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Wo Petrus im Sack mit den Schlössern ein Loch hatte

Von Karin Haas, 04. Juni 2022, 14:30 Uhr
Wo Petrus im Sack mit den Schlössern ein Loch hatte
Place Stanislas in Nancy, Arc Héré Bild: haas

Prächtiges Frankreich: In Lothringen, in der Champagne und im Loiretal reiht sich eine Perle an die andere.

Endlich Frankreich! In Nancy in Lothringen, knapp vier Autostunden von Schwäbisch Hall entfernt und einige Euros Autobahnmaut ärmer, wartet der Place Stanislas. Der war bereits 1983 Unesco-Weltkulturerbe. Stanislas war polnischer König und Schwiegervater von Ludwig XV. Der Platz ist aus einem Guss in Renaissance, autofrei und Frankreich-prächtig. Man zahlt gerne den "Touristen"-Aufschlag in einem der Cafés und atmet Geschichte. Sitzen Sie bitte nicht zu lange.

Wo Petrus im Sack mit den Schlössern ein Loch hatte
Speisen neben einem der Stadttore von Nancy Bild: haas

Das Musée des Beaux-Arts am Place Stanislas bietet im Untergeschoß eine Sammlung der Jugendstil-Glasmanufaktur Jean Daum. Auch Kenner der Belle Époque sind überrascht. So auch im Musée de l’École de Nancy etwas außerhalb (36-38, Rue du Sergent Blandan), in dem Möbel Blüten treiben und Glas zu blühen beginnt. Ein paar hundert Meter weiter steht die Villa Majorelle (2, Rue Louis Majorelle), in der selbst Regenrinnen Blätter wachsen. Nächster Stopp nach 250 Kilometern: Troyes, ein unterschätztes Städtchen am Südzipfel der Champagne mit 60.000 Einwohnern. Zwar scheint die Gegend wirtschaftlich ein bisschen heruntergekommen (was halb verlassene Dörfer bar jeder Infrastruktur zeigen), doch nirgendwo sonst gibt es einen Stadtkern, der so Mittelalter pur ist wie in Troyes.

Wo Petrus im Sack mit den Schlössern ein Loch hatte
Der mittelalterliche Kern von Troyes in der Champagne ist fast unversehrt erhalten.

Ein Fachwerkhaus reiht sich an das andere, und sie sehen anders aus als in Rothenburg ob der Tauber, dem übersanierten "St. Wolfgang" Deutschlands. In Troyes kuscheln sich die Häuser hoch, schmal und windschief aneinander und haben noch die vorstehenden Holzdachfirste. Es muss nicht die Ruelle des Chats sein, die superschmale Gasse, die in den Touristenführern als Muss angepriesen wird. Dort haben hauptsächlich die nistenden Tauben Freude, deren Dreck die Touristen weitertragen. Schlendern Sie durch die Rue Champeaux und lassen Sie sich in die Seitengassen tragen. Vergessen Sie nicht zurückzukehren, denn in der Rue Champeaux gibt es bei "Chez Philippe" 20 Champagner glasweise (coupe de champagne).

Champagner für zu Hause kauft man günstig im Dorf Montgueux nahe Troyes. Freundlichkeit dürfen Sie hier nicht erwarten. In der Mittagspause, von zwölf bis 14 Uhr, sind Sie gänzlich unwillkommen. Aber es gibt viel Geschmack zum kleinen Preis (ab 13,95 die Flasche) – und das klassisch in den drei Champagner-Weinsorten Chardonnay, Pinot noir und Pinot meunier.

Next Stopp Orleans (210 Kilometer), das Tor zum Loiretal: Die Franzosen sind stolz, dass Jeanne d’Arc, die Säulenheilige Frankreichs, hier am 8. Mai 1429 die Engländer besiegte. 1920 wurde Johanna heiliggesprochen. Vielleicht wollte man damit gutmachen, dass Jeanne d’Arc zwei Jahre nach der Rettung Frankreichs auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Drei Orleans-Tipps: Samstag ist Markt an der Loire am Quai Fort Rilleaume. Am Place Martroi sitzt man im Café Studio 16 bestens. Schauen Sie nach 22 Uhr bei der Kathedrale Sainte-Croix vorbei. Die ist im Sommer beleuchtet.

