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Wie aus einem öffentlichen Hallenbad ein Wohnhaus wurde

Von Karin Haas   18.September 2021

Platsch macht es hier schon lange nicht mehr. Auch der Bademeister hat sein Pfeiferl längst an den Nagel gehängt. Trotzdem mahnt noch immer ein Schild mit der Aufschrift "Nicht lärmen, laufen, turnen und ins Wasser springen" im ehemaligen Hallenbad von Scharnstein im Almtal.

Es hängt über dem früheren Bade-Kiosk, in dem jetzt die Küche von Sieglinde Frohmann ist. Die Leiterin der Kulturabteilung der Stadt Ried, zugleich auch Leiterin des dortigen Volkskundemuseums, bewohnt mit ihrem Gatten Günther Frohmann seit 2002 dieses besondere Objekt. Es ist das frühere Hallenbad einer Ferienanlage, das ehemals öffentlich war.

Wie aus einem öffentlichen Hallenbad ein Wohnhaus wurde
„Nicht lärmen, laufen, turnen und ins Wasser springen!“ steht über dem ehemaligen Badebuffet, das jetzt die Küche ist.

Almtaler Schwimmschule

"So mancher Almtaler hat hier Schwimmen gelernt", sagt Günther Frohmann. Er ist pensionierter Mittelschulprofessor, Architekt und Maler. Der Charme dieses Ortes hat es ihm nachhaltig angetan. "Ich habe es 1987 binnen zehn Minuten gekauft", sagt Frohmann.

Ehemals ressortierte das Areal nahe der Ruine Scharnstein zum Reich der Sensenschmiede der Redtenbacher-Dynastie. Die benachbarte Villa Stefani, heute in Hand der "Lebenshilfe", zeugt noch von schwarzgräflichem Wohlstand. Redtenbacher hatte 1929 das Areal vom Stift Kremsmünster erworben, das im Almtal auch heute noch mit Immobilien vertreten ist.

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Blick vom ehemaligen Badebuffet: das Ehepaar Frohmann als Kunstobjekt von Gabi und Reinhard Kiehas dargestellt

Die Ära Redtenbacher endete 1963. Dann kaufte der hochfliegende deutsche Kommerzialrat Johann Kerschgens das Areal und bebaute es mit einer Ferienanlage mit Tennisplatz, Minigolfanlage, Sommerpavillons, Appartementhaus und eben dem Hallenbad.

Der hohe Flug währte nicht lange. Auch das 1969 eröffnete Hallenbad war 1974 insolvenzbedingt Geschichte. Die Lebenshilfe kaufte 1985 das Areal und verkaufte einen Teil 1987 an eben Günther Frohmann. Alois Schober, damals Obmann der Lebenshilfe Scharnstein, der auch ins Hallenbad schwimmen gegangen war, erinnert sich. Ein sehr schönes Bad mit Sauna sei es gewesen, sagt Schober.

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Früher ein Minigolfplatz, heute ein Gartenteich

Auch ein Gasthaus war dabei

Im selben Gebäude im Untergeschoß in den Hang gebaut war damals das beliebte Gasthaus "Die bunte Kuh". Auch das, längst stillgelegt, ist heute Teil des Hauses Frohmann.

Im Hallenbad, dessen Wände längst verkleidet sind, ist viel Platz für die Bildergalerie des Hausherrn. Zwei herrschaftliche, rot gestrichene Treppen führen an den Grund des Hallenbades. Die Umkleidekabinen "im ersten Stock" wurden zu Schlaf- und Gästezimmern. Im ehemaligen Rot-Kreuz-Kammerl erinnern zu Küchenkasteln gewordene Metallspinde des ehemaligen Umkleidebereiches daran, dass hier ein Hallenbad war.

Die rutschfesten Fliesen des Zugangs gibt es noch. Lediglich die Wasserabflussrinnen wurden charmant rot verkleidet. Die Stahlbetonkonstruktion des Hallenbades bestimmt das gesamte Gebäude. Geschickt eingebaut neben der Stahlbetonkonstruktion des Hallenbades schmiegen sich zwei rustikal-elegant eingerichtete "Winterräume", die mit Lichtklappen nach oben versehen sind, die die Heizwärme in Richtung Schlafräume aufsteigen lassen. Denn so ein aufgelassenes Hallenbad ist auch heiztechnisch eine Herausforderung. Im oberen Stock ist auch das Mal-Atelier Frohmanns.

Wie aus einem öffentlichen Hallenbad ein Wohnhaus wurde
Säulen tragen die früheren Umkleidekabinen, die heute Schlaf- und Gästezimmer sind.

Versteckte Hallenbadfliesen

"Man könnte das Wasser heute wieder einlassen", sagt Sieglinde Frohmann. So wenig sei verändert worden. Wie zum Beweis öffnet Günther Frohmann eine Tür in der Wandverkleidung und lacht über erstaunte Besucher, die die blauen Fliesen bestaunen. Doch Hallenbad-Flair gibt es hier – mit Ausnahme weniger nostalgischer Anklänge – längst nicht mehr. Es wurde auf elegant-chic mit Bibliothek in der Galerie und Leder-Fauteuil-Sitzplatz neben den ehemaligen Schwimmbahnen umgekrempelt.

Aber erst 2002 war es bewohnbar. Man habe sehr viel selbst gemacht und tatkräftig angepackt. "Ein winziges beheizbares Kammerl war jahrelang unsere Bauhütte", sagt Sieglinde Frohmann. Heute hängen die eleganten Hüte der Modisten-Verfechterin und so manch rustikale Rarität an den Wänden. Sieglinde Frohmann ist promovierte Kunsthistorikerin. Sie stammt aus Kirchdorf an der Krems und hat ihren heutigen Mann im Gymnasium ihrer Heimatstadt kennengelernt. Nicht als Schüler, sondern als Lehrer.

Wie aus einem öffentlichen Hallenbad ein Wohnhaus wurde
Wer ahnt, dass hier ein umgebautes Hallenbad verborgen ist?

Der in Grünau aufgewachsene Günther Frohmann (dessen Vater war dort Schuldirektor) unterrichtete einige Jahre an Sieglindes Schule in Kirchdorf. Als sich deren Wege später im Almtal kreuzten, ging man den Lebensweg gemeinsam. Geheiratet wurde 2006.

"Ich bin auch ein Gartenmensch", sagt Sieglinde Frohmann. Deshalb wurde aus dem früheren Minigolfplatz der Ferienanlage ein Naturteich, von dem aus man auf steilen Stufen Richtung Hallenbad, alias Wohnhaus, geht. Darin verborgen sind neben etlichen Werkstätten des Hausherrn auch eine kühn angebaute, cool-moderne Terrasse.

Es wird weitergebaut

Daran schließt sich der Wintergarten an, der zu einem "Seniorium", einer barrierefreien, topmodernen Wohnung für die goldenen Herbstjahre des Lebens wird. Natürlich vom Hausherrn selbst gebaut. Denn mit Stufensteigen im Hallenbad-Haus waren die Frohmanns ausreichend beschäftigt.

Nachgefragt

Mein Lieblingsplatz: Für uns beide die Terrasse – besonders wenn am Abend die letzten Strahlen der untergehenden Sonne hier ankommen.

Immer im Kühlschrank: Prosecco

Derzeit am Nachtkasterl: Nils Büttner: „Gemalte Gärten – Bilder aus zwei Jahrtausenden“ (Sieglinde Frohmann); Skizzenblock für Architektur- und Designentwürfe (Günther Frohmann)

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