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Nur nicht wie London sein

Von Stephanie von Aretin, 29. Dezember 2019, 00:04 Uhr
Nur nicht wie London sein
Der Felsen von Worm’s Head gehört zu den touristischen Höhepunkten des Coastal Path. Bild: Franz M. Rohm

Eine schöne Landschaft und bescheidene Bewohner prägen Wales. Ein Roadtrip entlang einer 2000 Kilometer langen Küste voller Eigenheiten

Klar, dass Harry Potter hier einen Auftritt hatte. Auch Pierce Brosnan alias James Bond lief in einer walisischen Bucht zu ganz großer Form auf. Der erste Star, auf den wir stoßen, ist allerdings Benedict Cumberbatch. Der wahnsinnige, großartige, besessene Sherlock Holmes der gleichnamigen Fernsehserie wohnte drei Wochen in eben jenem Bed & Breakfast, in dem gerade ein üppiges Frühstück serviert wird. Draußen saftig-grüner Rasen, wie mit der Nagelschere getrimmt. Drinnen dicke Federbetten, geblümte Stoffe und ein Wintergarten. Ganz normal sei er gewesen und sehr gut erzogen, erzählt die Wirtin, nachdem sie Würstel und Bacon, Toast und Marmelade auf den Tisch gestellt hat: "Ein Freund meines Sohnes, so kam er hierher." Irgendwie scheint es ihr fast peinlich, den berühmten Gast überhaupt zu erwähnen.

Bescheiden und eigenwillig

So ist Wales: so schön, dass seine Landschaft einen Auftritt in fast jeder größeren britischen Filmproduktion hat. Die Bewohner so bescheiden, dass selbst Stars kaum erwähnt werden. Und so eigenwillig, dass die Waliser nichts mehr fürchten, als nach dem Brexit unter der Fuchtel Londons zu stehen. Fischerei und Landwirtschaft werden derzeit noch von Brüssel aus verwaltet. Nach dem Brexit könnte die Zentralregierung diese Bereiche übernehmen, argumentieren Regionalpolitiker. Sie wollen mehr Autonomie und stimmen daher regelmäßig gegen alle Brexit-Deals.

Die Landschaft an der britischen Westküste passt gut zu dem Drama in Westminster: Sie könnte selbst dramatischer und eigenwilliger nicht sein. Auf mehr als 2000 Kilometern wechseln sich Klippen, Strände und Schafweiden ab. Links von der Straße liegen versteckte Sandbuchten mit Blick über den stürmischen Atlantik. Rechts staffelt sich in verschiedenen Grüntönen das hügelige Hinterland.

Der Roadtrip entlang dieser spektakulären Küste beginnt in Cardiff, das von London aus in zwei Zugstunden zu erreichen ist. Der Autoverleih ist wenige Minuten zu Fuß vom Bahnhof entfernt, alle Formalitäten sind schnell erledigt. Zu Beginn der Reise ist erst einmal volle Konzentration gefordert: Linksverkehr! "Wenn Sie 20 Minuten überstanden haben, läuft es wie von allein", hat der Autoverleiher gesagt. Er sollte recht behalten.

Tenby, das erste Ziel, ist eines dieser malerischen Fischerdörfer an der walisischen Küste, deren bunt bemalte Häuser wie ein Puppentheater anmuten. Urige Pubs gibt es nicht nur direkt am Hafen, sondern auch auf den einsamen Strecken entlang der Straße. Längst wird dort nicht mehr nur Ale mit schweren Eintöpfen serviert, sondern auch köstliche Salate, Pasteten und Meeresfrüchte.

Ein paar Kilometer hinter Tenby ist der gut ausgeschilderte Wales Coast Path nur wenige Meter von der Straße entfernt. Ein Feldweg führt zu der Wanderroute, die ganz Wales auf hunderten von Kilometern umspannt. Der schmale Pfad zieht sich schier endlos über Dünen und Klippen, das Meer ist immer im Blick. Während wir im hohen Gras auf einem Felsvorsprung rasten und fasziniert die Gischt der Brandung beobachten, weht uns eine salzige Brise um die Nase, Tölpel umkreisen die Felsen, Möwen schreien.

Nächste Station ist Freshwater West, berühmt, weil hier das Shell Cottage der Weasleys in Harry Potters "Heiligtümer des Todes" stand. Im echten Leben ist die weite Sandbucht als Hotspot für Surfer bekannt. Ein Holzsteg führt vom Parkplatz zum Wasser. Ein paar Handtücher auf weiten Sandflächen bilden vereinzelte Inseln. Die Badegäste lassen sich vom Strandleben einlullen: Kinder spielen vor der glatten grün-blauen See, ein paar Boote schaukeln sachte.

In Cardigan Bay, an der Westküste, seien die Strände sogar noch schöner, verraten Einheimische. Eine Künstlerin, die das friedliche Landleben längst der hektischen und teuren Hauptstadt vorzieht, hat Penbryn empfohlen. Der Weg vom Parkplatz zur naturbelassenen Bucht sei einer der schönsten Spaziergänge des Landes, lobt auch die britische Tageszeitung Guardian.

Delfine in der Bay

Am Tag darauf geht es vom nahen New Quay aus mit dem Boot aufs Meer, um Delfine zu beobachten. Es ist unklar, wie groß die Population in der Cardigan Bay ist. Wissenschafter gehen davon aus, dass entlang der britischen Küste nur im schottischen Llangrannog ähnlich viele Delfine leben. Ein bisschen Glück muss man schon haben, um die freundlichen Tiere zu sichten. Auch wenn nur weit entfernt eine Schwanzflosse erscheint, lohnt sich der Ausflug aufs Wasser.

Ganz im Norden von Wales, im Nationalpark Snowdonia, wird die Landschaft noch wilder. Die steilen Felsen der Küste sind Ausgangspunkt für Extremsportarten, die den Adrenalinspiegel hochtreiben. In Aberdovey, an der ausladenden Flussmündung des Dovey, ist der einsame Sandstrand acht Kilometer lang. Hier kann man beobachten, wie die Flut das Flussbecken füllt und die Ebbe es wieder leert. Dazu zaubern Sonne und Wolken ein einmaliges Lichtspiel auf die blau-grauen Fluten. Dieses Schauspiel ist wie Wales, von natürlicher Bescheidenheit und doch fesselnd.

Informationen: Anreise: Flug nach London, Zug von London-Paddington nach Cardiff und zurück ca. 58 Euro; Mietwagen für vier Tage über Enterprise Rent-a-car in Cardiff ab 117 Euro

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