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Eine IT-Insel der Seligen

Von Georg Wilbertz   16.November 2019

Ein Gebäude kann eine Insel sein. Betrachtet man das bauliche Umfeld des neuen Dynatrace-Gebäudes am Übergang zum Linzer Hafenareal, drängt sich das Inselbild geradezu auf. Der Neubau besitzt eine zurückhaltend organisch geschwungene Fassade und steht inmitten eines eher chaotischen architektonischen Umfelds. Unterschiedlichste Nachbarbauten rücken eng an das Gebäude heran. Auf der Ostseite trennen nur wenige Meter das siebenstöckige Gebäude von der A7. Die Nähe zur Stadtautobahn ist auch ein Vorteil. Dynatrace dominiert mit seinem horizontal gegliederten Gebäude die Stadteinfahrt nach Linz. Der Bau wird im sonst unspektakulären Umfeld zum werbewirksamen Brückenkopf. Die aufwendige Fassadentechnik (u. a. Dreifachverglasung) lässt die lauten Außengeräusche nicht nach innen dringen.

Eine IT-Insel der Seligen
Farbliche Orientierung und spannende Durchblicke

Ist das Äußere zurückhaltend klar gestaltet, so entfaltet das Innere ein wahres Feuerwerk an Raumangeboten, Funktionen und Durchblicken. Gerhard Abel, verantwortlicher Architekt des Wiener Büros Planet Architects spricht von einem "vertikalen Campus". Dessen Raum- und Nutzungsvielfalt ihn mehr an eine gut organisierte kleine Stadt oder ein Grätzel als an ein herkömmliches Bürogebäude erinnere. Und wie bei einem funktionierenden Grätzel greifen die Räume und Nutzungen ineinander. Sie bieten der Kreativität und dem Kommunikationsbedürfnis der Mitarbeiter verschiedenste Arbeits- und Besprechungssituationen. Man spürt den Wunsch, für alle Eventualitäten und Bedürfnisse der sensiblen Belegschaft gerüstet zu sein. Diese wurde, um zu optimalen Lösungen zu gelangen, in die Planung miteinbezogen. Dies verbessert ganz nebenbei die Akzeptanz für das neue Arbeitsumfeld.

Bürokonzept der Zukunft?

Durchdacht sind die Abstufung und das Ineinandergreifen von öffentlichen und nicht öffentlichen Bereichen. Im lichtdurchfluteten Erdgeschoss finden Empfang, Vortragssaal und Restaurant Platz. Die Lobby öffnet sich in einem gebäudehohen, großzügigen Treppenhaus nach oben. Um diese spektakuläre zentrale Erschließung legen sich pro Geschoss die halböffentlichen Bereiche aus Besprechungsräumen ("Squads"), Meetingzonen und -nischen. Ringartig sind um diese die äußeren Büros der Entwicklerteams angeordnet. Sie bieten teils außergewöhnliche Blicke auf Linz oder in das Mühlviertel. Innerhalb des komplexen Ganzen bietet ein fein abgestuftes Farb- und Leitsystem Orientierung.

Viele Elemente erinnern an die Bürokonzepte internationaler IT-Giganten. Für Architekt Gerhard Abel zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede. Das Dynatrace-Gebäude möchte keine "Spielwiese" sein. Aufgrund seines Erfolgs ist das Unternehmen längst kein Start-up mehr. Erfolg und Seriosität spiegeln sich – neben aller Kreativität – nicht nur in der Architektur wider. Auch die Materialien und die Gestaltung der Möblierung sind grundsolide. Eben eher Oberösterreich als Silicon Valley.

Begegnet man hier der Bürogestaltung der Zukunft? Der betriebene Raum- und Detailaufwand lässt daran Zweifel. Die Hightechbranche definiert diesbezüglich ihre eigenen Maßstäbe. Beheizbare Spinde für die regennasse Fahrradkleidung der radaffinen Belegschaft sprechen eine deutliche Sprache. Auch wenn das Dynatrace-Gebäude kein allgemeingültiger Maßstab sein kann, repräsentiert es für Linz, was im Bereich Büroarchitektur möglich ist. Spannend wäre ein neuerlicher Blick in einem Jahr: Wurden die Raum- und Funktionsangebote angenommen? Haben sich einzelne Lösungen weiterentwickelt? Welche Details haben die Erwartungen nicht erfüllt?

In städtebaulicher Hinsicht demonstriert das Gebäude für Linz etwas Wichtiges: Nicht nur Hochhäuser sind als bauliche Investition erfolgreich. Es geht auch kleiner. Für das städtische Umfeld in Hafennähe könnte der Bau – im Wortsinn – zur Referenzgröße werden. Dann bleibt er vielleicht keine architektonische Insel.

Das Headquarter

Bauherrschaft: Neunteufel GmbH, Linz.
Planung: Planet architects mit A&S Bauconsult.
Innenarchitektur, Möbeldesign: Planet architects.
Gesamtfläche: 9500 m² (für bis zu 500 Mitarbeiter).
Projektlaufzeit: Februar 2017 bis Oktober 2019.
Bezug: November.
Bauweise: Stahlbeton mit Aluminium-Glasfassade.

 

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19. April 2024