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Zwischen Himmel und Hölle

Von Karin Haas   28.September 2019

Nächste Station Himmelreich, Ausstieg in Fahrtrichtung rechts" – im Schwarzwald in Baden-Württemberg sagt noch der Schaffner und nicht eine Computerstimme die Stationen an. Dass es hier mit einer Regionalbahn auch ins Höllental geht, lässt so manchen schmunzeln.

Zugegeben, der Schwarzwald, ganz im Eck von Deutschland Richtung Frankreich und der Schweiz, liegt für Oberösterreicher nicht gerade am Weg. Doch als Zwischenstation nach Irgendwo oder als Urlaubsdestination, die man ab Linz bequem auch mit der Bahn erreichen kann (über München oder über Zürich via Freiburg im Breisgau in gut acht Stunden), bietet sich der Schwarzwald zum Entdecken an.

Besonders reizvoll ist der sogenannte Hochschwarzwald, der die hoch gelegenen Gemeinden umfasst, die locker über 1000 Meter Seehöhe liegen und durch eine besondere Landschaft und besondere Menschen bezaubern.

Wie der Name verheißt, gibt es viel Wald. Das bedeutet viel Weißtanne, Buche und wenig Fichte, was den Hochschwarzwald rund um Hinterzarten, St. Märgen und etwa Lenzkirch-Saig besonders widerstandfähig gegen den Klimawandel macht. Für Wanderfreudige präsentiert sich dieser noch dazu sehr ursprünglich, beinahe urwaldmäßig, weil "nicht beforstetet".

Reizvolles Uhrenmuseum

Eine Reise in den Schwarzwald ist auch eine Reise ins Uhrenland. Diese startet man am besten im Uhrenmuseum im Kloster St. Märgen mit Führer Rudolf Schwär und sie beginnt mit einer Überraschung. Denn die Kuckucksrufe hallen erst seit dem 19. Jahrhundert aus dem dunklen Holzgehäuse. Die ersten Schwarzwalduhren wurden hingegen bereits im 17. Jahrhundert angefertigt, als die Bauern in den hier besonders langen Wintern die Uhren mit Holzwerken bauten, die anschließend von Händlern auf Tragekraxen bis nach England verkauft wurden.

Zwischen Himmel und Hölle
Rudolf Schär führt nicht nur durchs Uhrenmuseum, er trägt sie auch.

Wie die Kuckucksuhr ist auch die Kirschtorte ein Schwarzwälder Original und wie der Zeitmesser genießt auch die Mehlspeise Weltruf. In perfekter Ausführung und gemütlicher Atmosphäre kann man sie im "Landfrauen-Café" in St. Märgen genießen. Dort haben beherzte Damen das historische Hotel Goldene Krone vor dem Abriss gerettet und als Genossenschaft einen Bewirtungsbetrieb mit Charme ins Leben gerufen, der sich des Ansturms kaum erwehren kann.

"Aber bitte mit Sahne …"

Das Geheimnis der perfekten Kirschtorte nach Großmutterart kennt auch Marie-Antoinette Schwer vom Gasthaus zum Kreuz, einem Traditionshaus etwas außerhalb von St. Märgen. Die Chefin greift so schnell, dass man fast schwindelig wird. "Ihre" Schwarzwälder Kirschtorte ist, wenn die Tortenböden bereits gebacken sind, in knapp einer Viertelstunde fertig. Ganz unten ist bei ihr ein Boden aus Mürbteig, damit die Torte schön standfest ist. Ihr "Geheimnis": Daumen auf die Flasche mit Kirschwasser, ein Eckerl freigeben und nicht zu knapp über jede Kakaobiskuitteiglage tröpfeln.

