Wie die "grünen Strahlen" die Natur in die Mailänder Innenstadt brachten
Gegen die Hitze in der Stadt: Architekten und Stadtplaner präsentierten in Linz Projekte.
Die Hitze war teils unerträglich, in Österreich gab es heuer den zweitwärmsten Sommer seit Messbeginn im Jahr 1767. Wie wir unsere Städte umbauen müssen, damit sie trotz Erhitzung ein gutes Leben ermöglichen? Experten aus dem In- und Ausland diskutierten diese Woche beim oberösterreichischen Umweltkongress an der Anton Bruckner Privatuniversität zum Thema und stellten ihre Projekte vor.
Schauplatz Aspangstraße in Wien: Die Architektur- und Stadtforscherin Betül Bretschneider beschäftigte sich ein Jahr lang mit der vielbefahrenen Aspangstraße im dritten Wiener Bezirk. "Ein überraschendes Ergebnis war, dass sich die Hitze besonders gut unter den Autos hält." Maßnahmen gegen die Hitze: "Gärten, und Bäume, Glyzinienranken an den Fassaden und eine Reduzierung der derzeit 27 Meter breiten und fast durchgehend asphaltierten Straße auf eine Einbahn. Durch das Pflanzen von Bäumen würden auch nur zehn Parkplätze verloren gehen", sagte Bretschneider. Wann die Umgestaltung erfolgen soll, steht noch nicht fest.
Schauplatz Biotop City in Wien: Die deutsch-niederländische Stadtplanerin Helga Fassbinder präsentierte bereits im Jahr 2002 in Eindhoven (Niederlande) ihr Konzept einer "Biotope City’’, das die intensive Begrünung von baulichen Strukturen als effizienteste und gleichzeitig kostengünstigste Methode der Milderung von Folgen des Klimawandels beinhaltet und von der Vorstellung der hochverdichteten Stadt als eine Form von Natur ausgeht. Seit 2011 arbeitete sie mit dem österreichischen Architekten Harry Glück und initiierte den Bau einer Biotope City im zehnten Wiener Bezirk. Sieben Bauträger realisieren 950 Wohnungen unterschiedlicher Größe und Ausrichtungen. Davon sind 600 gefördert. Etwa 200 Wohnungen werden als kostengünstige SMART-Wohnungen ausgeführt. Die Übergabe der ersten Wohnungen ist ab Spätherbst geplant.
Schauplatz Mailand: Andreas Kipar ist Architekt und Landschaftsarchitekt sowie Gründer des internationalen Landschaftsarchitekturbüros "LAND" mit Sitz in Mailand-Düsseldorf-Lugano. Seine Forderung: "Wir brauchen Natur in unseren Städten." Mit seinem sogenannten Acht-Strahlen-Modell verband er in Mailand alte und neue Grünflächen und holte damit Natur und Frischluft in die Innenstadt – das, obwohl die lombardische Wirtschaftsmetropole mit 7500 Einwohnern pro Quadratkilometer eine der Städte mit der höchsten Bevölkerungsdichte Europas ist. Die grünen Strahlen ("raggi verdi") gelten als internationales Modell für ganzheitliche Stadt- und Raumplanung. Das Argument, dass wenn mehr Natur in die Stadt einzieht, weniger Platz zum Bauen bleibt, lässt er nicht gelten: "Denn fest steht, die Folgekosten einer fehlenden Natur in den Städten werden weitaus höher sein als die Baukosten."
Mit seinem Denken hat Kipar auch die Planung für die Umgestaltung Essens vorangetrieben. Die EU-Kommission zeichnete die deutsche Ruhrmetropole 2017 mit dem Titel "Grüne Hauptstadt Europas" aus. (viel)