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Zu Besuch in der Stadt der Zwerge

10. Oktober 2017, 00:04 Uhr
Zu Besuch in der Stadt der Zwerge
Blick auf die zwei Türme des Breslauer Doms, der der Dominsel ihren Namen gibt. Bild: prel

Wechselvolle Geschichte, wunderbares Flair – auf ihrer Polenreise hat Elisabeth Prechtl auch in Breslau Station gemacht.

Gekleidet in einen langen schwarzen Mantel und einen Zylinder derselben Farbe huscht er durch die Straßen – geschwind muss er sein, der Laternenwärter, schließlich hat er eine wichtige Aufgabe: 120 Gaslaternen gibt es im Breslauer Domviertel, die manuell ein- und ausgemacht werden müssen. Jeden Tag, bei jeder Witterung. Das Domviertel in Wroclaw, wie Breslau auf Polnisch heißt, ist der einzige Stadtteil in der EU, der noch ganz mit Gaslampen beleuchtet wird. Es ist eine reizende Anekdote – und eine jener Besonderheiten, welche die Hauptstadt Schlesiens so speziell macht.

Wechselvolle Geschichte

Breslau präsentiert sich an diesem Donnerstag im September von seiner schönsten Seite: Kühl ist es geworden, vom heißen Sommer der vergangenen Wochen ist kaum mehr etwas zu ahnen. Die meisten Touristen sind weitergezogen. Fremdenführer Michau, Angehöriger der kleinen deutschsprachigen Minderheit in Schlesien, erzählt von seiner Heimatstadt, die ungefähr alle 200 Jahre die Nationalität gewechselt hat:

Ab dem 16. Jahrhundert gehörte die Stadt zum Habsburgerreich, nach der Niederlage in den Schlesischen Kriegen musste die untröstliche Erzherzogin Maria Theresia ihren "Garten" an den preußischen König Friedrich den Großen abtreten. Bis 1945 war Breslau ein Teil Deutschlands, im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt zu rund 70 Prozent zerstört. Auf der Konferenz von Potsdam wurden die Grenzen neu gezogen, Wroclaw gehört seitdem wieder zu Polen.

Gemma Zwergal schau’n

Einer liest aus einem Buch, ein zweiter hantiert mit einem Regenschirm, ein dritter wäscht gar seine Wäsche in der Oder: Breslau wird von rund 500 aus Bronze gefertigten Zwergen in unterschiedlichsten Posen bevölkert (Foto rechts). Klingt nach einem schrägen Fotomotiv, hat aber einen gewichtigen Hintergrund: Als sich die Polen in den 1980er-Jahren gegen den Kommunismus auflehnten, wurden auf Transparente und Hausmauern gesprühte Zwerge, Erfindung eines Happening-Künstlers, zum wichtigen Symbol des gewaltlosen Widerstands. Daran erinnern die kleinen Botschafter noch heute.

Zu sehen gibt es noch so viel mehr: den wunderschönen Dom mit den zwei markanten Türmen etwa, der der Dominsel ihren Namen gibt. Die barocke Universität mit der "Aula Leopoldina", einem der schönsten Festsäle Europas. Das Nationale Musikforum, dessen Architektur außen an ein Streichinstrument und innen an eine Klaviertastatur erinnert. Oder die Markthalle, errichtet mit dem für Polen so typischen roten Backstein, ein Erlebnis nicht nur fürs Auge: Geht man hinein, glaubt man, mitten im Wald zu stehen. Schließlich ist heuer ein gutes Pilzjahr, und in der Halle werden neben Obst und Gemüse Schwammerl in rauen Mengen zu sagenhaft günstigen Preisen angeboten.

Einen an Eindrücken reichen Tag in Breslau beschließt man am besten in einem der zahllosen Lokale auf dem Marktplatz. Und während man eine Riesenportion "Pierogi Ruskie", gefüllte Teigtaschen, isst und auf die bunten Häuserfassaden und das pittoreske Rathaus blickt, versteht man, warum Maria Theresia einer Legende nach einst so geweint haben soll, als sie ihren "Garten" Schlesien verlor.

 

Breslau

Wroclav war schon im Mittelalter ein bedeutendes Handelszentrum: Ihre bedeutende Entwicklung verdankt Breslau der guten Lage – sie liegt an der Hohen Straße und der Bernsteinstraße. Die Stadt an der Oder war bereits im Mittelalter ein bedeutendes Handelszentrum. Heute zählt Breslau rund 630.000 Einwohner und ist damit die viertgrößte Stadt Polens.

„Stadt der Brücken in Europa“: 2016 war Breslau Europäische Kulturhauptstadt. Der Name kam nicht von ungefähr: In Wroclav gibt es 120 Brücken, eine davon verläuft zwischen zwei Kirchtürmen.
Best of Hendrix: Der Marktplatz beherbergt nicht nur das wunderschöne Rathaus, sondern ist auch regelmäßiger Schauplatz des „Thanks Jimi Festivals“. Mehrere tausend Gitarrenspieler aus aller Welt spielen gemeinsam „Hey Joe“ von Jimi Hendrix , im Versuch, den Weltrekord zu brechen.

 

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