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Spaniens fremdes Gesicht

Von Jasmin Baumgartinger, 29. Juni 2019, 00:04 Uhr
Spaniens fremdes Gesicht
Vom Alameda-Park bietet sich ein schönen Blick auf die Altstadt. Bild: baum

Warum ein Besuch in Galicien auch abseits des berühmten Wallfahrtsortes Santiago de Compostela lohnt und man sich nicht über Dudelsackklänge wundern sollte – eine Reise in ein Spanien, das so ganz anders ist als erwartet.

Galizien? Das liegt doch irgendwo zwischen Polen und der Ukraine. Dort willst du zum Baden hin?", fragt der Kollege und sucht auf der Landkarte nach dem Reiseziel. "Galicien, mit C", antworte ich und zeige mit dem Finger auf den obersten Zipfel der Iberischen Halbinsel. "Und nein, bei Außentemperaturen zwischen 13 und 17 Grad im Juni sieht das Meer nicht einmal meine kleine Zehe." 33 Grad in Madrid – strahlender Sonnenschein. 15 Grad in Santiago de Compostela – Regen, sagt die Wettervorschau. Die kommenden Urlaubstage sehen nicht viel rosiger aus.

Doch nicht nur das Wetter im spanischen Galicia erinnert wenig an den Rest des mediterran geprägten Spaniens. Das Flugzeug hätte sich genauso gut nach Irland oder Schottland verirren können. Fragende Blicke der Passagiere während des Landeanflugs auf Santiago de Compostela. Anstatt des erwarteten Anblicks von trockenen Böden zeigt sich uns eine Landschaft in einer Farbpalette aus satten Grüntönen. Schon bei der Ankunft merken wir: Das Klima ist rauer. 150 Regentage soll es hier geben.

Das G in Galicien könnte auch für Glauben stehen, denn der hat der Provinz-Hauptstadt zu seinem Ruhm verholfen. Mehr als eine Viertelmillion Pilger gehen jährlich in der Kathedrale ein und aus, in der Apostel Jakobus begraben liegen soll. Sie ist das begehrte Ziel des Jakobswegs ("Camino de Santiago"), jenes berühmten mittelalterlichen Pilgerwegs, der von der UNESCO zum Welt-Kulturerbe erklärt wurde. Pilger können sich hier in einem der seltenen Heiligen Jahre (Año Santo) von allen Sünden freisprechen lassen. Vorweg: Unsere Reisegruppe ist mit all ihren Sünden im Gepäck wieder nachhause geflogen. Denn die nächste Gelegenheit bietet sich erst wieder in zwei Jahren.

Abseits der Pilgerroute könnte das G genauso für Genuss stehen. Wie wir schnell feststellen konnten: Galicien verführt vor allem mit allerlei weltlichem Vergnügen. Die Küche der gesamten Region hat einen hervorragenden Ruf, und es sind nicht wenige, die behaupten, nirgendwo gebe es besseren Fisch, Meeresfrüchte und Weißwein als in Galicia. Kein Wunder, in keiner anderen spanischen Weinanbauregion ist es so sonnig und gleichzeitig so kühl und feucht – gute Bedingungen also für den Weinbau.

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Das Klima schafft Topbedingungen für Weinbau. Bild: baum

Spaniens gefährlichste Delikatesse

Essen ist eine zeitaufwendige Sache in Galicien. Wenn drei Generationen zum Essen zusammenkommen, kann das schon drei bis fünf Stunden dauern. Kellner haben hier kein einfaches Leben. Auf ihren Händen stapeln sich zahlreiche kleine Teller. Wird ein besonderer Tag gefeiert, kann sich darauf sogar ein kleines Vermögen befinden.

Das teuerste Gericht nennt sich "Percebes", zu Deutsch: Entenmuscheln. Auf den ersten Blick gleichen die Tierchen einem unansehnlichen, hufähnlichen Gebilde, das etwa so dick und kurz wie der Zeh am Fuß eines Fischers ist. Ein Kilo kostet um die 200 Euro. Sie gelten als schmackhafteste Delikatesse der Welt. Ihre Ernte ist ein gefährliches Abenteuer, bei dem sich die Fischer mit Seilen an den Klippen herablassen und die Krustentiere entgegen dem Rhythmus der stürmischen Wellen direkt von den rauen Klippen picken. Ein Unterfangen, das bereits vielen das Leben gekostet hat.

Schwimmende Muschelinseln

Von Santiago de Compostela sind es knapp 60 Kilometer bis zum Meer. Vier tief ins Land eingeschnittene Buchten, in denen sich das Süßwasser der Flüsse mit dem Salzwasser des Atlantiks mischt, locken viele Fischer an. Diese sogenannten Rias sind eine geologische Besonderheit Galiciens . In der Ría de Arousa stechen die schwimmenden Holzplattformen ("Bateas") ins Auge. Jede für sich ist "das teuerste Stück Land Galiciens", wie es hier heißt. Auf den Schwimminseln werden Meeresfrüchte wie Miesmuscheln, Austern und Jakobsmuscheln gezüchtet. Bis zu 500 Seile hängen von den Muschelinseln aus Eukalyptusholz ins Wasser. An ihnen wachsen die Meeresfrüchte. Eine Lizenz für eine solche Insel kostet bis zu 350.000 Euro und wird deshalb meist von Generation zu Generation weitervererbt.

