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ETH Zürich präsentiert ein "Haus", das selbst den Handwerker ruft und bezahlt

30.Oktober 2021

Kein gewinnorientierter Besitzer, keine administrativen Kosten für die Verwaltung – das sich selbst besitzende Haus könnte ein Traum für Mieter sein. Die ETH Zürich präsentierte nun einen Prototyp: Es ist vorerst eine kleine Meditationskabine, aber die Grundlagen für mehr sind gelegt, so die Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule. Die solarbetriebene Holzhütte funktioniert autonom, und jeder kann sie online für eine bestimmte Zeit mieten. Einlass erhält man automatisch nach dem Vorzeigen eines QR-Codes. Das Projekt heißt "no1s1", ausgesprochen "no one’s one", auf Deutsch ungefähr "niemandem seins".

Für die künftige größere Version sollen die Mieten in Form der Kryptowährung Ethereum abgegolten werden und auf ein Konto fließen, das vom Haus selbst kontrolliert wird. Ist etwas kaputt, ruft das Haus einen Handwerker und bezahlt ihn anschließend eigenständig.

Theoretisch besitzt sich das Haus selbst. Möglich macht das eine sogenannte Dezentralisierte Autonome Organisation (DAO), die auf der Blockchain-Technologie basiert. Die Blockchain erlaubt es etwa, Verträge abzuschließen, ohne dass eine zentrale, möglichst vertrauenswürdige Instanz wie eine Bank oder Regierung dafür bürgen muss. Derartige Verträge werden "Smart Contracts" genannt.

So kann sich eine große Zahl von Menschen oder digitalen Systemen zu einem bestimmten Zweck koordinieren, ohne dass hierarchische Strukturen und menschliche Vermittlung erforderlich wären. Menschen können sich darin organisieren und nach demokratischen Prinzipien auch die Regeln in den Verträgen ändern – einen menschlichen Besitzer braucht die Struktur deswegen nicht. Die Weiterentwicklung der Regeln könnte zudem theoretisch auch eine künstliche Intelligenz (mit-)übernehmen.

"Wenn Immobilien keine menschlichen Besitzer haben, entfallen durch die automatisierte Koordination hohe administrative Kosten. Vor allem aber muss das Modell nicht profitabel sein", sagte die Erfinderin des "no1s1", die Doktorandin Hongyang Wang, bei der Präsentation am Donnerstag. Allfällige Überschüsse könnten in den Unterhalt der Bauten oder an die Nutzenden zurückfließen.

Noch ist die Technologie laut Hongyang Wang nicht reif für die große Version der Vision. Aber wenn man sie konsequent zu Ende denke, gelange man zu einer Idee namens "Nature 2.0", einer menschlichen Infrastruktur, die sich selbsterhaltend verwaltet und reguliert – wie ein natürliches Ökosystem, etwa ein Wald, das tut.

Das Projekt zeige eine Alternative zu der Vorstellung von Wohnraum als Kapitalanlage auf, sagt Wangs Doktorvater Daniel Hall, Professor am Institut für Bau- und Infrastrukturmanagement des Departements Bau, Umwelt und Geomatik (BAUG) der ETH: "Die vielerorts wachsende wirtschaftliche Ungleichheit und die Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt sind Ausgangspunkte unserer Überlegungen."

Hier setze die Idee von dezentralen, autonomen Objekten an: "Indem wir prototypisch zeigen, dass ‚no1s1‘ selbsterhaltend statt profitorientiert funktionieren kann, könnten wir dem Ziel von geeignetem und bezahlbarem Wohnraum für alle Menschen einen Schritt näher kommen".

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25. April 2024