Bauen und Wohnen: Aufträge für die nächste Landesregierung
Wünsche und Forderungen: Wie soll es in Oberösterreich im Bereich Immobilien bis 2027 weitergehen?
Seit Dienstag verhandeln ÖVP und FPÖ über eine Neuauflage ihrer Landeskoalition. Am 23. Oktober wird die Proporzregierung stehen, der Landtag wird sich konstituieren. Wir haben Branchenvertreter und Mieterschützer gefragt, welche Aufgaben aus ihrer Sicht die wichtigsten beim Bauen und Wohnen im Land sind.
Mario Zoidl
Obmann der Fachgruppe Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Oberösterreich
Leistbares Wohnen: Aufgrund vieler Umstände ist leistbares Wohnen zu einer echten Herausforderung geworden. Es gibt ein Überangebot an Miet- bzw. Eigentumswohnungen, und doch ist das meiste auf einem relativ hohen Kostenniveau. Die Situation ist aber nicht aussichtslos, Finanzierungen sind für die meisten so günstig wie nie.
Grundstücke: Eine sich verschärfende Herausforderung für alle Immobilienerrichter, ob gewerbliche Bauträger, gemeinnützige Bauvereinigungen oder Häuslbauer, ist die Verknappung der Baugrundstücke. Das ist leider nicht alleine mit Baulandsicherungsverträgen bei Umwidmungen zu lösen. Hier müssen zusätzlich neue Wege gefunden werden – Bauen auf fremdem Grund wäre eine Möglichkeit, die nicht nur für private Grundeigentümer, sondern auch für das Land interessant sein könnte.
Baustoffpreise: Wegen der anziehenden Baustoff- und damit Immobilienpreise verteuern und verzögern sich Bauvorhaben. Hier wäre eine Stützung mit einer zusätzlichen kurzfristigen Förderung bis zur Normalisierung der Preise wünschenswert.
Strom: E-Mobilität und Strom-Eigenversorgung mit PV-Anlagen wird für den Umweltschutz und Wohnbau immer wichtiger und kann vom Land noch mehr beworben und gefördert werden. Das wäre eine Investition in die Zukunft, wir haben auf vielen Dächern noch enorme Möglichkeiten.
Internet: Der Ausbau des schnellen Internets ist sehr wichtig. Er muss stärker gefördert werden, damit wir aus jeder Ecke des Landes gut und schnell arbeiten können.
Nicole Hager-Wildenrotter
Geschäftsführerin der Mietervereinigung Oberösterreich
Sozialer Wohnbau: Das Land soll die zuletzt erfolgte Verschiebung von Wohnbaufördermitteln in Richtung Eigentumsförderung zugunsten des gemeinnützigen Wohnbaus zurücknehmen. Die Abgaben zur Wohnbauförderung müssen wieder zweckgewidmet werden. Und die Gemeinden sollen vom Land offensiv über die seit 2020 in der Raumordnung bestehende Widmungskategorie „Sozialer Wohnbau“ informiert werden.
Wohnkostenbremse: Mit veränderter Wohnbauförderung und Wohnbeihilfe kann Oberösterreich zur Pilotregion für eine „Wohnkostenbremse“ werden, damit die Kosten nicht mehr stärker als die sonstige Inflation steigen – aktuell sind Mieten und vor allem Betriebskosten Preistreiber, zusätzliche negative Folgen wegen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes des Bundes sind zu befürchten (Strom, Gas). Dem muss man auf Landesebene entgegenwirken.
Wohnbeihilfe: Die durchschnittlichen Mieten in den Ballungszentren wie Linz, Wels, Steyr, Vöcklabruck, Linz-Land, Kirchdorf und auch Schärding betragen für Wohnungen im brauchbaren oder neuwertigen Zustand, in guter oder in sehr guter Lage jedenfalls deutlich mehr als sieben Euro. Es braucht die längst fällige Valorisierung der Sieben-Euro-Wertgrenze bei der Bruttomiete, ab der keine Wohnbeihilfe mehr zusteht.
Leerstände: Wichtig wäre die Implementierung einer Meldepflicht für leer stehende Wohnungen nach sechs Monaten, um Spekulation und Mietkosten zu dämpfen (Leerstandsdatenbank). Die Einnahmen aus einer Leerstandsabgabe könnten der Finanzierung der Wohnkostenbremse dienen.
Simon Spendlingwimmer
Obmann des Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB) Linz
Freizeitwohnungsabgabe: Im Nicht-Tourismusbereich muss die Freizeitwohnungsabgabe ersatzlos abgeschafft werden. Die überfallsartige Ausrollung und die Verwendung der Einnahmen für die Tourismusförderung sind sachlich nicht gerechtfertigt. Es hat sich gezeigt, dass damit Eigentümer bestraft werden, die in ihrem Gebäude bzw. ihrer Wohnung größere Sanierungen und Umbauten durchführen, und auch solche, die keine Mieter für ihre Wohnung finden und dadurch ohnehin schon Einkommenseinbußen haben. Außerdem ist der Verwaltungsaufwand auf Gemeindeebene groß.
