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Mit Lederhosen im Sumpf

Von David Jungwirth   01.September 2012

Ein altes Sprichwort sagt: „Aller guten Dinge sind drei.“ Leider sind es heute keine guten Dinge. Dabei wollten wir nur nach einem ruhigen Plätzchen zum Übernachten suchen – und jetzt macht uns unser gemieteter Camping-Wagen einen Strich durch die Rechnung. Die linke Wagenseite steckt in der sumpfigen Wiese fest, die sich in der Dunkelheit jedoch nicht von trockenem Grund unterscheidet. Rechts sind die Reifen zwar noch auf der Schotterstraße, fahren scheint jedoch nur schwer oder überhaupt nicht mehr möglich zu sein. Vorsichtig anfahren, unterstützend schieben, der Reifen greift nicht, beginnt sich durchzudrehen. Auch rückwärts lässt sich das Fahrzeug nicht bewegen.

Wir sind weit aus den ohnehin dünn besiedelten Gebieten hinausgefahren. Es ist bereits nach 22 Uhr und daher seit mehreren Stunden dunkel. In dieser klaren Nacht leuchten unzählige Sterne und der nahezu volle Mond strahlt die Gegend hell aus. Neben der Straße sind eingezäunte Tierweiden zu sehen, die jedoch leer stehen. Eine fast unheimliche Stille liegt auf der verlassenen Gegend. Die Temperatur liegt nur etwas über dem Gefrierpunkt und mich fröstelt trotz Winterjacke.

Heute scheint uns das Pech zu verfolgen. Am Vormittag war seit Stunden kein anderes Fahrzeug zu sehen. Aber dann kam uns ausgerechnet ein Polizeiauto auf einem abschüssigen Straßenabschnitt entgegen. Mit einem fix verbauten Frontradar ermittelte der Polizist unser Tempo während der Fahrt. Fazit: Die nur minimal überhöhte Geschwindigkeit kostete satte 170 Neuseeländische Dollar (ca. 120 Euro) Strafe. Der zweite Streich folgte unmittelbar danach an der Tankstelle: Der Deckel des Kaffeebechers sprang auf. Sein Inhalt ergoss sich ins Wageninnere und auf meine Kleidung. Abgesehen davon, dass das Getränk sehr heiß war, hielt sich der Geruch nach Kaffee für mehrere Stunden, bis wir uns schließlich daran gewöhnt hatten.

Nächtliche Fensterklopfer in Lederhosen

Und nun läuft heute zum dritten Mal etwas schief. Wir überlegen fieberhaft, wie wir unser Fahrzeug aus der sumpfigen Wiese herausziehen können. Wir erinnern uns, dass wir vor etwa einem halben Kilometer im Vorbeifahren ein kleines, alleinstehendes Haus neben der Straße gesehen haben. Mit Taschenlampen ausgerüstet, machen wir uns auf die Suche danach. Es brennt noch Licht, Musik dringt gedämpft nach draußen. Wie werden die Bewohner reagieren, wenn sie uns dunkle Gestalten mit Lederhosen, Hauben und Jacken vermummt in der Finsternis und Kälte sehen? Türglocke gibt es keine, daher klopfe ich vorsichtig ans Fenster. Panisch schreit eine Frau auf. Ein junger Mann tritt mutig auf die Veranda und erblickt uns. Thomas, so heißt dieser, ist belustigt von unserer Panne. Mit seinem kleinen Geländewagen zieht der hilfsbereite Mann unseren Van an einer rostigen Eisenkette sicher auf die Schotterstraße zurück.

Wir lernen, dass das Klischee stimmt. Kiwis, die Bewohner Neuseelands, sind in der Tat äußerst freundliche und hilfsbereite Menschen. Da die Bevölkerungsdichte so gering ist, erscheint jede Begegnung wie ein Geschenk und Freundlichkeit ist ein Muss.

Thomas und Jessica, seine Frau, überreden uns, unbedingt noch ins Haus zu kommen. Wir sitzen gemeinsam mit dem jungen Ehepaar um das wärmende Kaminfeuer. Helmut und ich erzählen von unseren bisherigen Reiseerlebnissen, die beiden sind gespannt, neugierig und überhäufen uns mit Insider-Tipps für die Weiterreise.

Wir können uns gar nicht einigen, ob uns Gletscher, Berglandschaften, Fjorde oder die malerischen Seen Neuseelands bisher mehr beeindruckten. Schon im südlichen Teil des Landes, den wir seit einigen Wochen bereisen, gibt es eine solch große Vielfalt an außergewöhnlichen Landschaften, die eine Entscheidung für das eine oder andere Reiseziel schwer macht.

Neben mir schnurrt die dicke Halbangorakatze, aus der Stereoanlage klingt leise neuseeländische Musik und vor mir steht eine heiße Tasse Tee. Es sind doch nicht aller schlechten Dinge drei!

David Jungwirth und Helmut Steiner reisen ein Jahr in Lederhosen um die Welt. Weitere Reiseberichte, Fotos und Videos im Internet: www.lederhosening.com Ihr Neuseeland-Tipp: Mietauto in Christchurch (Südinsel) mieten und ohne Aufpreis in Auckland (Nordinsel) zurückgeben.

Kiwi ist in Neuseeland ein viel genutzter Begriff: Es ist ein Synonym für neuseeländisch und für die Einwohner. Kiwi ist ein nachtaktiver Vogel, der zum Nationalsymbol wurde, und auch der Name einer Frucht.

Maori: Die polynesischen Maori sind das indigene Volk Neuseelands. Mehr als 565.000 Menschen, knapp 15 Prozent der Gesamtbevölkerung, fühlen sich zugehörig.

40 Millionen Schafe leben in Neuseeland, aber lediglich 4,4 Millionen Menschen. Somit kommen auf jeden Einwohner ungefähr zehn Schafe.

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20. April 2024