verhalten technoiden, dynamischen Ausdruck. Das Gebäudevolumen wird vom völlig gleichmäßigen Konstruktionsraster wie ein hochwertiger architektonischer Schmuckkasten umfangen. Dabei steht das plastisch-graue Raster mit den großen, glattspiegelnden Fensterflächen in einem reizvollen Spannungsverhältnis. Die großen Fenster sorgen im Inneren für eine lichtvolle, arbeitsfreundliche Atmosphäre.

Freigespielte Innenräume

Nicht nur die Fenster, auch die innen ausgeführte Form der tragenden Stützen schafft eine ästhetisch überzeugende Verbindung von außen und innen. Auf der Innenseite wird der konische Stützengrundriss aufgenommen und in Beton ausgeführt. Neben den Fenstern nimmt die Tragstruktur auch alle technisch notwendigen Vorrichtungen (z.B. die seitliche Führung der Jalousien) auf. Entsprechend den funktionalen Erfordernissen und der beabsichtigten Wirkung ist die Ausführungsqualität außergewöhnlich hoch. Im Inneren ist das Bauwerk auf eine möglichst freie Disposition des Grundrisses ausgelegt. Entsprechend vielgestaltig und atmosphärisch differenziert ist das funktional orientierte Raumangebot. Die Materialien Holz, Glas und Metall werden zu einer modernen, Durch- und Einblicke erlaubenden, organischen Einheit verbunden.

Eine besondere Anmutung besitzt die Haupttreppe, deren skulpturale Gestaltung die Gesamtwirkung des Inneren maßgeblich mitbestimmt. Insgesamt wird ein erheblicher gestalterischer und räumlicher Aufwand betrieben, der allerdings nicht in eine zweckfreie, auf bloßen Effekt zielende Überinszenierung mündet. Ratio, Funktion und Raum bilden ein – teilweise kontrastreiches – harmonisches Ganzes.

Eindrucksvoll belegt das SFK-Gebäude in Kirchham die an dieser Stelle schon mehrfach geäußerte Gewissheit, dass für die positive, spannungsreiche Wirkung von Architektur nicht nur der große Gesamtentwurf, sondern auch die sorgfältige Gestaltung und Ausführung der Einzelformen und Details große Bedeutung haben. Beides wurde in Kirchham zu einer faszinierenden Symbiose.

Datenblatt

  • Entwurf: heri&salli (Heribert Wolfmayr, Josef Saller), Wien
  • Bauherrnschaft: SFK Technologie Manufaktur, Kampesberg 3, 4656 Kirchham
  • Funktion: Büro und Verwaltung
  • Planung: 2015–2016
  • Ausführung: 2018–2024
  • Bauweise: Mischbauweise
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Georg Wilbertz
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3  Kommentare
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vinzenz2015 (49.162 Kommentare)
am 30.11.2024 15:25

SO geht gute Archtektur!

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soistes (3.504 Kommentare)
am 30.11.2024 15:01

Beton und Glas außen.
Also einfallslos wie gehabt und überall zu sehen.

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Gugelbua (33.100 Kommentare)
am 30.11.2024 13:45

sieht aus wie mit Lego gebaut😁

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