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Auf den „Bateas“ werden Meeresfrüchte gezüchtet. Bild: baum

Obwohl die Galicier eng mit dem Meer verbunden sind, leben sie nicht nur, um zu fischen. "Sommertage verbringen wir unter anderem auf Inseln mit türkisblauem Wasser und Stränden mit feinstem, weißem Sand", erzählt Braís Martínez und lacht über meinen staunenden Blick. Mit dem Gedanken, in dem von Felsküsten geprägten Nordwesten Spaniens einen Badestrand zu finden, habe ich bereits abgeschlossen. Schal und Regenschirm zählen auch am dritten Tag meines Urlaubs noch immer zur Grundausstattung.

Braís arbeitet auf einem der Ausflugsboote, die täglich von der Küstenstadt Baiona auf die Cíes-Inseln zusteuern. 40 Minuten dauert eine Fahrt auf die "Inseln der Götter", wie sie einst von den Römern genannt wurden. Die drei Inseln wirken, als wären sie nur dafür geschaffen worden, einmal als Postkartenmotive zu dienen. Braís hat nicht gelogen. Der Strand "Playa de Rodas" bietet alles, was das Urlaubsherz begehrt: einen weißen Sandstrand, den Nationalpark "Islas Atlánticas" zum Wandern, dazu endlich strahlenden Sonnenschein, außerdem Dünen und von Pinien gesäumte Wege. Es scheint, als würde das Paradies einem allein gehören. Die Zahl der Besucher ist streng limitiert. Nicht mehr als 2000 Menschen pro Tag sind erlaubt.

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Die „Cíes-Inseln“ wurden von den Römern „Die Inseln der Götter“ genannt. Bild: baum

Zwischen Stadt und Meer

Unweit der Wallfahrtsstrecke, irgendwo zwischen Stadt und Meer, beginnt das Hinterland. Hier verstecken sich sogenannte Pazos, eindrucksvolle alte Herrenhäuser mit prachtvollen Gärten. 30 Minuten Autofahrt von Santiago entfernt liegt das barocke "Pazo de Oca". In seinen Gärten wachsen einige der ältesten Kamelien Europas. Der "Generalife des Nordens" wird der Landsitz in Pontevedra auch genannt, und seine Gärten werden mit jenen der Alhambra in Granada verglichen.

Trotzdem ist es ein anderes Bauwerk, das die Aufmerksam auf sich zieht. Sogenannte Hórreos bestehen aus Holz und Granit, sehen aus wie Hundehütten auf Stelzen, dienen jedoch dazu, Mais und Getreide zu lagern, und sind einer der zahlreichen Belege für die keltische Vergangenheit der Region. Viele tragen auf dem Dachgiebel nicht nur ein Kreuz, sondern auch ein pyramidenartiges Symbol. Es repräsentiert die Fica, das Fruchtbarkeitssymbol der Kelten.

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„Hórreos“ dienen dazu, Mais und Getreide zu trocknen. Bild: baum

Im siebten Jahrhundert vor Christus haben sich die Kelten im heutigen Galicien niedergelassen und ihre sicht- und hörbaren Spuren hinterlassen. Eine solche dringt am letzten Reisetag an unsere Ohren. Beim Schlendern durch Pontevedra dröhnt sie uns plötzlich entgegen: laute Dudelsackmusik aus der sogenannten Gaità. Kurz zweifle ich erneut daran, in Spanien gelandet zu sein.

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Keltische Volksmusik auf den Straßen Pontevedras Bild: baum

 

Tipps

Anreise: Die schnellste Flugverbindung führt mit Iberia von Wien über Madrid nach Santiago de Compostela (Flugzeit: etwas mehr als fünf Stunden).

Essen: Das Restaurant „Paco Durán“ in Baiona bietet eine überwältigende Aussicht auf die Stadt und die Ría. In der Küche setzt man auf traditionelle galicische Speisen – wie die Entenmuscheln, die „Percebes“.

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Fischmarkt in Pontevedra Bild: baum

Trinken: Besichtigung der Weinkellerei und Verkostung des Albariño-Weins in der Bodega „Pazo Baión“: www.pazobaion.com

Unterkünfte: Santiago de Compostela: das Hotel „A Quinta Da Auga“ aus dem 18. Jahrhundert liegt etwas außerhalb. DZ ab 190 Euro, www.aquintadaauga.com/en

Baiona: Das Vier-Sterne-Hotel „Parador de Baiona“ ist ein traditionell galicisches Herrenhaus mit herrlichem Blick auf das Meer. DZ/F ab 170 Euro, www.parador.es/es/paradores/parador-de-baiona

Weitere Infos:
www.turismo.gal
www.spain.info

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