Wohnbauförderung: Es braucht attraktivere Fördermöglichkeiten für nachhaltige Neubauten und besonders für Gebäudesanierungen – vor dem Hintergrund der Klimaziele, der Eindämmung des Flächenverbrauchs und des volkswirtschaftlichen Nutzens. Weiters: Umstellung von Objekt- (Genossenschaften) hin zur Subjektförderung (Menschen); mit Ausbau der Wohnbeihilfe jene fördern, die sich auf dem freien Markt schwertun; Entpolitisierung der großen Wohnbaugenossenschaften.
Raumordnung: Das Raumordnungsrecht soll mit stärkerer Einbeziehung der Eigentümer bei der Erstellung von Entwicklungskonzepten und Flächenwidmungsplänen bzw. im Widmungsverfahren verbessert werden. Auch braucht es mehr Rechtssicherheit im Bauverfahren: Man soll sich darauf verlassen können, dass ein Vorhaben, das den Regelungen eines Widmungsplanes entspricht, anstandslos genehmigt wird. Die Möglichkeiten einer Gemeinde, eine Bausperre zu erlassen, müssen zumindest eingeschränkt werden. Und: Ausbau der Infrastruktur vor allem auf dem Land.
Wohnen wird noch viel schlimmer.
Die Kartellbehörden schauen und schauten geflissentlich weg. Mittlerweile gibt es international agierende Aktiengesellschaften, die 100 000e Wohnungen besitzen und so über ein Grundbedürfnis aller Menschen herrschen, das für den Einzelnen Basis seiner Existenz ist.
Beispiel: Die 1950 gegründete im Besitz der Republik befindliche BUWOG wurde von Grasser zwecks EU-gerechter Budgetschönung zusammen mit anderen Immobiliengesellschaften um 961 Mio an ein Bieterkonsortum aus RLB OÖ, Wr Städtische und Immofinanz verkauft. Abwicklung Lehman Broth. In der Folge landete BUWOG bei der Immofinanz und kaufte selbst in D um 892 Mio 18 000 Wohnungen auf, wurde so ein führender Anbieter und ging an die Börse.
2018 kaufte der D Wohnkonzern Vonovia um 5,2 Mrd die BUWOG; die Übernahme war damit die 2. größte, die es in Ö je gab.
Vonovia vergrößert gerade ihren Bestand von 350.000 Wohnungen plus49.000 Buwog-Wohnungen durch aggressive Expansion in F, CH und S.
Bauen und Wohnen BARRIEREFREI, so wie in besser tickenden Bundesländern auch!
Wohnen und Wohnkosten werden zunehmend zur starken Belastung. Seien es die exorbitant hohen Mieten, seien es die exorbitant hohen Kaufpreise.
Und zwar in allen Alterskategorien.
Wie lange kann das noch gut gehen?
Aha, "Es gibt ein Überangebot an Miet- bzw. Eigentumswohnungen."
Sollte gemäß der herrschenden marktradikalen Ideologie bei einem Überangebot nicht der Preis sinken?
Trotzdem bleibt "das meiste auf einem relativ hohen Kostenniveau".
NEIN. DOCH. OHHHHHHHHH
Erklärung: Wohnen/Wohnbau ist kein Markt im herkömmlichen Sinne. (schon gar nicht im marktradikalen idealtypischen Sinne.) Genau genommen ist Wohnen ein NICHT-Markt.
Marktideologie- und Prinzipien haben dort nichts verloren, und wenn diese Prinzipien trotzdem angewendet werden, führt das nur zu Problemen und zu Leid für Menschen. Die aktuelle Situation ist ja das beste Negativ-Beispiel.
Lösung:
-Klare und strikte Regulierung des Wohnbaus und der Mieten.
-Massive Reduzierung der Miethöhe, egal ob gemeinnützig oder privat, und Unterstützung des gemeinnützigem Sektors.
-Massive Qualitätsverbesserung bei Planung und Bau von Wohnungen. (Größerer Wohnraum, moderne Technik, mehr Zimmer, moderne Heizform, usw...)
Ob sich etwas ändern wird?
Es gibt ein Überangebot an Miet- bzw. Eigentumswohnungen, das meiste auf einem relativ hohen Kostenniveau,
die Verknappung der Baugrundstücke,
steigende Baukosten - eine Stützung mit einer zusätzlichen kurzfristigen Förderung bis zur Normalisierung der Preise,
die Wohnkostenbremse bleibt offenbar ein Wunschgedanke,
Planungssicherheit - den Gemeinden weniger Rechte einräumen, etwa einen Baustopp zu erlassen und
zuletzt wie immer, Infrastrukturausbau - den Straßenbau forcieren.
Das Klima kommt im Artikel nicht vor und auch Themen wie Bodenschutz, stoppt die Bodenversiegelung, Ernährungssouveränität, Landwirtschaft, leistbares Wohnen, Wohngemeinschaften... fehlen. Zusammengefasst, es ändert sich nichts!