Wo Petrus im Sack mit den Schlössern ein Loch hatte
In Orleans wird Jeanne d’Arc am 8. Mai gehuldigt, dem Tag, an dem sie 1429 die Engländer schlug. Bild: haas

Loiretal: Schloss, Festung oder Burg? Egal, denn an den Ufern der Loire und der Flüsse Cher und Indre trifft manchmal alles gleichzeitig zu. Über 100 Schlösser reihen sich hier wie Perlen aneinander. Sie erzählen von Herrscherpracht, von unmäßigem Genuss, von Intrigen, von Rivalität zwischen Königinnen und Mätressen und von der Französischen Revolution 1789, die so manches Schloss mit harter Hand leerte.

Schloss Chambord: Superlative, Unesco-Weltkulturerbe und französischer Nationalstolz. Doch der maßlose Protz – 1519 zu Ehren von König Franz I. errichtet – ist nur was die Größe anlangt die Nummer eins. Wie ein Klotz steht es in einem Park-Ungetüm und gibt vor, im Stil der Renaissance erbaut zu sein. Wir kennen Feinsinnigeres. Überdies ist Schloss Chambord, weil renovierungsbedürfig, eingerüstet. Unsympathische sechs Euro Gebühr werden auf den Parkplätzen neben der Eintrittsgebühr von 14,50 Euro verlangt. "Schön" haben Chambord wohl nur Franz I., Heinrich II. und Ludwig XIV. gefunden. Zumindest die doppelspiralige Treppe ringt Hochachtung ab, ebenso die Steindecke mit Feuersalamandern, dem "Wappentier" von Franz I.

Schloss Cheverny zu besichtigen lohnt mehr. Das in Privatbesitz der Familie Vibraye befindliche Cheverny weist nicht nur prächtiges Interieur auf – was von Chambord nicht behauptet werden kann, wo alles in der Revolution versteigert wurde.

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Das Privat-Schloss Cheverny ist eingerichtet wie damals. Bild: haas

Schloss Chenonceau erzählt eine andere Geschichte, und dies nicht nur, weil das Interieur erhalten blieb. Madame Louise Dupin, eine Bürgerliche und fünfte Besitzerin, gelang es, die Revolutionsgarden vom Plündern abzuhalten. Vor Dupin war Diana von Poitiers, die Geliebte von Heinrich II., Schlossherrin, gefolgt von Katharina von Medici, die nach dem Tod ihres Mannes die Mätresse aus dem Schloss warf und selbst dort lebte. Seit 1913 gehört Chenonceau der Schokoladenherstellerfamilie Menier.

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Das Schloss Chenonceau spannt sich über das verträumte Flüsschen Cher. Bild: haas

Schloss Ussé am Fluss Indre gelegen könnte als Dornröschenschloss durchgehen. Trotzdem scheint der Märchen-Parcours im Turm aus der Zeit gefallen.

Abtei Fontevraud ist zwar kein Schloss, aber wegen des Grabes von Richard Löwenherz für Oberösterreicher besonders interessant.

Gute Nachricht für Loiretal-Besucher: Heuer ist nichts überlaufen und alles offen. Die Touristenströme lassen noch aus.

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Fontevraud: So sieht eine Küche aus, in der täglich 3000 Essen bereitet wurden. Bild: haas
Wo Petrus im Sack mit den Schlössern ein Loch hatte
Abtei Fontevraud, prächtig renoviert. Bild: haas

Die perfekte Anreise

Wir sind Fans langsamer Anreisen. So ist die Seele immer dabei und man hat nicht vor ihr das Ziel erreicht.

Regensburg: Ab so ziemlich jedem Ort in Oberösterreich ist man via Autobahn entweder über Passau oder die Umfahrung München in vier, fünfStunden im ostbayerischen Regensburg. Wer sich an die Punkfrisur von Gloria von Thurn und Taxis in ihren früheren wilden Jahren erinnert, hat gleich einen anderen Bezug zum altehrwürdigen Schloss, das als riesige Anlage mit Park im Herzen von Regensburg thront. Achtung, Eintrittsgebühr, gar nicht mager von 16 Euro, inklusive Kreuzgang der früheren Benediktinerabtei St. Emmeram, der zum Schloss gehört. Sparmeister besichtigen die Klosterkirche gratis gleich nebenan.

