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R(h)eines Burg-Vergnügen auf der Flusskreuzfahrt durch das Welterbe

Von Christian Boergen   11.August 2014

Das Welterbe Oberes Mittelrheintal beginnt in Koblenz an der Moselmündung, unterhalb der Seilbahn zur Festung Ehrenbreitstein, im Schatten des Reiterstandbilds Kaiser Wilhelms I. Das 1897 aufgestellte Denkmal wirkt düster wie das Leipziger Völkerschlachtdenkmal, ebenfalls von Bruno Schmitz entworfen. Die Figurengruppe aus Kupfer fiel kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs einem amerikanischen Artilleriegeschoss zum Opfer. Seit 1993 markiert eine stabile, aus Spenden finanzierte Bronze-Rekonstruktion das Deutsche Eck.

Französisches Flair

Vom Koblenzer Moselufer legt die "Gérard Schmitter" ab und passiert die aufgeschüttete Landzunge mit den Wappen der 16 Bundesländer, Ostpreußens, Pommerns und Schlesiens. Eigentlich sollte das Schiff Brigitte Bardot heißen, nun erinnert sein Name an den kurz vor der Taufe 2012 verstorbenen Reederei-Gründer.

Bilder des Hobbymalers schmücken viele der 88 Außenkabinen des 110 Meter langen Croisi-Europe-Schiffes für maximal 176 Passagiere. Das erste war lediglich als Zubringer für ein erworbenes Restaurant gedacht. Daraus entwickelte sich die Straßburger Reederei zum Marktführer in Europa mit heute 27 Schiffen. Die Kabinen sind zwölf Quadratmeter groß, die Schiffe weitgehend baugleich. Ihr Erfolg beruht auf französischem Flair, kombiniert mit Deutsch als Bordsprache. Doch es wird vor allem geschaut an Bord.

Von Burgen und Schlössern

Noch auf Koblenzer Territorium taucht Schloss Stolzenfels als herausragendes Beispiel der Rheinromantik auf. Ursprünglich als mittelalterliche Zollburg errichtet und im Pfälzischen Erbfolgekrieg zerstört, ließ es Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. im 19. Jahrhundert von Karl Friedrich Schinkel und Friedrich August Stüler als Schloss wieder aufbauen.

Schon steht Burg Lahneck am anderen Ufer, mit der Kurfürst Siegfried von Eppenstein ab 1226 die Lahnmündung schützte. Satellitengesteuert berichtet der Schiffslautsprecher von ihrer Erstürmung 1309 mit anschließender Exekution des Burggrafen. Vier Jahre später sollen die letzten zwölf Tempelritter auf Lahneck im Kampf gefallen sein. Dann gilt es, den Kopf weit in den Nacken zu legen. Schließlich ragt die imposante Marksburg 160 Meter hoch über den Rhein. Weder erobert noch zerstört blieb sie mittelalterlich erhalten und ist heute Sitz der Deutschen Burgenvereinigung.

Das Schiff macht langsame Fahrt, dennoch scheinen die Burgen vorbeizufliegen, darunter die "Feindlichen Brüder" Sterrenberg und Liebenstein bei Kamp-Bornhofen, bekannt aus Heinrich Heines Gedicht. An der mächtigen Streitmauer aus dem 14. Jahrhundert zwischen beiden kam es jedoch nie zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Liebenstein ist heute Burghotel, ebenso wie Rheinfels auf dem gegenüberliegenden Ufer, das Hessen-Kassels Landgrafen zur Festung ausgebaut haben. Und nur wenig weiter folgt ein weiteres, Ende des 19. Jahrhunderts rekonstruiertes Burgenpaar. Beim Passieren der Loreley-Statue an Sankt Goarshausens Hafen erklingt "Ich weiß nicht, was soll es bedeuten ..." aus dem Lautsprecher. Friedrich Silchers Heine-Vertonung erinnert an jene sagenhafte Nixe, die auf dem 132 Meter hohen Schieferfelsen ihre langen, goldenen Haare kämmte und dazu sang.

Weingenuss am Rhein

Obwohl die meisten Riffe längst weggesprengt sind, an denen abgelenkte Schiffer in der gefährlichen Strömung zerschellten, gruselt es viele. Auf einem verbliebenen Riff drängen sich Kormorane. Schon werden Oberwesels gotische Kirchen sowie die Türme entlang der begehbaren Stadtmauer aus dem 13. und 14. Jahrhundert bestaunt. Derweil werden im Panoramarestaurant Räucherschinken-Vorspeise, Filet vom Seehecht und Tiramisu aufgetragen. Burg Pfalzgrafenstein erscheint während des Essens wie ein zweites Schiff neben der "Gérard Schmitter". Sie sicherte König Ludwig dem Bayern ab 1327 Zolleinnahmen. Nur durch ein Fallgitter-Tor im dritten Stock gelangten 20 bis 30 Mann Besatzung in die "Pfalz bei Kaub".

Bei Rüdesheim endet der Burgenmarathon. Der Winzerexpress fährt die Croisi-Gäste durch die Weinberge zu Siegfrieds Mechanischem Musikkabinett im Brömserhof. Mit 350 selbstspielenden Musikinstrumenten im prächtigen Rittersitz aus dem Jahr 1292 und der Drosselgasse klingt der Besuch des Welterbes Oberes Mittelrheintal aus.

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