Zwischen Himmel und Hölle
Walburga Rombach, eine der Frauen vom Landfrauen-Café

… und viel Kirschwasser

Gefüllt wird nebst Weichselmarmelade mit 1,5 Liter Schlagobers, das mit sechs Esslöffeln Zucker und sechs Esslöffeln Sahnesteif aufgeschlagen wird. Auch hier gilt: großzügig Kirschwasser dazu (das klassische Rezept im Kasten links). Frau Schwers Tipp: Sofort genießen. Denn die Kirschtorte schmeckt auch gekühlt nur einen Tag so richtig gut. Kalorien werden nicht gezählt. Aber herunterstrampeln kann man sie entweder auf dem Fahrrad oder aber man verliert sie auf den 200 steilen Höhenmetern, die zu den Zweribach-Wasserfällen führen, eine beliebte Tour inmitten eines Naturschutzgebietes.

Hier kann man ein Stück weiter auch beobachten, wie der Wald gerodete Weiden zurückerobert. Denn es wurde ein Bauernhof aufgegeben. Der ehemalige Forstamtsleiter Wolf Hockenjos (79) ist jetzt Waldführer und weiß ganz genau, wieso manche Laubbäume so gerupft aussehen. Das hat mit der "Schneitelwirtschaft" der vergangenen Jahrhunderte zu tun. Die Bauern auf dieser Höhe von gut 1000 Metern schnitten Laub von den Bäumen, um Vieh zu füttern. Die Weiden sind karg und der Winter dauert lange.

Zwischen Himmel und Hölle
So sieht eine ordentliche Schinkenplatte aus: Bernhard Andris vom Raimartihof.

Kalorien nachfüllen geht dann gut im Raimartihof im Seebachtal. Im nur per pedes oder mit dem Rad erreichbaren, 309 Jahre alten Hof der Familie Andris gibt’s Schwarzwälder Schinkenspeck, dazu hausgemachten Bibiliskäse (eine Mischung aus Hüttenkäse und Creme-Topfen). Dazu isst man "Brägele" alias Bratkartoffeln.

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Lisa Meir vom Bartleshof in Hinterzarten kutschiert ihre Gäste.

Wer die gut eineinhalb Stunden zu Fuß zum Raimartihof scheut, kann sich auch kutschieren lassen. Das macht Lisa Meir vom Bartleshof, die mit ihrem Vater Manfred Feser die rar gewordenen Schwarzwälder "Füchse", eine besonders gutmütige Kaltblut-Pferderasse, kultiviert. 13 Stück stehen auch zum Reiten bereit. "Man sitzt darauf wie auf einem Sofa", sagt Lisa Meir, die auch Reitlehrerin ist, über dieses gutmütige "Familienpferd".

Reise-Tipps

Wohnen: Hotel Saigerhöh in Lenzkirch-Saig, 1956 gegründet, frisch renoviert, thront hoch oben, neue Sauna, Hallenbad (hat noch Charme der 1970er, wird bald auch renoviert), Essen auf Haubenniveau, im DZ pro Person inklusive Halbpension ab 115 Euro.

www.saigerhoe.de

Essen: Schwarzwaldhof, Hinterzarten, Freiburger Str. 2, Traditionshaus, Dienstag Ruhetag, www.schwarzwaldhof.com

Gasthaus zum Kreuz, Hohlengraben 1, St. Märgen, familiengeführt, Hausräucherei, Ruhetage Do., Freitag bis 17.30 Uhr, www.gasthaus-zum-kreuz.de

Kaffeepause: Landfrauencafé, ehem. Hotel Goldene Krone, St. Märgen: Mo. & Di. Ruhetage, sonst offen Mittag bis 18 Uhr, www.cafe-goldene-krone.de

Kutschenfahrten: Auch Reitbetrieb, Bartleshof, Bruderhalde 47, Hinterzarten, www.bartleshof-hinterzarten.de

Kultur: Uhrenmuseum im Kloster St. Märgen, offen ganzjährig So. & Fei. 10 bis 13 Uhr, bis Anf. Nov. und ab Mitte April auch Mi. und Do. 10 bis 13 Uhr, Fr. 14-17 Uhr

Weitere Infos: Hochschwarzwald Tourismus GmbH, Freiburger Str. 1, 79856 Hinterzarten, www.hochschwarzwald.de

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18. April 2024