Schwäbisch Hall: An die zwei Autostunden weiter und man ist in Schwäbisch Hall, einem bezaubernden Städtchen in Baden-Württemberg mit Handels- und Salzkultur. Unternehmensherr Reinhold Würth (83.000 Mitarbeiter weltweit!) hat dort nicht nur seine Kunsthalle erbauen lassen (er besitzt an die 18.000 Kunstwerke), sondern stellt auch in der von ihm renovierten Johanniterkirche eine Madonna Hans Holbeins aus, die er um an die 50 Millionen Euro gekauft hat. Beides freier Eintritt!

Das perfekte Fahrzeug

Gleich vorweg: Nach Frankreich mit einem Elektroauto zu reisen, kann wegen der Vielfalt der Ladesysteme und ihrer raren Verteilung zum Abenteuer werden. Außer man fährt Tesla. Denn dann „tankt“ man Strom an den Autobahnen, mit der dort perfekten Tesla-Ladeinfrastruktur. Dafür versäumt man die netten kleinen Seitenstraßen, die immer hübscher werden, je mehr Ziffern nach dem „D“ stehen.

Leidlich umweltfreundlich ist man mit einem kleinen Verbrenner unterwegs. Wenn man auf Autobahnen (Achtung, Maut in Frankreich) Tempo 100 fährt, ist man nicht nur ein bisschen nachhaltiger unterwegs, sondern dreht auch „Monsieur Putin“ (in Frankreich „Pupu“ genannt) und den Ölscheichs eine Nase. Hinweis für Dieselfahrer: Dieser Treibstoff heißt in Frankreich „Gazole“. Benzin wird „carburant super“ oder „essence super“ genannt. Und man sollte immer genügend Kreditkarten bei sich haben. Denn Tankstellen sind in Frankreich in der Regel unbemannt. Oft funktionieren die Automaten erst mit der zweiten Kreditkarte. Parken im Zentrum von Städten kostet Parkgebühr (Automaten wechseln nicht, Apps müssen heruntergeladen werden). Die Parkgebühren steigen oft exponentiell. So kann eine Stunde einen Euro kosten und vier Stunden 7,50 Euro.

Irrtümer und Hoppalas

Hôtel de Ville? Dass damit das Rathaus gemeint ist, hat sich unter Frankreichreisenden bereits herumgesprochen. Doch mit „Hôtel “ kann auch ein Stadtpalais gemeint sein, etwa das Hôtel Groslot in Orleans.

Croissants: Die Blätterteigkipferl, die eigentlich immer großindustriell hergestellt werden und Kalorienbomben sind, sind so etwas wie das Grundnahrungsmittel erschöpfter Touristen auf scheinbar endlosen Kulturpfaden. In einer Boulangerie können sie den ganzen Tag gekauft werden. Aber in einem echten französischen Café ist damit ab Mittag Schluss. Denn dann isst man „déjeuner“, also Mittagessen. Oder Sie sind in einer Touristenfalle …

„Falsche Freunde“. Als „faux amis“ bezeichnet man im Französischen ein Wort, das einem Wort aus einer anderen Sprache sehr ähnelt, aber etwas anderes bedeutet. So heißt etwa „balade“ Ausflug und benennt nicht ein Lied. Ein „regisseur“ dreht keine Filme, sondern ist schlicht ein Verwalter. Die „taille“ ist nicht die Körpermitte, sondern die Kleidergröße, und wer sich einem „regime“ unterwirft, macht schlicht eine Diät.

Will man in Frankreich essen, setzt man sich niemals einfach an einen freien Tisch, auch wenn man der erste Gast im Restaurant ist. Man verweilt beim Eingang und lässt sich vom Personal einen Platz zuweisen. Der muss nicht akzeptiert werden, denn manchmal ist es der schlechteste Tisch, den andere ablehnen würden.

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Autorin
Karin Haas
Kolumnistin
Karin Haas
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